Die Schlagzeile der „Westdeutschen Volkszeitung“ titelte: Luftschiff „Hindenburg“ zerstört. Durch Explosion bei der Landung in Brand geraten. Entsetzliche Katastrophe. Groß und breit wird über dieses Unglück berichtet. Auf der fünften Seite beschäftigt sich das Blatt mit folgendem Beitrag: Der Stapellauf des KDF-Urlaubsschiffes „Wilhelm Gustloff“. Parade der KDF-Flotte vor dem Führer. Hamburg, 5. Mai: In Anwesenheit des mit größter Begeisterung überall begrüßten Führers und unter der Teilnahme von mehr als 50.000 Menschen aus allen Gauen des deutschen Vaterlandes und ungeheurer Beteiligung der hamburgischen Bevölkerung fand am Mittwoch auf der Werft von Blohm & Voß der Stapellauf des 25.000 Tonnen großen ersten KDF-Urlauberschiffes der Welt statt, das auf den Namen „Wilhelm Gustloff“ getauft wurde.
Mehr als 200 Meter lang ist der elegante Schiffsrumpf, 23 1/2 Meter mißt dieses fünftgrößte Schiff der deutschen Handelsflotte in der Breite, und die Höhe vom Kiel bis zur Mastspitze ist nicht geringer als 56 Meter. Fast 1500 „Kraft durch Freude“-Urlauber können in den mit allen modernen und hygienischen Einrichtungen versehenen Schiffsräumen und Kabinen Aufnahme finden. Der Führer, in dessen Begleitung man den Reichsführer SS Himmler, Generaladmiral Raeder, den Leiter der Auslandsorganisation der NSDAP, Gauleiter Bohle, die Witwe von Wilhelm Gustloff sowie zahlreiche hohe Würdenträger von Partei, Staat und Wehrmacht sah, gab durch seine Gegenwart diesem großen Tag in der Geschichte der Deutschen Arbeitsfront und der Organisation „Kraft durch Freude“ die festliche Bedeutung.
Ganz Hamburg war in ein Flaggenmeer getaucht. Auf der Taufkanzel, die mit den Flaggen der Deutschen Arbeitsfront und des Reiches geschmückt war, richtete Reichsstatthalter Kaufmann Gruß und Dank an den Führer. Das stolze Schiff sei ein Denkmal und Wahrzeichen dessen, was der Führer geschaffen habe. Daß die Werften in Hamburg heute wieder hämmerten und daß auch Groß-Hamburg Wirklichkeit geworden sei, danke man vor allem dem Führer. Dann nahm der Betriebsführer der Werft von Blohm & Voß, Staatsrat Blohm, das Wort, der das Schiff als Werk der Gemeinschaft im höchsten Sinn kennzeichnete. Hierauf ging in ausführlicher Weise Reichsorganisationsleiter Dr. Ley auf den tieferen Sinn auch dieses großen Schiffes im Dienst von „Kraft durch Freude“ ein.
Es sei erstmalig in der Welt, daß ein Gemeinschaftsunternehmen für Arbeiter ein so großes und schönes Schiff baue. „Kraft durch Freude“ sei geboren aus dem Gedanken, daß das Beste gerade gerade gut genug sei für den deutschen Arbeiter. So sei auch dieser Tag der beste Beweis für die Kritiker von draußen, um ihnen zu zeigen, daß sich in Deutschland alles gewandelt habe. „Wir bauen ein neues soziales Deutschland auf und fangen irgendwo an, ein Werk schön zu machen. Wir bleiben aber auch nicht in den Anfängen stecken, sondern setzen durch, was wir uns einmal vorgenommen haben.“
Das Ende der „Wilhelm Gustloff“ sollte sich durch einen U-Boot-Angriff mit Torpedos kurz vor Kriegsende 1945 auf tragische Weise erfüllen.
Die „Tremonia“ – aus dem Lateinischen für Dortmund – wurde zu Weihnachten des Jahres 1885 von den Brüdern Lensing gegründet und erschien in einer Auflage von 3.000 Exemplaren. Diese Zahl stieg bis zum Beginn der Nazi-Diktatur auf 48.000 Exemplare an. Die Nationalsozialisten ließen zwar, um „Pressefreiheit“ zu demonstrieren, die Zeitung überleben, die endgültige Entscheidung über den Inhalt der Zeitung traf jedoch ein SA-Obergruppenführer. Dies geschah als Reaktion auf die immer wieder wieder äußerst kritischen Berichte der Zeitung. Im April 1945 erschien die letzte Ausgabe. Vier Jahre später erhielt das Verlagshaus Lensing erneut eine Lizenz zur Herausgabe einer Zeitung.
So kamen am 1. März 1949 erstmals die „Ruhr Nachrichten“ heraus, die bis in die heutigen Tage in Nordrhein Westfalen präsent sind. Der im Artikel geschilderte institutionelle Rahmen der Zeitung spiegelt sich auch in der Berichterstattung vom 7. Mai 1937 wider. Die Nachricht über den „Hindenburg“-Absturz wird prägnant und trocken wiedergegeben. Was die Länge betrifft, wird der Luft-Tragödie, im Gegensatz zum „Westdeutschen Beobachter“, der sich überwiegend auf das fatale Geschehen bezieht, nur die erste Seite gewidmet. Beim Durchlesen dieser Ausgabe von „Tremonia“ findet man zwar keine scharfe Kritik am Nazi-Regime, jedoch wird die oppositionelle Stellung des Blattes auf subtile Art deutlich.
Auf Seite fünf gibt es zum Beispiel ein Bild, das die beteiligten Arbeiter bei einem Mittagskonzert darstellt. Man sieht Menschen mit schmutzigen und nicht unbedingt frohen Gesichtern, die ohne Lust und Motivation den Hitlergruß zeigen. Auch die Bildunterschrift ist zusätzlich von leichtem Spott durchsetzt: „Mit erhobener Hand hören die braven Bergknappen die nationalen Lieder.“ Des Weiteren liest man in der Zeitung, die einst zu den 25 größten deutschen Zeitungen im Privatbesitz gehörte, etliche internationale Berichte und Kommentare über andere Länder wie Spanien, Holland und Belgien, Sensationthemen in der Unterhaltungsbeilage sowie Kunst- und Sportthemen. Das Blatt verfügte auch über zahlreiche Werbekunden, die in der Hauptsache für Produkte aus der Modewelt um Kunden warb.
Weitere interessante Berichte folgen in einer der nächsten Online-Ausgabe der Israel Nachrichten.
Von Rolf von Ameln
Rolf v. Ameln ist Buchautor, sowie IN-Korrespondent in Deutschland und Spezialist für Themen der Zeitgeschichte. Er schreibt seit 25 Jahren für die Israel-Nachrichten.
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