Seit einem Vierteljahrhundert fördert die Stiftung ZURÜCKGEBEN als einzige Institution in Deutschland explizit jüdische Frauen in Kunst und Wissenschaft. 1994 wurde sie gegründet, ein Jahr später konnten die ersten Fördermittel vergeben werden. Seitdem hat ZURÜCKGEBEN etwa 180 Projekte mit weit über einer halben Million Euro finanziell unterstützt.
»In einer Zeit, in der 50 Prozent der 14- bis 16-Jährigen in Deutschland nicht wissen, wofür Auschwitz steht, in einer Zeit, in der Politiker einer Partei den Nationalsozialismus als ‚Vogelschiss der Geschichte‘ bezeichnen und in der wieder Synagogen und jüdische Menschen angegriffen werden, ist es immanent wichtig, zu erinnern«, so Sharon Adler, Vorstandsvorsitzende der Stiftung ZURÜCKGEBEN. »Und auch, den Beitrag aufzuzeigen, den Jüdinnen heute wieder für Kultur und Gesellschaft in Deutschland leisten und sie dabei zu unterstützen.«
Stipendien erhielten und erhalten Frauen jeden Alters und verschiedenster Herkünfte – Filmemacherinnen, Bildende und Multimedia-Künstlerinnen, Tänzerinnen und Choreografinnen, Autorinnen, Musikerinnen, Kultur- und Sozialwissenschaftlerinnen, Historikerinnen, Ökonominnen und Physikerinnen. Die Förderung stellt in vielen Fällen eine erstmalige öffentliche Würdigung der Arbeit der Stipendiatinnen dar und gibt ihnen die Möglichkeit, gesehen und gehört zu werden, aber auch individuelle und kollektive Erinnerung(en) weiterzugeben.
Der programmatische Name »Zurückgeben« verweist auf die Tatsache, dass während der NS-Herrschaft viele einzelne, aber auch die ganze »deutsche Volksgemeinschaft« direkt und indirekt, willentlich und strukturell von der Entrechtung, Enteignung und Ermordung der Juden Europas profitiert haben, über »Arisierung«, Raubgut – von Gemälden, über Möbel bis zu Geschirr – oder auch durch die Einnahme beruflicher Positionen, die zuvor Juden und Jüdinnen inne hatten, und der Name verweist darauf, dass durch die eingeworbenen Mittel der Stiftung zumindest symbolisch ein kleiner Bruchteil dessen »zurückgegeben« werden sollte.
Die Idee für die Stiftung hatte eine Initiativgruppe jüdischer und nichtjüdischer Frauen, die vermuteten, dass es sich – wie bei Hilde Schramm, der Tochter des »Architekten Hitlers«, Albert Speer – bei den Erbschaften, die sie gemacht hatten, um Raubgut handelte. Da sie trotz intensiver Recherche deren ursprüngliche BesitzerInnen nicht ausfindig machen konnten, bildete der Erlös der Verkäufe das Gründungskapital der Stiftung.
Das war in den 1990er Jahren. Heute ist es noch wesentlich schwieriger, real etwas zurückzugeben. Es gibt kaum noch Überlebende des Holocaust und die lange gesellschaftliche Verdrängung der Beraubung hat die meisten Spuren verwischt. Auch die Täter von damals sind größtenteils nicht mehr am Leben. Dennoch versucht die Stiftung ihre Arbeit fortzusetzen und appelliert immer wieder auch an die Nachgeborenen, in Form von Spenden etwas »zurückzugeben«, auch ohne selbst schuldig geworden zu sein, auch ohne ein eigenes familienbiografisches Motiv – vielmehr aus Einsicht und Verantwortung.
Stiftung ZURÜCKGEBEN | Merseburger Straße 3 | 10823 Berlin |
Telefon 030-42022645
info@stiftung-zurueckgeben.de | www.stiftung-zurueckgeben.de | facebook.com/zurueckgeben
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