ZUSAMMENFASSUNG: Ein möglicher Waffenstillstand zwischen Israel und Hamas, der islamistischen Gruppe die den Gazastreifen kontrolliert, könnte mehr als nur die Beendigung der fortschreitenden eskalierenden Gewalt bedeuten, die einen weiteren Gaza-Krieg auszulösen droht. Es könnte auch ein Versuch sein, den Weg für die Rückkehr von Muhammad Dahlan als Nachfolger von PA-Präsident Mahmoud Abbas zu ebnen.
Die von den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützten Bemühungen Ägyptens und der Vereinten Nationen, ein Abkommen zwischen Israel und der Hamas zu verhandeln, mit dem Erzfeind Katar im Hintergrund, verhindern nicht nur monatelange wöchentliche Proteste entlang der Trennlinie zwischen Gaza und Israel und wiederholten Raketen- und Brandangriffe mit Feuerdrachen auf Israel, die israelische Militärschläge provozieren. Sie stellen auch eine weitere Runde in einem von Israel unterstützten Versuch dar, die Hamas politisch, wirtschaftlich und militärisch zu schwächen und den Weg für die mögliche Rückkehr des ehemaligen palästinensischen Sicherheitschefs Muhammad Dahlan aus Abu Dhabi, als Nachfolger des maroden PA-Präsidenten Mahmud Abbas zu ebnen.
Ironischerweise sind israelische Gespräche mit Vertretern von Katar, die die Hamas seit langem unterstützen, eine Anerkennung der Nützlichkeit der seit langem bestehenden Beziehungen Katars zu Islamisten und Militanten. Es sind Beziehungen, die von den VAE, Saudi-Arabien, Ägypten und Bahrain als Grund für ihren 15-monate alten diplomatischen und wirtschaftlichen Boykott des Golfstaates genannt werden.
Israel und Ägypten haben vereinbart, dass Katar die Gehälter von Zehntausenden von Regierungsangestellten in Gaza zahlen wird. Abbas hat sich geweigert, diese Gehälter im Rahmen eines von den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien geleisteten Einsatzes zu zahlen, um die Kontrolle der Hamas über den Gazastreifen zu untergraben und der PA eine Schlüsselrolle bei ihrer Verwaltung zu geben. Darüber hinaus reduzierte Israel als Reaktion auf Abbas Forderung die Stromversorgung und liefert Gaza nur drei bis vier Stunden Strom am Tag.
Katar verhandelt auch über die Rückkehr von zwei gefangenen israelischen Staatsangehörigen durch die Hamas sowie über die sterblichen Überreste von zwei israelischen Soldaten, die im Gaza-Krieg 2014 getötet wurden.
Abbas Wirtschaftskrieg ist die jüngste Verschärfung in einem mehr als zehn Jahre dauernden israelisch-ägyptischen Versuch, Gaza wirtschaftlich zu strangulieren. In den Schritten zur Aushandlung eines langfristigen Waffenstillstandsabkommens zwischen Israel und der Hamas, sind Vorschläge für bedeutende Schritte zur Lockerung der Blockade enthalten.
In einer Erklärung auf Facebook sagte der israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman, Israels Ziel sei es „die Hamas-Terrorgruppe von der Macht zu entfernen oder sie zu zwingen, ihren Ansatz zu ändern, d.h. das Existenzrecht Israels anzuerkennen und das Prinzip des Wiederaufbaus gegen Entmilitarisierung zu akzeptieren.“
Lieberman sagte, er wolle dies erreichen, indem er „Bedingungen schafft, unter denen der durchschnittliche Bewohner von Gaza Schritte unternehmen wird, um das Hamas-Regime durch eine pragmatischere Regierung zu ersetzen“, anstatt durch militärische Gewalt.
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In einer Reihe von Interviews betonte der katarische Botschafter in den palästinensischen Gebieten, Muhammad Emadi, dass „es sehr schwierig ist, den Wiederaufbau von Gaza im Falle eines weiteren zerstörerischen Krieges zu finanzieren.“ Er sagte, er habe „über einen höchstens 5 bis 10-jährigen Waffenstillstand mit der Hamas diskutiert.“
Wie die Hamas lehnte Abbas die Vermittlung der USA ab, nachdem Präsident Trump Anfang dieses Jahres Jerusalem als israelische Hauptstadt anerkannt hatte.
Der US-Präsident schreckte Israelis und Palästinenser letzte Woche mit der Aussage auf, dass Israel einen „höheren Preis“ für seine Anerkennung Jerusalems zahlen würde und dass die Palästinenser im Gegenzug „etwas sehr Gutes“ bekommen würden, weil sie an der Reihe sind. Trump gab keinen Hinweis darauf was er damit meinte.
Die Bemühungen, einen dauerhaften Waffenstillstand auszuhandeln, sind die letzte Runde in einem bislang gescheiterten Versuch der VAE und Ägyptens, Dahlan als Teil einer Versöhnung zwischen der Hamas und Abbas Fatah-Bewegung zurückzuholen. Dahlan wird oft von UAE Kronprinz Muhammad bin Zayed als Abbas Nachfolger angeboten.
US-Präsident George W. Bush beschrieb Dahlan im Jahr 2007 während eines internen palästinensischen Machtkampfes als „unseren Mann“. Dahlan soll eng mit Lieberman verbunden sein.
Seit Ende März unterstützt die Hamas wöchentliche Massenproteste der Bewohner von Gaza, die das „Rückkehrrecht“ nach Israel fordern, dass sie oder ihre Familienvorgänger für die Schaffung des jüdischen Staates im Jahr 1948 und während des Nahostkrieges von 1967 verloren haben. Hamas-Führer Ismail Haniyeh sagte kürzlich, dass „dank dieser Demonstrationen und des Widerstands“ ein Ende der seit zehn Jahren andauernden Blockade Gazas durch Israel in Sichtweite ist.
Bei Israels Reaktion auf die Proteste wurden rund 170 Palästinenser von israelischen Streitkräften getötet und Tausende weitere verletzt. Die IDF hat verhindert, dass die Gazaner den Grenzzaun mit Israel durchbrechen, ein Ziel, das ausdrücklich von der Hamas gefördert wurde.
Abbas könnte sich als der Verlierer erweisen, da Israel und die Hamas auf eine Waffenstillstandsvereinbarung zusteuern, die Dahlan letztlich eine Rolle bei der Verwaltung des Gazastreifens geben könnte.
„Gaza ist zu einem De-facto-Staat geworden, da es ein festes Gebiet mit einer zentralen Körperschaft umfasst welche die Bevölkerung regiert, eine Armee hat und Außenpolitik betreibt“, sagte Giora Eiland, ehemaliger Leiter des Nationalen Sicherheitsrat Israels. „So müssen die Länder in gewisser Weise pragmatisch sein und mit der Hamas verhandeln. Israels Hauptinteresse gilt der Sicherheit – einer Zeit völliger Ruhe in Gaza – und es ist bereit, das Notwendige zu tun, um dies zu erreichen.“
Eiland fuhr fort: „Bis vor kurzem bestand Kairo darauf, dass Abbas die Kontrolle über Gaza zurückerhält, was die Hamas nicht akzeptieren würde, insbesondere die Forderung nach Abrüstung. Jetzt weiß Ägypten, dass dies nicht realistisch ist und fordert nur, dass die Hamas [die Mitgliedsorganisation des Islamischen Staates] im Sinai davon abhält, Waffen zu schmuggeln. Die einzige Partei, die mit dieser Vereinbarung unzufrieden ist, ist Abbas, der übergangen wurde. Aber das ist sein Problem.“
Ein Hamas-Israel-Waffenstillstand und die mögliche Rückkehr von Dahlan sind wahrscheinlich nur die ersten Schritte in einer von den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägyptern und Israel unterstützten Strategie zur Entwicklung einer palästinensischen Führung, die für ein Ende des israelisch-palästinensischen Konflikts besser geeignet ist.
Ob Trumps Bemerkung, dass Israel für seine Anerkennung Jerusalems einen Preis zahlen müsste, ein Schuss aus der Hüfte oder ein Teil einer breiteren Strategie ist, ist schwer zu erkennen. Das Weiße Haus hat seitdem versucht, seine Bemerkungen zurückzunehmen.
Da darüber noch nicht entschieden ist, wurden Israelis, Palästinenser und ihre regionalen Verbündeten in Alarmbereitschaft versetzt, während sie versuchen, sich ihren Platz in den Bemühungen um eine Neugestaltung der politischen Landschaft zu sichern.
Von Dr. James M. Dorsey (BESA)
Dr. James M. Dorsey, ein nicht ansässiger Senior Associate am BESA Center, ist Senior Fellow an der S. Rajaratnam School of International Studies an der Singapore Nanyang Technological University und Co-Direktor des Instituts für Fankultur der Universität Würzburg.
BESA Center Perspectives Paper No. 937, September 2, 2018
Begin-Sadat Center for Strategic Studies
Bar-Ilan University, Israel.
Übersetzung: Dr. Dean Grunwald
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