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Der Antisemitismus in Frankreich hat sich „von den Straßen in die Häuser“ verlagert

„Was früher Angriffe auf Gebäude oder Beleidigungen auf der Straße waren, hat sich zu den gewalttätigsten Taten entwickelt“, sagte CRIF-Chef Francis Kalifat.

CRIF-Chef Francis Kalifat (Screenshot)

Der Antisemitismus in Frankreich habe sich „von den Straßen direkt in die Häuser der Juden bewegt“, sagte der Leiter der 465.000 Einwohner zählenden jüdischen Gemeinde Frankreichs am Mittwoch dem Algemeiner.

„Die Juden in Frankreich fühlen sich in ihren eigenen Häusern bedroht“, sagte Francis Kalifat, der Präsident des französischen jüdischen Gemeindeverbandes CRIF, während einer Diskussion über den Antisemitismus, der im vergangenen Jahrzehnt zu mehreren Todesfällen und Verletzungen bei französischen Juden geführt hat.

Kalifat unterstrich, dass „was früher Angriffe auf Gebäude oder Beleidigungen auf der Straße war, hat sich zu den gewalttätigsten Handlungen entwickelt.“

In den letzten achtzehn Monaten wurden zwei ältere jüdische Witwen in Paris – Sarah Halimi im April 2017 und Mireille Knoll im März 2018 – in brutalen antisemitischen Angriffen ermordet und mehrere gewalttätige Überfälle auf jüdische Häuser von überwiegend muslimischen Jugendlichen fanden statt.

Wie Kalifat anerkennt, ist das Problem leider nicht neu – obwohl sich das Muster der jüdischen Antwort verändert.

„Interne“ Einwanderung und Israel

Nach dem, was Kalifat 2012/13 „den Anstieg“ antisemitischer Gewalt nannte – ein Jahr, in dem während eines Terroranschlags auf eine jüdische Schule in Toulouse ein Rabbiner und drei Kinder ermordet wurden – kletterte die französische Aliyah nach Israel steil nach oben. Allein im Jahr 2015 wanderten 8.000 Juden nach Israel aus. Dieser Trend hat sich jetzt verlangsamt und wird überschattet von dem, was einige eine „interne Aliyah“ nennen, sagte Kalifat.

„Wir sehen ein neues Phänomen, bei dem Juden die Viertel verlassen in denen sie geboren und aufgewachsen sind“, sagte Kalifat. „Es passiert in Paris, in Marseille, in Lyon, in Toulouse und in anderen Städten. Sie ziehen in Viertel, die jüdischer sind.“

Diese Bevölkerungsbewegung sei die Konsequenz des „täglichen Antisemitismus“, erklärte Kalifat. „Es ist nicht unbedingt mit Gewalt verbunden, oft ist es ein niedrigeres Level – zum Beispiel wenn Mesusot von den Türpfosten gerissen werden, feindselige Blicke auf der Straße, oder Graffiti an den Wänden.“

Ätzende politische Umgebung

Das politische Umfeld in Frankreich ist nicht unbedingt tröstlicher. Kalifat wies darauf hin, dass Frankreich sowohl eine mächtige extreme Rechte, angeführt von Marine Le Pen vom Front National (FN), als auch eine mächtige extreme Linke unter der Führung von Jean-Luc Mélenchon, dem Chef eines Blocks linker Parteien, hat.

„Wir lehnen beides ab, weil wir glauben, dass beide am Anstieg des Antisemitismus in Frankreich teilnehmen“, bemerkte Kalifat. „Ganz rechts sprechen wir von altmodischem Antisemitismus, der oft von positiven Kommentaren über den Staat Israel verdeckt wird. Ganz links ist der Antisemitismus durch einen sehr gewalttätigen Antizionismus und Hass auf Israel verdeckt und es gibt eine starke Unterstützung für die BDS-Bewegung. “

Kalifat fuhr fort: „Wir weigern uns, Beziehungen zu diesen Gruppen zu haben, weil sie den Antisemitismus in unserem Land anheizen.“

Der derzeitige Präsident Emmanuel Macron, der Sieger der erbittert geführten Präsidentschaftswahlen im April 2017, hat hingegen das Vertrauen der Juden geweckt. „Dieser Präsident ist sich sehr bewusst, was Juden nach Frankreich und in die französische Kultur gebracht haben“, sagte Kalifat.

„Macron ist wie die früheren Präsidenten Francois Hollande und Nicolas Sarkozy sehr ernsthaft im Kampf gegen den Antisemitismus involviert und ist bereit, die verfügbaren Mittel dafür zu nutzen“, erklärte Kalifat. Alle drei Regierungen zeichneten sich durch ihre Unterstützung für die jüdischen Gemeinde angesichts der Gleichgültigkeit gegenüber Antisemitismus in der breiten Bevölkerung aus, fügte er hinzu.

Antisemitischer Angriff

Vorerst warten französische Juden gespannt auf die nächste Entwicklung in der Untersuchung des Mordes an Sarah Halimi. Nach der Annahme, dass Halimis Mörder Kobili Traore trotz der Bemühungen seiner Anwälte, die Klage wegen angeblicher Geisteskrankheit abgewiesen zu haben, vor Gericht gestellt werden sollte, erlitt die Gemeinde im Juli einen Schock. Eine neue Bewertung der psychischen Gesundheit von Traore, die von dem Untersuchungsrichter in Auftrag gegeben wurde kam zu dem Schluss, dass ihm das geistige Bewusstsein fehlte, das für eine Anklage wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts, dass durch antisemitische Vorurteile verschlimmert wurde, erforderlich war.

Der Befund des Gerichts widersprach der Beurteilung eines früheren Experten, Dr. Daniel Zagury, der Traore im September 2017 untersuchte. Wie der Algemeiner zu dieser Zeit berichtete, hielt Zagury den brutalen Angriff von Traore auf Halimi und dass er sie aus einem Fenster im dritten Stock in den Tod stürzte – sowohl für „antisemitisch“ und eine „Handlung“ die durch den starken Konsum von Marihuana beeinflusst wurde. Allerdings war Zagury klar, dass Traore zur Zeit des Angriffs nicht genug berauscht war, um von strafrechtlicher Verantwortung freigesprochen zu werden – eine wichtige Forderung von Traores Anwälten.

Urteil des Richters „völlig unverständlich“

„Ich kann nicht erklären, warum der Richter eine zweite Expertenbewertung angeordnet hat und ihre Schlussfolgerung ist für uns völlig unverständlich“, sagte Kalifat. „Wir haben viele Gründe zu glauben, dass dies ein antisemitischer Angriff war. Er [Traore] sang Verse aus dem Koran als er Halimi folterte und schrie ‚Allahu Akhbar!‘ als er sie aus dem Fenster warf.“

Kalifat sagte, dass eine dritte Bewertung über Traores Geisteszustand jetzt angeordnet worden sei und ein Bericht darüber, wird für später in diesem Jahr erwartet.

„Wir hoffen, dass der Mörder am Ende zur Verantwortung gezogen wird“, sagte Kalifat.

Er äußerte die gleiche Hoffnung über die kürzliche Ermordung der 85-jährigen Holocaust-Überlebenden Mireille Knoll, deren Angreifer wie von der Polizei berichtet wurde, vor seinem rasenden Angriff von „reichen Juden“ gesprochen habe.

Strafverfahren in den Fällen Halimi und Knoll hätten einen doppelten Zweck, argumentierte Kalifat. „Vor Gericht ständen nicht nur die Mörder selbst, sondern auch das System, das es dem Antisemitismus ermöglicht, in diesem Land zu töten“, sagte er.

Von Ben Cohen (Algemeiner)

 

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Von am 30/08/2018. Abgelegt unter Europa. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

Ein Kommentar zu: Der Antisemitismus in Frankreich hat sich „von den Straßen in die Häuser“ verlagert

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