Die „Hamburger Zeitung“, das ehemalige „Hamburger Fremdenblatt“, nunmehr angeschlossen der „Kriegsarbeitsgemeinschaft der Zeitungen“ titelt an diesem Tag: Sowjetkrieg mit Bulgarien, Hintergründe des Gewaltaktes und ergeht sich mit Schmähungen gegen die russische Führung. Interessanter ist jedoch ein Artikel mit dem Titel „Angst vor dem Frieden“:Der Feind hat in Ost und West große Erfolge erzielt. Er nähert sich jenen Verteidigungslinien, von denen wir wissen, dass wir sie halten müssen. Man sollte annehmen, dass nun bei ihm alles erfüllt sei von Jubel und Siegesgeschrei. Soweit es sich um seine offizielle Agitation handelt, um den Rundfunk und die großen Massenblätter, trifft dies auch zu.
Gänzlich anders aber reagieren in England die politischen Führungszeitschriften und die Zeitungen der herrschenden Oberschicht, die plötzlich vor der Notwendigkeit stehen, alle offenen Fragen auf einmal besprechen zu müssen. Mit Staunen stellen wir fest: der Feind hat Angst vor seinem Sieg, von dem er behauptet, ihn schon in der Tasche zu haben! Im Augenblick, da Churchill verspricht, die Soldaten seien Weihnachten wieder zu Hause, ist die Stimmung auf der Insel schlechter denn je. Neutrale Beobachter in England sagen, es grenze ans Merkwürdige, in Kreisen der City Besorgnisse zu finden, die jene des Jahres 1940 noch überträfen.
Fünf schwere Kriegsjahre hindurch hätten die Briten Ruhe und Kaltblütigkeit bewiesen, jetzt aber würden sie unruhig in Erwartung des Kommenden. Wir haben an dieser Stelle oft darüber geschrieben, dass zum Kriegführen auch ein Kriegsziel gehöre. Wir Deutsche haben das natürlichste von der Welt: die Erhaltung unseres Lebens. Es gibt nichts Positiveres. Wo aber ist ein positives Ziel der Briten? Sie haben den Krieg erklärt, um unsere berechtigten Ansprüche zu unterbinden, um uns nieder zu halten, ja um uns zu vernichten. Sicherlich ist es möglich, durch die Aufwiegelung aller Hassinstinkte und durch den Appell an die Angst ein Volk vorübergehend auch auf negative Parolen zu einigen.
Zum Kriegführen genügt es, wenn Churchill sagt, die Deutschen seien Mörder, wir müssen sie töten. Nicht aber für den Frieden! Wirklicher Frieden, der nicht nur auf dem Papier, sondern auch in den Völkern verankert ist, heißt Ordnung. Wo ist die Ordnung, die England Europa zu geben vermag? Man braucht nur die britischen Zeitungen zu lesen, um zu wissen, dass dieses Land nicht einmal für sich selbst eine tragfähige Grundlage besitzt. Die Insel steht vor schwersten sozialen Erschütterungen. Wenn das Kriegsende den von der Regierung diktierten Burgfrieden der Parteien aufhebt, entbrennt ein politischer Kampf, dessen radikale Schärfe schon jetzt täglich mehr zum Ausdruck kommt.
Der Krieg, die zwangsläufige Beschäftigung mit den politischen Ansichten Deutschlands einerseits und dem marxistischen Programm des sowjetischen Bundesgenossen andererseits, hat England für jede Entwicklung reif gemacht, die die übrigen europäischen Völker im Verlauf der letzten hundert Jahre längst hinter sich gebracht haben. Die Kraft der Traditionen ist verblasst, die Macht des Empire geschmälert wie noch nie in seiner Geschichte. Wie sollten da die Massen kritiklos bleiben? Die Fülle der sozialen Gegensätze, die Unzahl ungelöster Probleme, die Auseinandersetzungen mit dem Spaltpilz der Moskauer Ideen, das alles hat der Krieg bisher gnädig verdeckt.
Alle lästigen Mahner, alle Fragen nach der Zukunft wurden mundtot gemacht mit dem Hinweis auf den Krieg. „Schlagt Deutschland! Befreit Europa!“ Das ist die staatsmännische Weisheit eines Churchill. Wollte man den britischen Prognosen glauben, dann wäre es morgen so weit! Was aber kommt dann? Wir haben an dieser Stelle schon einmal auf ein Wort des im Kerker siech gewordenen Faschistenführers Mosley hingewiesen, der uns bei einem Londoner Besuch im Jahre 1939 sagte, England müsse erst einen neuen Krieg erleben, um seine Ideen aufnehmen zu können. Es spiele keine Rolle, ob es ihn gewönne oder verliere, wenn es ihn durchgemacht habe, werde es für alles Neue reif sein. Das prophetische Wort hat sich bewahrheitet.
Gleichgültig, ob es die Ideen Mosleys sein werden, der heute als Internierter ein Schattendasein führt, oder ob der Kommunismus seinen Einzug hält, das Vorkriegsengland ist tot, das England der Lords und Milliardäre ist zu Ende! Die inneren Sogen Großbritanniens sind schwer genug, um seine Angst vor dem Frieden verständlich zu machen. Allein, sie werden überschattet von der furchtbaren Ahnung, dass das von Hitler befreite Europa eine Welt des Chaos sein wird. Wie viele Jahre ist es eigentlich her, dass sich die Franzosen und Holländer, die Belgier und die Norweger oder die Polen und die Tschechen einbildeten, wenn England siegt, dann ist alles so wie vorher?
Das Jahr 1939 wieder herzustellen, die Uhr der Geschichte zurück zu drehen, das war ihr Ziel und ihre Hoffnung. Sie brauchten dazu nur eine Voraussetzung: den britischen Sieg. Und nun, da die Engländer sagen er läge vor ihnen und sie hätten ihn spätestens Weihnachten nach Hause gebracht, sieht alles ganz, ganz anders aus. Längst hat der Krieg seine Fesseln gesprengt. Wie ein reißender Strom, der sein Bett verlassen hat, wälzt er sich über Europa dahin. Inmitten seiner gierigen Brandung liegt Deutschland, die letzte Ordnungsmacht. Was wird sein, wenn es die Wogen überspülen?Es gehört keine Prophetie dazu, um diese Frage zu beantworten. Der Kampf aller gegen alle hat auf der ganzen Linie begonnen.
Auf dem Balkan brauchte es nach einer deutschen Niederlage nur 24 Stunden, um Titos bluttriefendes Banditenregiment aufzurichten. Schon walzen die roten Heere den fruchtbaren Boden Rumäniens nieder, schon versucht der Kreml mit Fallschirmagenten und eingeschuggelten kommunistischen Spitzeln die Saat des Bürgerkrieges in Ungarn, Bulgarien und der Slowakei auszustreuen. Griechenland ist eine hilflose Beute seiner Räuber-Organisationen, wenn es der deutsche Soldat verlässt. In ganz Südost-Europa loht die Flamme des Aufruhrs und des Bürgerkrieges empor, wenn der Schutz unserer Waffen zerbricht. Was mit Finnland geschehen würde, was mit den baltischen Staaten, wissen die davon betroffenen Völker am besten.
Verzweifelt ringen sie um ihre Existenz, Die von Moskau und London verratenen polnischen Aufständischen sind ein Beispiel für für das entsetzliche Schlachten, das beginne, wenn der englische Frieden ausbrechen würde. In Frankreich tobt bereits der Bürgerkrieg. Wo sich unsere Truppen zurückziehen mussten, sind die Anhänger Petains vogelfrei. Bedenkt man, dass es noch nicht lange her ist, dass die Mehrheit der französischen Bevölkerung, insbesondere seines Bürgertums, den Erneuerungs-Parolen des Marschalls Folge leistete, so mag man ermessen, dass die Trennungslinie mitten durch das Herz dieses den Stürmen der Zeit nicht gewachsenen Landes hindurchgeht.
Das Signal zum Bruderkrieg war gegeben, als ein Kriegsbericht de Gaulles den ehemaligen Innenminister Vichys, Pierre Pucheu, zum Tode verurteilte und auf Moskauer Befehl erschießen ließ. In Belgien, Holland und Dänemark wechseln Terror und Gegenterror. Auch hier ist es allein die deutsche Autorität, welche den offenen Ausbruch des Bürgerkrieges zwischen den Anhängern der Erneuerungs-Bewegungen und ihren marxistischen Gegnern verhindert. In Italien herrscht der rote Mob. Der einzige mit Charakter ausgestattete Minister des Volksfrontkabinetts Bonomi, der aus der Emigration nach Italien zurückgekehrte Benedetto Croce, hat das Kerenski-Kabinett unter Protest verlassen, weil er die Zerfleischung seines Vaterlandes nicht mit ansehen konnte.
In Norditalien kämpfen faschistische Freiwillige gegen rote Freischärler. Bürgerkrieg ist die Parole, wohin man auch den Fuß in Europa wenden mag. Spanier und Portugiesen verfolgen angespannt die Entwicklung. Fällt Deutschland, fallen auch Franco und Salazar.Wer die Verhältnisse auf der iberischen Halbinsel kennt, weiß, was das bedeutet. Nimmt man den beiden sozial zerklüfteten Staaten ihre einzige Autorität, beginnt der spanische Bürgerkrieg da wieder, wo er 1939 aufgehört hat und werden in Portugal jene Zustände wieder wach, die der Diktator Salazar mit drastischen Mitteln unterdrückt hat. Jahre hindurch hat Englands Schlagwort von der Befreiung Europas in den Völkern Widerhall gefunden.
Es war das Allheilmittel gegen alle Ängste und Sorgen. Nun, da die Befreier im Anmarsch sind, graust es ihnen selbst vor den Geistern, die sie riefen. In Paris toben die Straßenkämpfe nicht mehr gegen die deutschen Truppen, sondern zwischen den verschiedenen Richtungen der Widerstandsbewegung. Auf dem Balkan zerfleischen die Partisanen Titos jene Mihailowitschs. Während eines nationalistischen Dankgottesdienstes in Notre Dame schossen die Kommunisten mit Maschinengewehren in die menschenvolle Kathedrale. Überall in Europa sind die Bolschewisten und das Untermenschentum bewaffnet. Britische Flugzeuge werfen Waffen ab, von denen niemand mehr weiß, in welche Hände sie gelangen.
Der rote Terror löst den weißen aus. In Rumänien kämpfen nationalistische Verbände des Heeres gegen die Verrätergruppen. In der Slowakei bewaffnen sich die Bauern, um den von sowjetischen Fallschirmagenten mobilisierten Pöbel der Städte zu Paaren zu treiben. In Bulgarien ist es nicht anders. Das Fieber hat den Kontinent befallen und die Befreiung wird zur Vernichtung. Die nationalen Kräfte aller Staaten schauen auf Deutschland. Es ist der letzte Hort der Ordnung, der letzte Schutz davor, dass das Grauen des dreißigjährigen Krieges wiederkehrt.Alles steht auf des Messers Schneide. Versinkt Deutschland, versinkt die abendländische Welt. Die vermeintlichen Sieger sagen es selbst. Sie fürchten sich vor ihrem Sieg, der ihnen das Chaos entwinden würde, bevor sie ihn noch ganz errungen hätten.
Auch s o konnte die Nazi-Presse die Niederlage an allen Fronten den Lesern schmackhaft machen. Der Krieg war längst schon verloren; – doch der Mord an den Juden fand dennoch kein Ende.
Von Rolf von Ameln
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