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Wider das Vergessen: Das Regime der Nationalsozialisten und die Konzentrationslager; – Wie der Völkermord an den Juden vorbereitet wurde 8. Teil

Auschwitz war in den Augen vom Massenmörder Heinrich Himmler bereit, eine besonders wichtige Rolle im Holocaust zu spielen. Bereits zu Beginn des Jahres 1942 war dieses Konzentrationslager zu einem enormen, ja, man könnte schreiben; – riesigen Zwangsarbeitslager für Juden bestimmt worden, und nun entschied der SS-Boss, dass es auch ein beträchtliches Todeslager werden könnte, denn: Es war abgelegen genug für den versteckten Massenmord, aber auch wiederum nah genug, um dank seiner exzellenten Reichsbahnverbindungen Deportationen aus West- und Mitteleuropa aufzunehmen.

Ankunft ungarischer Juden in Auschwitz. (screenshot)

Darüber hinaus war, nach den Massenvergasungen russischer „Kommissare“ und Juden aus Schlesien, die Basisinfrastruktur für den Genozid bereits vorhanden. Nachdem sich Auschwitz in den Augen der SS-Schergen als regionales Vernichtungslager „bewährt“ hatte, wurde es nun in die erste Reihe der Nazi-Todeslager befördert. Lagerkommandant Höß verkündete später mit stolzer Stimme, die Auschwitzer SS habe eine sehr wichtige Aufgabe erhalten: „Die Lösung der Judenfrage“ und die „Beseitigung des menschlichen Abfalls.“

Im Juni 1942 lösten bei der Lager-SS aufgrund der neuen Pläne hektische Aktivitäten aus. Es kann auch kein Zufall gewesen sein, dass der Besitzer des Vertriebs-Unternehmens für Zyklon B um zu dieser Zeit nach Berlin einbestellt wurde; – die Bestellungen für dieses Vernichtungsmittel nach Auschwitz nahmen bald darauf enorm zu. Im Wirtschaftsverwaltungs-Hauptamt beteiligte sich Oswald Pohl, der am 18. und 20. Juni 1942 an Himmlers Seite war, an entscheidenden Gesprächen. Nur einige Tage später war sein Konzentrationslager-Chef Glücks, – der jetzt die Amtsgruppe „D“ des Wirtschaftsverwaltungs-Hauptamtes leitete -, zu persönlichen Treffen mit den Henkern von Auschwitz nach dort gereist.

Höß beklagte sich nach Ende des Zweiten Weltkrieges, Glücks habe nichts über die sogenannt Endlösung hören wollen. Das wieder konnte später einmal so gewesen sein, als Glücks immer mehr an den Rand der „Führungs-Elite“ der SS gedrängt wurde, aber zu Beginn war er sehr aktiv, hielt engen Kontakt zu Adolf Eichmann und führte intensive Gespräche mit seinem Gegenpart beim Reichssicherheitshauptamt, Gestapo-Chef Heinrich Müller. Zudem wollte er seinen neuen Vorgesetzten Pohl beeindrucken, mit dem er sich regelmäßig traf, um über die Vernichtung der Juden zu konferieren. Am späten Nachmittag des 16. Juni 1942 kam Glücks in Auschwitz an und blieb bis zum 17. Juni.

Er sprach dort über die NS-Vernichtungspolitik, denn nach seinem Besuch dort stieg die Todesrate der registrierten jüdischen Häftlinge dramatisch an. Glücks mache auch eine Fahrt durch das Lager. Auf seinem Weg lag offensichtlich das alte Krematorium im Stammlager – wurde gerade renoviert! – und der große Lagerraum für die Bekleidung der ermordeten Häftlinge. Glücks hatte sich ganz besonders für die neuen Tötungsanlagen in Birkenau interessiert, denn „Bunker 1“ lief bereits auf Hochbetrieb. Zugleich bauten SS-Männer nicht weit entfernt ein weiteres größeres „Bauernhaus“, genannt: „Das kleine weiße Haus“ in eine weitere Gaskammer um, (fast) mit Sicherheit eine Folge der kürzlich getroffenen Entscheidung Auschwitz in ein europäisches Todeslager umzuwandeln.

„Bunker 2“ ging aller Wahrscheinlichkeit nach Ende Juni oder Anfang Juli 1942 in „Betrieb!“ Eine Woche nach dem Besuch von Glücks in Auschwitz reiste Höß ins Wirtschaftsverwaltungs-Hauptamt-Hauptquartier in Berlin-Lichterfelde, wo Pohl für Donnerstag am Abend, den 25. Juni 1942, im „Führerheim“ ein Treffen aller Lagerkommandanten einberufen hatte. Ohne jeden Zweifel beschäftigten Höß die bevorstehenden Massendeportationen nach Auschwitz, als er sich in die deutsche Reichshauptstadt aufmachte. Bevor er am 24. Juni das Lager verließ, um den Nachtzug nach Berlin zu erreichen, schickte sein Mörder-Stab ein geheimes Telegramm an Glücks, in dem Höß um einen persönlichen Termin am nächsten Morgen bzw. Nachmittag bat, um wichtige „dringende“ Angelegenheiten mit Ihnen, Brigadeführer, zu besprechen.

Glück´s Stab setzte rasch ein Treffen im Büro des Leiters des SS-Bauwesens Kammler an, der in alle größere Bauvorhaben in Auschwitz eng eingebunden war. Überliefert ist nicht, was die Lager-SS-Offiziere bei diesem Treffen für mörderische Pläne ausheckten. Ein Thema war mit Sicherheit die Vorbereitung von Auschwitz auf die Ankunft gewaltiger Zahlen von jüdischen Deportierten, deren Schicksal beschlossene Sache war: Im Lager zu sterben.

In der nächsten Folge erfährt die geneigte Leserschaft der Israel Nachrichten Auszüge aus den Massendeportationen.

Von Rolf von Ameln

Rolf v. Ameln ist Buchautor, sowie IN-Korrespondent in Deutschland und Spezialist für Themen der Zeitgeschichte. Er schreibt seit 25 Jahren für die Israel-Nachrichten.

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Von am 18/12/2020. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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