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Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum

Unter diesem etwas harzigen Titel publizierte Klaus-Dieter Alicke pünktlich zum 70. Jahrestag der Reichspogromnacht vom 09.November 1938 sein drei bändiges Werk, in dem die Geschichte von mehr als 2.000 jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum liebevoll dargestellt wird. Neben dem historischen Überblick gibt es informative Statistiken über den wechselhaften Verlauf der Mitgliederzahlen und Hinweise zu prominenten Mitgliedern.

Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum, Verlag: Gütersloher Verlagshaus (17. November 2008), ISBN-10: 3579080350

Gemeinden, die teilweise dem völligen Vergessen anheim gefallen sind, Gemeinden, die teilweise so klein waren, dass sie nie den Weg in die Ortschronik gefunden haben. Gemeinden, die während der dunklen Jahre der Nationalsozialisten ausradiert wurden. Einige von ihnen sind neu entstandenen. Sie legen Zeugnis davon ab, dass das Leben der Juden in Europa durch die Shoa nicht beendet wurde. Es hat sich gewandelt. Es ist mit neuem Leben erfüllt.

Angeregt wurde die akribische Dokumentation von Klaus-Dieter Alicke durch seine jahrelange Arbeit in der Gedenkstätte Bergen-Belsen.

Fünf Jahre nach dem Erscheinen der gedruckten Version, wiederum pünktlich zum 09. November 2013 wurde die digitalisierte Version des Lexikons online gestellt. Die benutzerfreundliche Webseite http://www.jüdische-gemeinden.de/ ermöglicht ein schnelles Surfen, mit außergewöhnlichen Resultaten. Die Informationen können sehr einfach aufgefunden werden, das Navigieren auf den Seiten ist unproblematisch.

Nicht nur, dass alle Gemeinden in Deutschland, der Schweiz, in Frankreich, Tschechien, Russland, Polen und in Österreich alphabetisch erfasst sind. Jede Gemeinde wird, entsprechend der Größe porträtiert, neben den rein informativen Daten findet man auch Querverweise auf bekannte Persönlichkeiten.

Klaus-Dieter Alicke schlägt vor, seine neue Dokumentation zu besuchen. Ich habe mich also auf den Weg gemacht und bin dabei meinen eigenen Lebensspuren gefolgt.

Ich habe meinen Erinnerungen nachgespürt, die deutlich nach dem Ende der Shoa einsetzen und war gespannt, was ich finden würde.

Wittlich (Rheinland-Pfalz): Meine Großmutter, geboren 1890 in einem der kleinem Dörfer rund um Wittlich, erzählte mir, dass es nur dem beherzten Eingreifen des damaligen Bürgermeisters, Mese Mathis zu verdanken sei, dass die große Synagoge in Wittlich zwar ausbrannte, aber nicht zerstört wurde. Während meiner Kindheit schüchterte mich der wunderschöne Bau, eingehüllt in Stacheldraht ein. Ich verstand nicht, was dort geschehen war. Vor einigen Jahren wurde das Gebäude liebevoll restauriert und einem neuen Zweck zugeführt.

Etwas außerhalb von Wittlich liegt der „Judebüsch“, der in der Neuzeit mehrfach geschändete Friedhof der Jüdischen Gemeinde, der die Zeit der Nazigreueltaten wohl auf Grund seiner abgeschiedenen Lage unbeschadet überstand.

Im Jahr 1992 lief im Fernsehen ein Beitrag von Ursula Junck „Es war ein Stück seines Herzens – Geschichte meines Schrankes“. Ursula Junck war über ihre Tante, die Haushälterin bei der Familie Frank in Wittlich war, in den Besitz des Schrankes gekommen, der jahrelang einen zentralen Platz im Frank Haus hatte. Als sie die Geschichte des Schrankes kennenlernt, nimmt sie Kontakt mit Emil Frank in den USA auf, um die ganze Geschichte kennen zu lernen. Sie verfügte, dass der Schrank wieder nach Wittlich zurückkehren und dort seinen Platz im Museum finden sollte.

Auf einer anderen Webseite fand ich auch die Namen von Freunden meiner Mutter, die die Shoa nicht überlebt haben.

Meine zweite Spur führt mich nach Dortmund. Zwischen 1957 und 1974 lebte ich dort und erinnere mich sehr gut an die Gedenktafel die an der Stelle vor dem Opernhaus angebracht war, wo bis zum November 1938, die große Synagoge gestanden hatte. Sie wurde schon vor der Pogromnacht gesprengt und abgerissen.

In Neutischein in Mähren wurde ein lieber Freund von mir, Max Mannheimer geboren. Er schreibt in seinem Buch „Spätes Tagebuch“ (Pendo Verlag, Zürich, 2000) „Gestern brannten die Synagogen. Sie brannten in Deutschland. Sie brannten in Österreich. Sie brannten in einem Teil der Tschechoslowakei. Bestand die Gefahr der Ausdehnung des Feuers, wurden sie durch Sprengungen zerstört. Die meisten jüdischen Geschäfte wurden demoliert. „Meine“ Synagoge wurde geplündert. Feuer oder Sprengung wären wegen des schräg gegenüber liegenden Gaskessels gefährlich gewesen.“

Von diesen drei Gemeinden ist nur die in Dortmund nach dem Krieg neu gegründet worden.

Weil ich deutlich nach der Shoa geboren wurde, verdanke ich es Männern wie Klaus-Dieter Alicke, dass die Spuren der jüdischen Geschichte in mir immer fester verknüpft werden mit alten Geschichten.

Wer sich auf die Spurensuche machen möchte, der sollte sich wirklich die Zeit nehmen und stöbern! Wer persönliche Verbindungen zu einer untergegangenen Gemeinden hat, oder sich über aktuelle Gemeinden informieren will, wird hier fündig werden.

Von Esther Scheiner

Redaktion Israel-Nachrichten.org

 

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Von am 15/06/2014. Abgelegt unter Europa,Featured. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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