Gerade in heutigen Tagen häufen sich sogenannte Dokumentationen über den größten Verbrecher des 20. Jahrhunderts, Adolf Hitler. Angeblich hatte sich der spätere Diktator mit den Sozialdemokraten verbunden gefühlt. Doch diese Vermutungen haben wie die Lügen kurze Beine – einen „Gewährsmann“ und einen „Augenzeugen“, die erzählt haben sollen, dass der „ach so einsame Hitler“ damals „in scheinbarer Eintracht mit einer wilden roten Rotte“ zusammenlebte, in Wahrheit jedoch „Spitzel und Henker seiner Kameraden“ war. Hingewiesen wird immer wieder auf sein antisemitisches Buch „Mein Kampf“, in der Adolf Hitler, phantasievoll der Wahrheit ausweichend, von seinen Jugendjahren berichtet: Er habe, da sei er noch keine siebzehn Jahre alt gewesen, einige Bestrebungen der Sozialdemokratie „nicht unsympathisch“ gefunden. Und weiter heißt es dort in der charakteristischen Diktion, die er bis zu seinem Tod beibehält: „Es bedurfte auch hier erst der Faust des Schicksals, um mir das Auge über diesen unerhörtesten Völkerbetrug zu öffnen.“
Als Hilfsarbeiter auf dem Bau habe er in Wien, so haut der „Kampf“-Autor auf den Putz, sehr schnell einen Einblick in das „Wesen dieser Weltanschauung“ bekommen und die Sozialdemokratie als eine „Pestilenz“ erkannt, von der die „Menschheit befreit werden müsse.“
Was für Hitler in seinem auf propagandistische Wirkung zielenden „Mein Kampf“-Buch die „Faust des Schicksals“ war, ist NS-Forschern in späteren „Geschichtsbüchern und Filmausschnitten“ zur biographischen Entschlüsselung Hitlers das „rote Tuch der Räte“, das er angeblich auch als Erkennungszeichen getragen haben soll. In den 1960/70-er Jahren brachten christliche Parteipolitiker in ihren Wahlkampf-Reden die altbewährten Faustkeilformeln wieder unter das Volk: „Die Nazis sind, genau genommen, nichts anderes als braun lackierte Sozis gewesen und umgekehrt, die Sozis jetzt im Grunde rot gefärbte Nazis.“
„Rot“ und „Braun“ vermischten sich bei den radikalen „Schwarzen“ zu einem Feindbild, mit dem sie sowohl gegen die regierenden Kommunisten im Osten wie zugleich gegen die Sozialdemokraten im Westen vom Leder zogen! Ihnen war alles „der Iwan“, so wie schon in den Wahlkämpfen Konrad Adenauers, auf die SPD gemünzt, plakatiert wurde: „Alle Wege führen nach Moskau“. Entlang dieser „CDU-Lehre“ argumentierten einst auch Kanzlerkandidat Franz Josef Strauß und sein Adjutant Edmund Stoiber. Von ihren Gegnern oftmals als Nazi-Erben und Faschismus-Demagogen keiften sie zurück und spickten Ende der 1970-er Jahre ihre Wahlreden mit rot-braunen Schreckgespenstern. „Ihr seid die besten Nazis, die es je gegeben hat“, beschimpfte Strauß auf öffentlichen Versammlungen die „linken Störer“. Und diese Botschaft ist heute wieder allgegenwärtig; – siehe die „Alternative für Deutschland“.
Wer sie mit geballter journalistischer Kraft lesen will, dem sind speziell die Online-Debatten der großen Zeitungen und Zeitschriften zu empfehlen. Noch immer ist es bei Jung und Alt populär, links und rechts in einen Topf zu werfen. Die „Gebildeten“ betonen es aus Gewohnheit, dass sich die Extreme „touchieren“. Im Fernsehen plädiert bei jeder sich bietenden Gelegenheit der „Talk-Matador“ Arnulf Baring mit rosaroter Gesichtsfarbe für die ausgebleichten Parolen. Der emeritierte Professor, der sich so Bildschirm-gerecht echauffieren kann, blökt mit Inbrunst seine Lektion über den Sender. Die Nazis waren eine Linkspartei, an ihrer Spitze stand die „Rote Socke“ Hitler.
Für eine Massensuggestion scheint auch der tote Hitler heute noch lebendig genug, selbst wenn er mit einem dreifach konditionalen Stück Stoff aus dem Theaterfundus auf die historische Bühne gestellt wird, doch konkrete Anhaltspunkte, wie sich damals die spezifische Politisierung Hitlers ausformte, sind mehr als dürftig. Disparat ist das Bild insgesamt von dem, was sich in den Köpfen der Soldaten abspielte, die in den Wintermonaten nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg nicht recht wussten, wie es mit ihnen weiterging. Der Gefreite Hitler fiel unter ihnen zunächst nicht groß auf. Im Frühjahr 1919 dann, so ist es in den archivierten Papieren verzeichnet, war er vorübergehend Mitglied eines „Kasernenrats“ und „Vertrauensmann eines Bataillonrats“.
Ab Mai 1919, nach der Niederschlagung der „Räterepublik“ durch die von der Berliner Regierung entsandte „Weiße“ Armee, bestehend aus Reichstruppen und Freikorpsverbänden, verdeutlicht sich allerdings das Bild. Da saß der Soldat Hitler aufseiten der Konterrevolution, konkret: zusammen mit einem Feldwebel und einem Oberleutnant, in einer Untersuchungskommission seines Regiments und fahndete auf Anordnung der reaktionären Münchner Stadtkommandantur nach Soldaten, die bei der „roten Revolution“ mitgemacht hatten. Ohne das offensichtliche Engagement in dieser Richtung wäre er auch wenig später wohl kaum zu einer vom Nachrichtendienst des Heereskommandos organisierten Schulungen abkommandiert worden.
In den „Aufklärungskursen“ ergaben sich vielfältige Kontakte zu Gleichgesinnten, die sich in dem Geflecht von alten und neu gegründeten Organisationen rechtsradikaler Couleur sammelten. Ihre Agitatoren warnten „vor der Gefahr des jüdischen Bolschewismus“, hetzten gegen alles, was „links“ und „demokratisch“ war, und insbesondere gegen „die Juden.“
Auch Hitler schob diesem „Parasitenvolk“ – wie er es ausdrückte – die Schuld an der militärischen Niederlage zu. Sie hätten den politischen Umsturz angezettelt, und überhaupt für die ganze „Schmach des deutschen Vaterlandes“ gesorgt. Für Adolf Hitler stand fest: „Letztes Ziel muss unverrückbar die Entfernung der Juden überhaupt sein.“
Fortsetzung folgt in der nächsten Ausgabe der Israel Nachrichten.
Von Rolf von Ameln
Rolf v. Ameln ist Buchautor, sowie IN-Korrespondent in Deutschland und Spezialist für Themen der Zeitgeschichte. Er schreibt seit 25 Jahren für die Israel-Nachrichten.
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