ZUSAMMENFASSUNG: An diesem strategischen Wendepunkt kann man die Logik der Politik erkennen, welche die Haltung der Netanyahu-Regierung über Gaza während des letzten Jahrzehnts geleitet hat – dass es im Interesse Israels liegt, dass die Hamas die Kontrolle behält, bis die Menschen in Gaza die Terrorgruppe von sich aus beseitigen.
Es ist noch zu früh, um das Potenzial der jüngsten Demonstrationen im Gazastreifen abzuschätzen, um eine scharfe Wendung zu erkennen. Selbst ohne zu wissen, wie sich die Dinge entwickeln könnten ist es offensichtlich, dass das Ausmaß der Demonstrationen und die gewagte Bereitschaft der Zivilisten die Hamas zu konfrontieren, die kumulative Not der Bevölkerung im Gazastreifen anzeigt.
Acht Jahre nach dem ersten Schock des „Arabischen Frühlings“ versteht die Hamas-Regierung in Gaza, dass die potenzielle Bedrohung mit wachsender öffentlicher Wut real werden könnte.
Selbst wenn die Wut der Bewohner des Gazastreifens nicht zu einer unmittelbaren Bedrohung der Hamas-Herrschaft in Gaza führt, zwingt sie die Gruppenführung, den Menschen vor Ort eine sofortige Lösung der Proble, sogar eine symbolische, für die Massenkrise anzubieten.
Aus dieser Perspektive können die jüngsten Ereignisse ein neues Licht auf die verschiedenen Überlegungen werfen, die sich auf die maßvollen militärischen Reaktionen der israelischen Regierung auf Provokationen aus dem Gazastreifen auswirken.
Im vergangenen Jahr musste sich Israel bei der Entscheidung über Maßnahmen in Bezug auf Gaza mit der grundlegenden Frage auseinandersetzen, ob ein Gesamtkrieg gegen das Hamas-Regime in seinem eigenen Interesse liegt.
Die jüngsten Ereignisse haben diesen Überlegungen einen weiteren Aspekt hinzugefügt. Als Verteidigungsminister erklärte Avigdor Lieberman wiederholt, Israel solle sich Zeit lassen, bis sich die Menschen in Gaza gegen die Hamas erhoben haben, die für ihre Nöte verantwortlich ist.
Nun, da wir die ersten Anzeichen von Massenprotesten in der Bevölkerung des Gazastreifen sehen, wendet sich das Dilemma Israels in große Erleichterung: Sollte Israel versuchen, die humanitäre Lage in Gaza zu mildern, indem es weiterhin Geld an die Hamas-Regierung weiterleitet und so dazu beiträgt, ihre Herrschaft dort zu sichern? Oder sollte diese Übertragungen ausgesetzt werden, in der Hoffnung, dass sich die Lage der Bevölkerung zugunsten Israels verändert?
An diesem strategischen Wendepunkt kann man die Logik der Politik erkennen, welche die Herangehensweise der Netanyahu-Regierung in Bezug auf Gaza im letzten Jahrzehnt geleitet hat – dass es im Interesse Israels liegt, dass die Hamas die Kontrolle behält, bis die Gruppe vom eigenen Volk abgelehnt wird.
Die Entscheidung, nicht entschlossen gegen Hamas vorzugehen, die sich im Sommer 2014 in der Operation Protective Edge und in allen wichtigen Entscheidungen der israelischen Regierung im vergangenen Jahr gezeigt hat, beruht offenbar auf einem gezielten strategischen Ansatz.
Anlässlich des 40. Jahrestages der Unterzeichnung des ägyptisch-israelischen Friedensabkommens muss daran erinnert werden, dass der damalige ägyptische Präsident Anwar Sadat politisch klug genug war, den Gazastreifen in die Hände Israels zu legen. Die Last, eine Lösung für das palästinensische Problem in Gaza und im Westjordanland zu finden, mußte somit allein Israel tragen.
Die von Hamas eingeleitete Sperrung zwischen Gaza und Ramallah, wirkt sich ebenfalls zugunsten Israels aus. Im Moment gibt es der Hamas eine Art Immunität, aber langfristig wird es Israel ermöglichen, eine bessere Vereinbarung für die Region zu treffen.
Von Maj. Gen. (res.) Gershon Hacohen (BESA)
Maj. Gen. (res.) Gershon Hacohen ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Begin-Sadat Center for Strategic Studies. Er diente zweiundvierzig Jahre in der IDF und befehligte Truppen in Kämpfen mit Ägypten und Syrien. Früher war er ein Korpskommandant und Kommandeur der IDF Military Colleges.
BESA Center Perspectives Paper No. 1,122, March 25, 2019
Begin-Sadat Center for Strategic Studies
Bar-Ilan University, Ramat Gan, Israel.
Übersetzung: Dr. Dean Grunwald
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