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Henry Dunant: Aktivist des Friedens und erster Nobelpreisträger – Treibende Kraft hinter dem Roten Kreuz

Der aus der Schweiz stammende Henry Dunant, galt als die treibende Kraft hinter dem Roten Kreuz und als Initiator der Genfer Konvention. Sein Leben bestand aus Hochs und Tiefs, und von einem geschäftlichen Konkurs erholte er sich nie ganz. Möglicherweise wäre er auch ganz in Vergessenheit geraten, wenn er nicht durch reinen Zufall beim Spaziergang einen Journalisten getroffen hätte. 

Es war ein grauenhafter Anblick; überall Zerstörung, Verwüstung, zerfetzte menschliche Körper und Blut. In der Schlacht von Solferino, einem Städtchen unterhalb des Gardasees, sind 40.000 Soldaten am 24. Juni des Jahres 1859 getötet oder verletzt worden. Das kurz andauernde Gemetzel hat auf beiden Seiten, bei den besiegten Österreichern ebenso wie bei den verbündeten Streitkräften Frankreichs und Italiens, immense Opfer gefordert. Auch die, welche erst  einmal mit dem Leben davongekommen sind, haben wenig Hoffnung. Es gibt kein sauberes Wasser, keine Nahrung und vor allem keine ausreichende medizinische Versorgung. Die wenigen Sanitäter sind mit der großen Anzahl an Verwundeten total überfordert.

Henry Dunant, der sich geschäftlich in Solferino aufhielt, mit der eigentlichen Schlacht nichts zu tun hatte, hatte eine solche Katastrophe noch nie erlebt. Der gerade mal 31jährige Geschäftsmann aus Genf packt spontan mit an, um Schlimmeres zu verhindern. Er ar nach Solferino gereist, um mit dem französischen Kaiser, Napoleon III. zu reden und ihn um Hilfe in geschäftlichen Angelegenheiten zu bitten. Stattdessen organisiert Henry Dunant nun Frischwasser, wechselt Verbände und gibt anderweitige Hilfe. Allein in das kleine Dörfchen Castiglione wurden 9.000 Verwundete in Kirchen, Kasernen und Wohnhäusern verbracht und ihrem Schicksal überlassen. Dunant mobilisiert Frauen und Kinder aus dem Dorf als freiwillige Helfer. Er selbst „arbeitete“ drei Tage und drei Nächte bis zur Erschöpfung durch, und konnte doch nicht verhindern, dass noch viele Soldaten in den Tod gingen. Es gab eben noch keine funktionierende Hilfsorganisation. 

Die schrecklichen Eindrücke von Solferino begleiten Henry Dunant zurück nach Genf. Der Sohn eines angesehenen Kaufmanns ist von Kindesbeinen an zu sozialem Engagement erzogen worden, und seine Familie gehört der „Kirche des Erwachens“ an, die ihre Anhänger zur tätigen Nächstenliebe anhält. Schon im Alter von 18 Jahren hat sich Henry Dunant um Behinderte und Kranke gekümmert. Zudem besucht er Gefangene und ist sehr aktiv im CVJM, dem „Christlichen Verein Junger Männer“.

Dunant kommt zu dem Entschluss, seine Erlebnisse schriftlich niederzulegen, und er nimmt sich ein Jahr Zeit dafür. Im Jahre 1862 erscheint sein Buch mit dem Titel „Eine Erinnerung an Solferino“, in dem er nicht nur die Schlacht zwischen den Kontrahenten beschreibt. Er macht sich auch Gedanken darüber, wie man den Krieg „menschlicher“ machen könnte. So naiv, dass er glaubt, es würde eine Zeit ohne jegliche Kriege kommen, ist er nicht. Er ist aber davon überzeugt, dass es möglich sein müsse, die Menschen weniger leiden zu lassen. In seinem Buch fragt Dunant: „Gibt es während einer Zeit der Ruhe und des Friedens kein Mittel, um Hilfsorganisationen zu gründen, deren Ziel es sein müsste, die Verwundeten in Kriegszeiten durch begeisterte, aufopfernde Freiwillige pflegen zu lassen?“ Und er geht noch einen Schritt weiter und schlägt ein internationales Abkommen vor, damit solche Hilfsorganisationen in ganz Europa gegründet werden können.

Henry Dunants Buch trifft einen Nerv. Von seinen Ausführungen inspiriert, beginnt Gustave Moynier, Rechtsanwalt und Präsident der in Genf ansässigen Wohlfahrtsgesellschaft, ein Komitee zu organisieren. Der Schweizer General Guillaume-Henri Dufour übernimmt die Leitung, und die beiden Ärzte Louis Appia und Theodore Maunoir gehören neben Moynier und Dunant dazu. Die fünf organisieren eine internationale Konferenz in Genf. Auf dieser soll diskutiert werden, wie medizinische Hilfsdienste im Krieg unterstützt werden können. Wohltätige Organisationen und Regierungen in ganz Europa werden zu dieser Konferenz am 26. Oktober des Jahres 1863 eingeladen. Henry Dunant ist nicht zu stoppen, denn nachträglich verschickt er ein Dokument mit einem weiteren Vorschlag, der die Idee beinhaltet, Sanitäter auf dem Schlachtfeld für neutral zu erklären. Das wiederum ist mit den anderen Mitgliedern vom Komitee nicht abgesprochen, wird jedoch später auf der Konferenz sehr gut ankommen.

Dunant rührt nach Kräften die Werbetrommel für das Treffen in Genf. Zum guten Schluss sind es 31 Teilnehmer bei der Eröffnung – Vertreter von 16 Regierungen und vier privaten Organisationen. Über ein einheitliches Erkennungszeichen für die freiwilligen Helfer wird intensiv diskutiert. Sanitäter, die Verwundete aus der Gefahrenzone bergen und abtransportieren wollen, werden zu dieser Zeit häufig getötet, weil sie die gleiche Uniform tragen wie alle anderen auch. Schließlich einigt man sich auf eine weiße Armbinde mit einem roten Kreuz. Mit diesen umgekehrten Nationlfarben würdigt man die Schweiz. Henry Dunant, der als Schriftführer fungiert, steckt mit seiner Begeisterung für das Projekt an. Zehn Beschlüsse, welche die Konferenz am 29. Oktober des Jahres 1863 festhält, gelten heute noch als „Geburtsurkunde des Roten Kreuzes“.

Das Papier sieht vor, dass in jedem Land nationale Hilfsgesellschaften ins Leben gerufen werden sollen, die den Sanitätsdiensten im Krieg beistehen. In Friedenszeiten sollen die Hilfsgesellschaften freiwillige Helfer schulen und Hilfsmaterial organisieren. Der Charta angeführt sind drei Wünsche, die sich an die jeweilig beteiligten Regierungen richten und beispielsweise um den staatlichen Schutz der neu zu gründenden Hilfsgesellschaften bitten. Gerade mal ein halbes Jahr ist vergangen und es sind bereits zehn Hilfsorganisationen für Kriegsverwundete gegründet; etwa in Preußen, Italien und Frankreich. Der Außenminister Frankreichs spricht sich in einem Schreiben an den schweizerischen Gesandten in Paris für eine weitere Konferenz aus. Auf ihr sollen die Beschlüsse aus dem Vorjahr überprüft werden.

Alle souveränen Staaten Europas, außerdem die Vereinigten Staaten von Amerika, Mexiko und Brasilien, werden zu der Konferenz am 8. August 1864 in Genf eingeladen. Zwei Wochen später unterschreiben Vertreter von zwölf Staaten die Erste Genfer Konvention. Sie ist der erste unbefristete Vertrag, der alle Unterzeichnerstaaten bindet und verlangt, ethische Grundsätze auch in militärischen Auseinandersetzungen einzuhalten. Militärhospitälern, Ambulanzen, Sanitätern und freiwilligen Helfern wird darin ein neutraler Status  zugesprochen und deren Schutz gefordert. Verletzte sollen versorgt werden, gleichgültig, aus welchem Land sie stammen. Bis Ende des Jahres 1867 haben 21 Staaten das Regelwerk ratifiziert; – etliche aber auch nicht. Während sich sein Engagement für das Rote Kreuz gut anlässt, gerät Dunant als Geschäftsmann bald in Not und wird insolvent.

Im August des Jahres 1868 entscheidet ein Schweizer Gericht, dass er für alle Schulden, die sich auf eine Million Schweizer Franken beläuft, aufkommen muss. Es kommt noch schlimmer: Moynier entscheidet, Dunant aus dem Komitee der fünf Gründerväter auszuschließen. Vollkommen verarmt und auf fremde Hilfe angewiesen, vergisst Henry Dunant jedoch nicht seine Mission. Im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 engagiert er sich erneut für die Kriegsverletzten und die Befreiung von Gefangenen. Aber mittellos und ohne die richtigen Kontakte kann er seine Projekte nicht vorantreiben. Rastlos, geplagt von einer chronischen Hautkrankheit, zieht er kreuz und quer durch Europa; – von Paris nach London, später nach Korfu und in verschiedene deutsche Städte. Im Jahre 1887 lässt er sich im Alter von 59 Jahren in dem kleinen Kurörtchen Heiden in Appenzell nieder. Verwandte greifen ihm unter die Arme. Henry Dunant und sein Engagement sind mehr oder weniger in Vergessenheit geraten. Und das wäre auch vermutlich so geblieben, wenn er im Jahre 1895 nicht zufällig Georg Baumberger, dem Chefredakteur der Zeitung „Die Ostschweiz“, bei einem Spaziergang über den Weg gelaufen wäre.

Das Echo auf den Dunant-Artikel, den Baumberger in der deutschen Illustrierten „Über Land und Meer“ veröffentlicht, ist enorm. Alte Freunde und Bekannte erinnern sich an Dunant, man ehrt und beschenkt ihn. Edgültig rehabilitiert ist Henry Dunant, als ihm im Jahre 1901, zusammen mit dem aus Frankreich stammenden Humanisten Frederic Passy, der erste Friedensnobelpreis verliehen wird. Am 30. Oktober des Jahres 1910 stirbt Henry Dunant im Alter von 82 Jahren, und bis dahin haben 57 Nationen die Genfer Konvention unterschrieben; – Hilfsorganisationen gibt es in 40 Ländern.

In heutigen Tagen sind es nach Angaben des internationalen Komitees des Roten Kreuzes 189 nationale Hilfsgesellschaften, die zwar eigenständig agieren, jedoch durch gemeinsame Prinzipien wie Unabhängigkeit, Neutralität und vor allem Menschlichkeit verbunden sind!

Von Rolf von Ameln/Dieter Szaidel

Redaktion Israel-Nachrichten.org

 

 

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Von am 29/01/2014. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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