Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Montagabend in München den Theodor-Herzl-Preis des Jüdischen Weltkongresses erhalten. Mehrere Redner lobten das Engagement der Kanzlerin für die Renaissance jüdischen Lebens in Deutschland und ihr Eintreten für die Sicherheit Israels.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, lobte Merkel: Sie habe viel dafür getan, „dass wir hier in Deutschland wieder ein lebendiges, aktives Judentum haben“, sagte er bei der Preisverleihung. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, würdigte in ihrer Begrüßung Merkels Einsatz für jüdische Bürger in Deutschland und Europa und für Israel als jüdischen Staat.
„Ich wüsste keinen würdigeren Preisträger als Sie“, sagte Charlotte Knobloch.
Der Präsident (und Hauptfinanzierer) des World Jewish Congress, Ronald Lauder, hat Kanzlerin Angela Merkel als „Hüterin der Zivilisation“ gewürdigt. In ihrer ganzen politischen Karriere habe sie sich moralische Integrität und menschliches Einfühlungsvermögen bewahrt. Der existenziellen Nöte jüdischer Menschen und des jüdischen Staates habe sich Merkel wirklich angenommen.
„Wenige Wochen nach dem Anschlag von Halle und ein Jahr nach dem Attentat auf die Tree-of-Life-Synagoge im amerikanischen Pittsburgh, wird mit der Preisverleihung ein deutliches Zeichen gegen Judenhass gesetzt“, so der Jüdische Weltkongress.
Mit dem Theodor-Herzl-Preis werden Personen ausgezeichnet, die „Herzls Ideale für eine sicherere, tolerantere Welt für das jüdische Volk fördern“. Zu den früheren Empfängern zählen der israelische Präsident Shimon Peres, Elie und Marion Wiesel sowie posthum der frühere US-Präsident Ronald Reagan und der deutsche Journalist und Verleger Axel Springer.
Merkel mit dem Theodor-Herzl-Preis zu ehren, empfinden viele Juden in Israel und der Diaspora als Spott und hat nicht nur in Deutschland, Europa und der Welt Verwirrung ausgelöst und zu Protesten geführt.
Als Merkel 2005 zum ersten Mal gewählt wurde, verurteilte sie nicht nur den Antisemitismus, sondern erklärte, es sei Deutschlands Mission, den Holocaust zu büßen, indem es die Sicherheit Israels gewährleistet und den Judenhass auf allen Ebenen beseitigt. Sie drückte wiederholt ihre tiefe Schande über die Nazivergangenheit und die Bemühungen Deutschlands aus, das europäische Judentum zu ermorden.
Leider ist Merkel in den letzten Jahren von dieser Politik abgewichen. Sie verurteilt weiterhin verbal den Antisemitismus, aber in der Praxis hat sich ihre Regierung in die entgegengesetzte Richtung bewegt. Tatsächlich hat sie nicht zuletzt dazu beigetragen, Deutschland und die Welt für Juden weitaus gefährlicher zu machen.
Noch nie war die Situation für jüdisches Leben in Deutschland nach 1945 so angespannt, so ernsthaft bedroht wie heute. Noch nie war der Antisemitismus in der Gesellschaft und Politik so offen präsent wie heute.
Es ist nicht nur überraschend, dass der WJC Merkel jetzt eine solch prestigeträchtige Auszeichnung überreicht, sondern auch widerlich. Es entehrt die jüdische Würde und hätte nicht stattfinden sollen. Führende Mitglieder der deutsch-jüdischen Gemeinde haben den WJC dafür verurteilt, dass er ihr den Preis verliehen hat. Dr. Rafael Korenzecher, ein deutsch-jüdischer Verleger bemerkte sarkastisch, dass Merkel einen Herzl-Preis für die Förderung der Aliyah nach Israel verdient und „Deutschland wird dank ihrer derzeitigen Politik bald Judenrein sein“.
Der Präsident der Zionistischen Organisation Amerikas, Morton Klein, sagte: „Bundeskanzlerin Merkel hat nach vernünftigem Ermessen wenig oder gar nichts getan, um die Verleihung dieses Preises zu rechtfertigen, hingegen sehr viel, was sie als Kandidatin für diesen Preis disqualifizieren sollte. … Was immer man sonst über Bundeskanzlerin Merkel noch sagen kann, sie ist eine völlig unangemessene Empfängerin einer Auszeichnung, die mit dem Namen des Gründervaters des politischen Zionismus geschmückt ist.“
Der World Jewish Congress soll jüdische Gemeinden auf der ganzen Welt vertreten. Doch vielen Juden in der Welt vermittelt die Preisverleihung die Botschaft, dass die Juden ungeachtet der widerlichsten Handlungen ihrer Regierungen nicht negativ reagieren oder protestieren werden.
Vor dem Hintergrund der zahlreichen Proteste von Juden hat Lauder versucht die Kritik zu überwinden, indem er Bemerkungen machte, mit der Verleihung des Preises an Merkel die Hoffnungen auf eine bessere Zukunft zum Ausdruck bringen. Das reicht aber nicht aus. Sofern Merkel nicht offiziell eine Änderung der deutschen Negativpolitik gegenüber Israel ankündigt, hätte er die Auszeichnung besser absagen sollen.
Lauder hätte Merkel mitteilen können, dass er dies aufgrund des Drucks tut, den Juden auf der ganzen Welt auf ihn ausgeübt haben. Damit hätte er Merkel eine entsprechende Botschaft übermitteln können. Er hätte damit auch einen Standard für jüdische Gemeinden auf der ganzen Welt setzen und sie zum Protest ermutigen können, wenn ihre Regierungen eine unmoralische Politik gegen Juden oder Israel betreiben. Wenn Lauder auf diese Weise gehandelt hätte, wäre der WJC als globale jüdische Führungsorganisation seines Namens würdig.
Von Dr. Dean Grunwald
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