Lady Yvonne Sursock (98), die Erbin des weltweiten Sursock Imperiums, wurde in ihrem Palast bei der Explosion im Hafen von Beirut vom 4. August schwer verletzt. Jetzt ist sie an ihren Verletzungen gestorben.
An den Folgen der großen Explosion im Hafen von Beirut ist am 31. August auch eine der berühmtesten und prägendsten Persönlichkeiten des Libanon, Yvonne, Lady Cochrane geb. Sursock, im Alter von 98 Jahren verstorben. Im Libanon wurde sie die „letzte große Dame des Libanon“ genannt. Sie war die einzige Tochter von Alfred Bey Sursock, einem libanesisch-osmanischen Aristokraten, und Donna Maria Theresia Serra di Cassano, einer Adeligen aus Italien, Sie hatte 1946 den britischen Offizier Sir Desmond Cochrane geheiratet und zusammen mit ihm vier Kinder. Die Matriarchin des Sursock Clans gehörte zu den einflussreichsten Persönlichkeiten des Libanon. Von 1960 bis 1966 war sie Präsidentin des Komitees und Generaldirektorin des Sursock-Museums in Beirut. Sie gründete die Vereinigung zum Schutz der antiken Gebäude im Libanon und war von 1960 bis 2002 deren Präsidentin. Neben ihrem Einsatz für das christliche Erbe und die Bevölkerung des Libanon engagierte sie sich für den Schutz der natürlichen Umwelt im Libanon und für die Erhaltung des einzigartigen architektonischen und kulturellen Erbes des Landes. Sie war Eigentümerin des Sursock-Hauses sowie eines breiten Grundstücks entlang der Rue Sursock. Die Familie gab dem gerade erst renovierten Sursock Museum in Achrafieh, das bei der Explosion weitgehend zerstört wurde, ihren Namen.
Viele Jahrzehnte lang war die griechisch orthodoxe Familie Sursock die führende Unternehmerfamilie des Libanon. Die Sursocks, die bereits im 16. Jahrhundert von Konstantinopel in den osmanischen Libanon kamen, haben die Geschichte des Libanon von der späten osmanischen Zeit bis in die Gegenwart maßgeblich geprägt. Dass Beirut zur „Perle des Orients“ wurde, war weitgehend ihr Werk, denn die Familie war durch ihre vielfältigen Verwandtschaften mit dem europäischen Hochadel in allen Metropolen Europas zu Hause. Die Sursocks hatten ihr Vermögen als einer der größten Steuereintreiber und Protegés der Hohen Pforte von Konstantinopel erworben. Deshalb waren sie in den Libanon gekommen. In Beirut wurden sie zu erfolgreichen Händlern, die Getreide aus dem östlichen Mittelmeerraum in das Vereinigte Königreich exportierten und gleichzeitig Textilien aus Europa importierten, die im gesamten Nahen Osten verkauft wurden. Nicolas Sursock gründete 1858 die Banque Sursock et Frères und erwarb umfangreiche Besitztümer in verschiedenen Teilen des Osmanischen Reiches. Zu Hilfe kam der Familie dabei die Reformen, Tanzimat, die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts die edie den Suropäischen Mächte vom kranken Mann am Bosporus verlangten. Dazu gehörte auch die Einführung von Grundbüchern.
Eine libanesische Familie als Geburtshelfer des Staates Israel
Die Sursocks wurden zu den größten Großgrundbesitzern des Osmanischen Reiches, als 1858 Grundbücher eingeführt wurden. Nicht nur große Teile des Libanon und Syriens bis hin nach Mersin in der heutigen Türkei gehörten zu ihrem Imperium. Vor allem der riesige Landbesitz in Palästina machte die Sursocks seit Beginn der jüdischen Einwanderung zu mehrfachen Millionären. Denn es waren die Sursocks, die den jüdischen Banken über ihre eigene Hausbank die fruchtbare Jesreelebene zwischen Haifa und dem See Genezareth verkauften. Insgesamt Hundertausende von Dunams, Hunderte von Quadratkilometern, mehrere Kleinstädte und über 100 Beduinendörfer, wechselte so ihren Besitzer. Der Großteil dieser Geschäfte wurde jedoch erst nach der Niederlage der Osmanen 1918 in der britischen Mandatszeit Palästinas abgewickelt, weil während der Osmanenherrschaft Landverkäufe an Nichtmuslime gedeckelt waren. Erst 1921 konnten so die Zionisten mit der jüdischen Besiedlung des fruchtbaren Jesreeltales, heute die Kornkammer Israels, beginnen und so eine Landverbindung zwischen ihren Siedlungen an der Küste und denen am See Genezareth herstellen. Als die israelische Armee 1982 bis nach Beirut vorrückte, um die PLO auszuschalten, ist fast die gesamt Sursock Familie geflüchtet, nur sie blieb. Sie wusste, dass die Israelis ihr noch etwas schuldeten.
Von Bodo Bost
Bodo Bost ist Journalist und freier Mitarbeiter der Israel-Nachrichten. Er berichtet über aktuelle Themen über Judentum und Israel in Europa, er lebt und arbeitet in Luxemburg.
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