ZUSAMMENFASSUNG: Der Niedergang des politischen Zentrismus in Deutschland weist erhebliche Veränderungen auf, nicht nur für das Land selbst, sondern auch für andere Länder. Während die rechtsgerichtete Partei „Alternative für Deutschland (AfD)“ noch weit davon entfernt ist, die deutsche Wählerschaft zu dominieren, wird ihre wachsende öffentliche Unterstützung dazu führen, dass die Partei von Bundeskanzlerin Angela Merkel die derzeit an der Macht ist, letztlich im Vergleich zu ihrer eher linken Politik nach rechts agiert. Da sich der deutsche politische Diskurs aufgrund der komplizierten Verstrickung Berlins in den Nahost-Konflikt auch um regionale Fragen des Nahen Ostens konzentriert, wird die politische Entwicklung des Landes wahrscheinlich einen großen Einfluss auf die Zukunft dieser Region haben.
Im Zuge der bayerischen Landtagswahl, die für den deutschen Zentralblock immense Verluste mit sich brachte, hatte Kanzlerin Angela Merkel ihren Rücktritt als Parteivorsitzende der CDU für das Jahr 2021 angekündigt, was den Abschluss einer einzigartigen Ära der konservativen Parteien in Deutschland markiert. Der schnelle Aufstieg der rechten Partei die Alternative für Deutschland (AfD), gepaart mit dem Niedergang von linken Parteien wie der Sozialdemokratischen Partei (SPD), hat zu einer stark gespaltenen politischen Atmosphäre in Deutschland geführt. Die von der Zentristischen Christlichsozialen Union (CSU) in Bayern und der Christlich Demokratischen Union (CDU) auf nationaler Ebene geschaffene Gemeinsamkeit, wurde weitgehend zugunsten einer „der Gewinner kriegt alles“ -Mentalität aufgegeben.
Migration
In den letzten Jahren hat Angela Merkel eine umstrittene Politik der offenen Grenze befürwortet, die den Zugang einer großen Anzahl von Migranten nach Deutschland erlaubt. Diese Politik hat zu einer Spaltung in der deutschen Politik geführt und wurde als Hauptgrund für das schlechte Wahlergebnis von Merkels CDU und der linken Parteien wie der SPD, sowie für den zweistelligen prozentualen Anstieg der Unterstützung von AfD-Kandidaten angesehen.
Sieben AfD-Parlamentarier waren kürzlich nach Syrien gereist und haben den vom Krieg zerrissenen Staat für sicher erklärt. Sie kommen zu dem Schluss, dass die in Deutschland lebenden Flüchtlinge nach Hause zurückkehren sollten. Dies wäre gefährlich, da eine Massenrückführung syrischer Flüchtlinge fast sicher eine Reaktion des Regimes von Bashar Assad auslösen würde, der äußerst gewalttätige Taktiken – einschließlich chemischer Angriffe – gegen Zivilisten eingesetzt hat und dies möglicherweise erneut tun wird. Aus humanitärer Sicht wäre eine „schickt-sie nach-Hause“-Ideologie die von der Spitze der deutschen Führung übernommen wird, sehr beunruhigend.
Das Iran-Atomabkommen (JCPOA)
In Bezug auf den Iran war Merkel seit jeher ein überzeugter Befürworter des Atomabkommens der JCPOA, wobei Deutschland zu seiner Unterzeichnung während der Obama-Ära beigetragen hat. Während diese liberale Haltung unweigerlich unter linker Führung fortbestehen würde, unterstützt die AfD nach wie vor Trumps Rückzug von der Vereinbarung und möchte dies auch zukünftig tun.
Mit Teheran unterhielt Merkel auch relativ feste wirtschaftliche Beziehungen, die sie auch nach den ersten Sanktionen von Washington am 7. August weiter zu fördern suchte. Deutsche Unternehmen haben zusammen mit der deutschen Regierung, ein gemeinsames Interesse von mehr als drei Milliarden Euro in die Wirtschaft des Iran. Deutsche Unternehmen die im Iran tätig sind, wollen deshalb inländische Anreize setzen, um die Beziehungen zwischen den beiden Staaten zu fördern. Trotz der Aussicht auf einen erheblichen wirtschaftlichen Verlust, wird sich Berlin in den kommenden Konjunkturzyklen weitgehend vom iranischen Markt entfernen – ein bedeutender Punkt für beide Länder, da Teheran weiterhin im Außenhandel schwankt. Da Deutschland als De-facto-Führer der EU fungiert (die zusammen jährlich ein Handelsvolumen von über 10 Milliarden Euro haben) und als zweitgrößter Handelspartner des Iran fungiert, könnten die Auswirkungen auf die Islamische Republik immens sein.
Israel
Die AfD und der aufstrebende rechte Flügel der deutschen Politik haben Israel weitgehend unterstützt, sich gegen solche Bewegungen wie den BDS gestellt und erweiterte Beziehungen zwischen beiden Ländern befürwortet. Trotz scheinbarer Gemeinsamkeiten zwischen Israel und der AfD, würde die antisemitische Geschichte der Partei wahrscheinlich sowohl wirtschaftlich als auch diplomatisch einer robusten AFD-israelischen Partnerschaft entgegenstehen. Ein Anführer der Partei, Alex Gauland, nannte den Holocaust auf einer Veranstaltung der Partei-Jugend einen „Vogelschiss“ im Vergleich zu der gesamten deutschen Geschichte. In einer gesonderten Rede betonte Gauland die Bedeutung einer Beziehung zu Israel, was einen Widerspruch innerhalb der AfD verdeutlicht.
Andere Parteimitglieder wurden neben Nazi-Propaganda und anderen obszönen antisemitischen Bildern fotografiert. Und während die Parteiführer darauf geachtet haben, solche Demonstrationen zu verurteilen, wurde die Partei vom israelischen Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff und prominenten jüdischen Führern wie Ronald Lauder, der die Partei als „abscheulich“ bezeichnete, scharf verurteilt. Führende israelische und jüdische Gruppen weltweit – sowie Mitglieder des eigenen diplomatischen Korps – machen eine offizielle Beziehung zu einer AfD-Regierung unwahrscheinlich. Benjamin Netanyahu unterhielt eine enge diplomatische Beziehung zu Merkel, die 2008 als erster deutscher Kanzler in der Knesset sprach. Israel wäre gut beraten, sich von der AfD fernzuhalten.
Da der rechte Flügel seinen kometenhaften Aufstieg in den Reihen der deutschen Politik fortsetzt und die zähen zentristischen und linken Blöcke zersplittern, wird die wichtigste Folge des Rücktritts von Merkel mit Sicherheit eine weitaus stärkere Annäherung an die Politik des „Hände weg“ vom Nahen Osten sein, wie sie vom rechten Flügel ideologiesiert wird. Und während eine AfD-Führung nicht unmittelbar bevorsteht, liegt sie auch nicht in weiter Ferne und die Umfragen deuten darauf hin, dass die SPD bei Wahlen auf die untersten Plätze sinken wird.
Von Noah Phillips (BESA)
Noah Phillips ist ein Kolumnist, der über Angelegenheiten im Zusammenhang mit Israel und dem Nahen Osten schreibt.
BESA Center Perspectives Paper No. 1,024, December 3, 2018
Begin-Sadat Center for Strategic Studies
Bar-Ilan University, Ramat Gan, Israel.
Übersetzung: Dr. Dean Grunwald
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