So bezeichnete Plinius der Ältere das meist verkaufte Produkt seiner Zeit.
Garum war das Standardgewürz der antiken römischen Küche. Salziges und Süsses wurde damit abgeschmeckt. Für den heutigen, eher für ausgewogene Geschmäcker ausgelegten Gaumen, ein wahrscheinlich unerträglicher Geschmack. Die heute verwendeten Nachfolger wie Sojasauce, Austernsauce, die in der asiatischen Küche beliebt sind, Pissalat, nicht wegzudenken aus der Küche des französischen Südens, aber auch die Worcestershire Sauce, die einen minimalen Fischanteil hat, sind da für den Gaumen wesentlich angenehmer.
Ja, die Rede ist von der typisch römischen Fischsauce. Der Name leitet sich vom griechischen Namen «Gauros» der europäischen Sardelle ab. Historisch belegt ist Garum für alle Regionen, in denen sich in der Spätantike römische Provinzen rund um das Mittelmeer befanden. In den Ruinen von Pompej, das im Jahr 79 CE von einem gewaltigen Ausbruch des Vesuv völlig zerstört wurde fanden sich Amphoren. Diese enthielten zwar nur mehr Fischgräten, sind aber durch Abbildungen auf Mosaiken einer Villa eindeutig zuzuordnen.
Es ist unglaublich, welche historischen Fundstücke sich unter diesem Schotterfeld verbergen.
Das Haus des Fabrikanten umfasste einige Gebäude, die von mehreren Generationen des Clans bewohnt wurden. Sein grosser wirtschaftlicher Erfolg dürfte aber im direkten Meerzugang gelegen haben, der ein Verschiffen seiner Produkte erleichterte.
Vielleicht war es eines seiner Schiffe, oder besser eines seiner Vorfahren, das man bereits im Jahr 2000 vor der spanischen Stadt Alicante am Meeresgrund entdeckt hat. An Bord waren etwa 1500 Amphoren. Leider hatte sich die Versiegelung im Laufe der Zeit gelöst, bis auf Fischgräten konnte man nichts mehr auffinden. Aber das, was man fand reichte aus, um zu erkennen, dass das Schiff die kostbare Fischsauce Garum transportiert hatte. Trotzdem erhofften die Forscher, dem Geheimnis der römischen Delikatesse auf den Grund zu kommen. Ohne grossen Erfolg.
Ein weitaus bedeutenderer Fund wurde vor Kurzem in der Nähe von Ashkelon gemacht. Bei Ausgrabungen in der Stadt im Süden des Landes stiess man auf Strukturen, die ganz eindeutig der Produktion von Garum zugeordnet werden können. Es ist die einzige Produktionsstätte ihrer Art und Grösse im gesamten Bereich des östlichen Mittelmeeres.
Die Archäologin der Israelischen Antiquitäten Authority, Dr. Tali Erickson-Gini sagte dazu: „Für mich stellt es [Garum] so etwas wie eine Gewürzsauce dar. Aber es war wirklich viel mehr als das. Für uns ist das schwer vorstellbar. Es war viel verbreiteter als Ketchup.“
Nicht nur die Fischteiche, die in der Nähe der Ausgrabungen gefunden wurden, sondern die zusätzlich vorhandenen stabilen Bodentanks, in denen die Fischsauce gelagert werden konnte, bestärkten die Vermutung der Archäologen, dass es sich um eine regionale Garum Fabrik handelt.
Dr. Tali Erickson-Gini zeigt sich erstaunt, dass, im Gegensatz zur Beliebtheit dieser Sauce, nur wenige Produktionsstätten gefunden wurden.
Dabei muss Garum der unabdingliche Bestandteil nahezu jeder Mahlzeit gewesen sein. Sogar auf Massada, dem Palast des Herodes am Toten Meer fand man eine entsprechend gekennzeichnet Amphore.
Was aber ist Garum, wie wird es produziert?
Die wohl älteste Quelle, was das Original dieser überaus beliebten Würzsauce ausmacht, stellt das „Römische Kochbuch des Apicius“ dar. Marcus Gavius Apicius (25 BCE bis 37 CE) war ein bekannter Feinschmecker, der in der Nähe des heutigen Kölns lebte. Ihm wird das erhaltene Kochbuch „De re coquinaria“ (Über die Kochkunst) zugeschrieben, das um 400 CE zusammengetragen und veröffentlicht wurde.
Um das kostbare Garum zu erhalten, mussten zunächst Fässer, oder die in Ashkelon entdeckten Becken, mit einem speziellen Überzug versehen werden, damit die Flüssigkeit nicht versickern konnte. Dann wurden diese mit ganzen Fischen, vorzugsweise mit den namensgebenden Sardellen, aber auch Makrelen oder Thunfisch gefüllt und mit einer entsprechenden Menge Salz bedeckt und gut abgedeckt. Oft wurden auch kräftige Gewürze hinzugefügt. Die Menge des zugefügten Salzes war massgeblich für das gewünschte Resultat. Ein Zuwenig würde die Fische verfaulen lassen, ein Zuviel die natürliche und erwünschte Fermentierung verhindern.
Nach mehreren Wochen bis zu einigen Monaten bei einer anhaltenden hohen Temperatur von etwa 40° war der Fermentierungsprozess abgeschlossen. Die dicke halbflüssige Paste konnte nun abgeseiht werden. Je nachdem wie perfekt der enzymatische Prozess vor sich gegangen war, war die aufgefangene Flüssigkeit goldgelb bis dunkel ockerfarbig. Das Garum wurde nun entweder noch einmal geschmacklich verfeinert, oder pur verkauft. Es war auf jeden Fall die Grundlage eines ansehnlichen Vermögens der Produzenten.
Auch der verbliebene Rest, Allec genannt, fand bei der nicht so wohlhabenden Bevölkerung seine Verwendung als Gewürzpaste. Wahrscheinlich war es Allec, das in den ärmeren Vierteln der Städte kostenlos angeboten wurde.
Die Produktion von Garum war innerhalb der Städte verboten. Kein Wunder, die Senatoren wussten, dass ihre Wiederwahl eben von der Menge der Wählerstimmen abhing und nicht jeder der Bürger hatte eine so abgestumpfte Nase wie Plinius!
@ Bilder, sofern nicht im Text anders markiert: Screenshots Jerusalem Post, Ynetnews, Israel Antiquities Authority.
Von Esther Scheiner
Esther Scheiner ist Journalistin und Redakteurin der Israel Nachrichten. Sie lebt und arbeitet in Israel und der Schweiz.
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