Ein chronologischer Ablauf der politischen Geschehnisse im „Dritten Reich“
Josef Goebbels hatte in strikter Anlehnung an Hitlers „Mein Kampf“ bereits am 11. Januar 1929 zehn „Grundsätze“ zur Behandlung der Judenfrage im nationalsozialistischen Deutschland formuliert, in denen es unter anderem hieß: „1. Man kann den Juden nicht positiv bekämpfen. Er ist ein Negativum und dieses Negativum muss ausradiert werden aus der deutschen Rechnung, oder es wird ewig die Rechnung verderben. 2. Man kann sich mit dem Juden nicht über die Judenfrage auseinandersetzen. Man kann ja doch niemandem nachweisen, dass man das Recht und die Pflicht hebe, ihn unschädlich zu machen. 3. Man darf dem Juden im Kampf nicht die Mittel zubilligen, die man jedem ehrlichen Gegner zubilligt; denn er ist kein ehrlicher Gegner; er wird Großmut und Ritterlichkeit nur dazu ausnutzen, seinen Feind darin zu fangen…5. Die sogenannte religiöse Moral des Juden ist keine Moral, sondern eine Anleitung zum Betrug. Deshalb hat sie auch kein Anrecht auf Schutz und Schirm der Staatsgewalt…10. Man muss zum Antisemitismus ja oder nein sagen. Wer den Juden schont, der versündigt sich am eigenen Volk. Man kann nur Judenknecht oder Judengegner sein. Die Judengegnerschaft ist eine Sache der persönlichen Sauberkeit..!“ (Hier wurden nur die wichtigsten Punkte angeführt. Anm.d.Verf.)
Und am 30. Juli 1938 erklärte er als Reichspropagandaminister: „Der Jude ist unschöpferisch. Er produziert nicht, er handelt nur mit Produkten. Mit Lumpen, Kleidern, Bildern, Edelsteinen, Getreide, Aktien, Kuxen, Völkern und Staaten. Und alles, womit er handelt, hat er irgendwo und irgendwann gestohlen. So lange er gegen einen Staat Sturm läuft, ist er ein Revolutionär, sobald er im Besitz der Macht ist, predigt er Ruhe und Ordnung, um in Gemächlichkeit seinen Raub verzehren zu können..!“
Das Schicksal der im Nazi-Machtbereich lebenden Juden zeigt die Stationen der in „Mein Kampf“ entwickelten „Lehren“, die hier im chronologischen Ablauf wiedergegeben werden: Am 28. März 1933 veröffentlicht die NSDAP einen Aufruf zum Boykott gegen die Juden. Er ist an alle Organisationen der Partei gerichtet und enthält unter anderem folgende Weisungen: „Die Aktionskomitees haben sofort durch Propaganda und Aufklärung den Boykott zu popularisieren.
Grundsatz: Kein guter Deutscher kauft noch bei einem Juden oder lässt sich von ihm und seinen Hintermännern Waren anpreisen. Der Boykott muss ein allgemeiner sein. Er wird vom ganzen Volk getragen und muss das Judentum an seiner empfindlichsten Stelle treffen. Die Aktionskomitees müssen bis in das kleinste Bauerndorf hinein vorgetrieben werden, um besonders auf dem flachen Land die jüdischen Händler zu treffen. Grundsätzlich ist immer zu betonen, dass es sich um eine uns aufgezwungene Abwehrmaßnahme handelt. Der Boykott setzt nicht verzettelt ein, sondern schlagartig. In dem Sinne sind augenblicklich alle Vorarbeiten zu treffen. Es ergehen die Anordnungen an die SA. und SS., um vom Augenblick des Boykotts ab durch Posten die Bevölkerung vor dem Betreten der jüdischen Geschäfte zu warnen. Der Boykottbeginn ist durch Plakatanschlag und durch die Presse, durch Flugblätter usw. bekannt zu geben..!“
Der Aufruf endet mit der Feststellung: „Nationalsozialisten! Samstag, Schlag 10 Uhr, wird das Judentum wissen, wem es den Kampf angesagt hat..!“ 1. April 1933: Boykott gegen jüdische Unternehmen. Uniformierte SA-Männer stellen sich vor die Eingänge jüdischer Geschäfte und lassen die Passanten und kaufwilligen Personen durch Schildertexte demonstrativ wissen, dass „deutsche Volksgenossen“ nicht bei Juden einkaufen sollen.
Wenige Tage später: Erlass des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Es verfügt, dass Beamte „nichtarischer Abstammung“ in den Ruhestand zu versetzen sind, lässt jedoch die Einschränkung zu, dass Beamte, die sich seit dem 1. August 1914 im Staatsdienst befinden, weiterhin ihren Dienst versehen dürfen. Rücksicht wird zunächst auch auf ehemalige Frontsoldaten, Söhne und Väter von Gefallenen des Ersten Weltkrieges genommen. Einschränkung der Berufsausübung treffen zugleich auch die in freien Berufen tätigen Juden, was zunächst jedoch noch nicht so einschneidend wirkt. Von 717 „nichtarischen“ Staatsanwälten und Richtern bleiben 336 in ihren Ämtern, von 4505 Rechtsanwälten 3176 und von den 4500 Kassenärzten 75 Prozent.
Im Berliner Sportpalast erklärt Hitler in einer Rede, die von allen deutschen Radiosendern übertragen wird: „Die große Zeit ist jetzt angebrochen, auf die wir 14 Jahre lang gehofft haben. Deutschland ist nun erwacht. Es ist alles das eingetroffen, was wir in diesen 14 Jahren ahnend und sehend prophezeit hatten, nicht durch ein Geschenk der Umwelt oder die Gnade unserer Gegner, sondern durch unsere eigene Kraft.“
Frühjahr 1933: Die ersten Konzentrationslager werden eingerichtet; – zum Beispiel Dachau und Oranienburg. Das Reichskulturkammer-Gesetz vom 22. September 1933 verbannt die Juden aus dem deutschen Kulturleben. Das Wehrgesetz vom 21. Mai 1935 untersagt Juden den Eintritt in die Wehrmacht. Seit dem Sommer 1935 sind „Juden unerwünscht“ unter anderem in Ortschaften, in öffentlichen Anlagen, in Cafes, Gaststätten und Geschäften, was jeweils durch Hinweisschilder angezeigt wird.
15. September 1935: „Reichsparteitag“ in Nürnberg, Verkündung der „Nürnberger Gesetze“, die Eheschließungen und den Geschlechtsverkehr zwischen „Ariern“ und Juden verbieten – was als „Rassenschande“ bezeichnet und später mit dem Tode bestraft wurde – und den Juden, die keine öffentlichen Ämter mehr bekleiden dürfen, sowohl das passive als auch das aktive Wahlrecht absprechen. Die jüdischen Beamten, die nach dem Gesetz vom 7. April 1933 zunächst noch weiterarbeiten durften, werden jetzt pensioniert. Die jüdischen Beamten, die 1933 in den Ruhestand versetzt worden waren, verlieren die ihnen zustehenden Bezüge, Göring verliest den Text des Reichsflaggengesetzes, des Reichsbürgergesetzes und des Gesetzes zum „Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“, in dem es unter anderem heißt: „Juden ist das Hissen der Reichs- und Nationalflagge und das Zeigen der Reichsfarben verboten. Dagegen ist ihnen das Zeigen der jüdischen Farben gestattet. Die Ausübung dieser Befugnis steht unter staatlichem Schutz. Für die Zeit der Olympischen Spiele im Sommer 1936 werden die Hinweisschilder <Juden unerwünscht> entfernt.
Förderung der Auswanderung jüdischer Deutscher, von denen bis Frühjahr 1933 rund 250.000 zum größten Teil unter Zurücklassung des Vermögens das Reich verlassen..!“ Das anfänglich und auch nach dem Erlass der „Nürnberger Gesetze“ mit Rücksicht auf negative Reaktionen im internationalen Rahmen noch geduldete Engagement von Juden in der Wirtschaft findet ein Ende durch die Verordnung gegen die „Tarnung jüdischer Gewerbebetriebe“ vom 22. April 1938.
17. April 1938: Alle Juden müssen den boshaft glossierten Namen „Israel“ – ursprünglich: „Der für den Allmächtigen kämpft“ – und alle Jüdinnen den ebenso herabgewürdigten Namen „Sarah“ – „Fürstin und Urmutter“ – führen. 30. September 1938: Die Approbation der jüdischen Ärzte erlischt. Ende Oktober 1938: Die SS schafft Tausende polnische Juden, die zwischen 1918 und 1933 eingewandert waren, an die polnische Grenze, um sie nach Polen „abzuschieben“. Da die polnische Regierung an der Übernahme der Juden nicht interessiert ist, müssen die Juden im Niemandsland kampieren.
9. November 1938: „Kristallnacht“, Zerstörung der Synagogen und jüdischen Geschäfte. Bis zu 40.000 jüdische Männer werden in Konzentrationslager gebracht. Die Juden haben eine „Buße“ von einer Milliarde Reichsmark (!) zu entrichten. Die jüdischen Unternehmen werden „arisiert“, Juden dürfen nicht mehr an Kulturveranstaltungen teilnehmen. 15. November 1938: Jüdische Kinder dürfen nur noch jüdische Schulen besuchen. 30. November 1938: Jüdischen Rechtsanwälten wird untersagt, weiterhin zu praktizieren. 30. Januar 1939: Hitler erklärt im Reichstag: „Ich will heute wieder ein Prophet sein: Wenn es dem internationalen Finanzjudentum in und außerhalb Europas gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, dann wird das Ergebnis nicht die Bolschewisierung der Erde und damit der Sieg des Judentums sein, sondern die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa..!“
23. September 1939: Alle Juden müssen ihre Rundfunkempfänger abgeben. 6. Februar 1940: Kleiderkarten zum Kauf von Bekleidungsstücken werden an Juden nicht mehr ausgegeben. 31. Juli 1941: Göring beauftragt den SS-Gruppenführer Heydrich mit der Vorbereitung der „Endlösung der Judenfrage“. Heydrich erklärt, dass die Grenzen für Juden gesperrt seien und verkündet die „Endlösung“ für rund 11 Millionen Juden in Europa; – einschließlich der russischen und englischen Juden. Mit dem Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion und der erheblichen Ausweitung des besetzten Territoriums Beginn der biologischen Vernichtung der Juden, die grundsätzlich als „minderwertig“ eingestuft werden und bezeichnenderweise zum Teil mit dem Schädlingsbekämpfungsmittel Zyklon-B „vernichtet“ werden. Differenzierung der „Vernichtung“ auf dreifache Weise: 1. durch Erschöpfung infolge von Zwangsarbeit mit sehr geringen Lebensmittelzuteilungen, 2. durch Ermordung mit Gas und 3. durch die Einsatzgruppen in Russland.
1. September 1941: Alle Juden, die das 6. Lebensjahr erreicht haben, müssen ab 15. September den gelben „Judenstern“ mit der Aufschrift „Jude“ tragen. Herbst 1941: Beginn der Juden-Transporte in das KZ Theresienstadt. 10. Oktober 1941: Juden, die ihre Wohnungen verlassen oder Verkehrsmittel benutzen wollen, benötigen eine besondere Erlaubnis. 25. November 1941: Das Vermögen ausgewanderter Juden geht in Reichsbesitz über.
20. Januar 1942: Wannseekonferenz. Ministerialbesprechung über die „Endlösung der Judenfrage“. 1. März 1942: Organisation des Alfred Rosenberg-Einsatzstabes, dem unter anderem die Beschlagnahme jüdischer Kulturgüter obliegt. 14. April 1942: Jüdische Wohnungen müssen durch den „Judenstern“ gekennzeichnet werden. 15. April 1942: Den Juden wird verboten, Katzen, Hunde, Vögel und andere Haustiere zu halten. 24. April 1942: Den Juden wird verboten, Verkehrsmittel zu benutzen. 9. Juni 1942: Juden müssen „alle entbehrlichen“ Kleidungsstücke abliefern.
19. Juni 1942: Namhafte deutsche Juden werden nach Osten deportiert. 1. Juli 1942: Jüdische Kinder dürfen auch in jüdischen Schulen nicht mehr unterrichtet werden. 18. September 1942: Juden, Sicherungsverwahrte, Zigeuner, Russen, Ukrainer usw., werden zur „Vernichtung durch Arbeit“ an den Reichsführer SS ausgeliefert. Herbst 1942: Erschießung jüdischer Geiseln in Berlin. Dezember 1942: „Brunner-Aktion“ in Berlin; Intensivierung der Massendeportationen.
27. Februar 1943: Juden werden im Rahmen einer sogenannten „Fabrik-Aktion“ an ihren Arbeitsstellen verhaftet. 10. Juni 1943: Die Reichsvereinigung der Juden, die letzte jüdische Organisation im Deutschen Reich, wird aufgelöst. 1. Juli 1943: Strafbare Handlungen von Juden ahndet fortan die Polizei.
Herbst 1944: Infolge von einer Weisung von Heinrich Himmler an die SS-Obergruppenführer Kaltenbrunner und Pohl werden die Vernichtungsaktionen eingestellt. Die inhaftierten Juden werden in den „totalen“ Kriegseinsatz einbezogen. Außerdem hofft Himmler – vermutlich -, sich dadurch persönlich „entlasten“ zu können. Es folgt die Evakuierung von Häftlingen wegen des Vormarsches der Alliierten, und der Tod zahlreicher Häftlinge durch Hunger, Überanstrengung und der „Todesmärsche“.
Dieses begangene Verbrechen und Unrecht am jüdischen Volk kann man bis in die ferne Zukunft nicht durch Gedenkveranstaltungen, Denkmäler und besonders mit Geld nicht sühnen.
Zur Erinnerung sei angeführt: Auschwitz ist der größte Friedhof der Welt; – nur: Man findet dort kein einziges Grab..!
Von Rolf von Ameln
Rolf v. Ameln ist Buchautor, sowie IN-Korrespondent in Deutschland und Spezialist für Themen der Zeitgeschichte. Er schreibt seit 25 Jahren für die Israel-Nachrichten.
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