Die meisten Menschen meiner Generation erinnern sich an die Geschichte der Möwe Jonathan, den Film, unterlegt mit der teils romantischen, teils dramatischen Musik des jüdischen Musikers Neil Diamond. Unvergesslich wie die Texte die Geschichte der kleinen neugierigen und freiheitsliebenden Möwe beschreiben.
„Nightbird
Find your way
For none may know it
just as you may.“
Jonathan will nicht nur fliegen, um zu fressen, er will fliegen, um zu lernen und um seinen Horizont zu erweitern. Täglich absolviert er seine Flugübungen, fliegt immer höher, fliegt in immer engeren Kurven, erlebt tagtäglich die Schmach, wieder total durchnässt und mit schmerzenden Knochen im Wasser zu liegen. Unfähig, seinen durch die Natur vorgegebenen Körper zu überwinden. Die Flügel sind zu lang, der Körper zu plump. Er wollte den Gleitflug erlernen, um sanft und elegant auf dem Wasser zu landen, aber jedes Mal endete er in einem unkontrollierbaren Sturzflug. Es war ihm unmöglich den Flügelschlag zu kontrollieren, wenn er aus zu grosser Höhe hinabstürzte. Jonathan hätte problemlos jeden Möwen Rekord im Höhenflug oder in der Geschwindigkeit erreichen können. Wenn da nicht jedes Mal die betonharte Wasseroberfläche gewesen wäre, auf der er aufprallte. Trat er dann müde in der Dunkelheit den Heimflug an, so versagten ihm seine Augen den Dienst. Für den Nachtflug hätte er die Augen einer Eule gebraucht, aber er war eben eine Möwe, nichts anderes, als eine Möwe.
Er übte und übte weiter, flog immer höher und immer schneller und er verlor sich selbst dabei immer mehr.
Jonathan war überzeugt davon, alle anderen Möwen glücklich zu machen, befreien zu können aus ihrer scheinbaren Eintönigkeit. Und er war so überzeugt von sich, dass er es gar nicht glauben konnte, als er von seinem Schwarm «…wegen skrupellosen Leichtsinns, mit dem gegen die Würde und die Tradition der Möwen verstossen wurde..» ausgestossen wurde.
Er macht sich auf und findet neue Freunde und neue Lehrer. Von seinem besten Freund Sullivan verabschiedet er sich viele Jahre später mit den Worten:«Wäre unsere Freundschaft von Raum und Zeit abhängig, dann taugte sie nichts mehr, sobald wir Raum und Zeit hinter uns lassen. Überwinde den Raum und alles was uns übrigbleibt, ist das Hier. Überwinde die Zeit, und alles, was uns übrigbleibt, ist Jetzt.»
Die Möwe Jonathan als moderne Fabel. Wir müssen täglich unsere Grenzen erkennen und daran arbeiten, sie zu überwinden. Nur so können wir unser Tun perfektionieren, um unser Wissen weiter zu geben.
War das das Ziel, das eine kleine Möwe jetzt zu erfüllen hatte, als man ihr im Ramat Gan Park in der Nähe von Tel Aviv einen kleinen GPS Sender am Bein anbrachte und auf ihren Forschungsflug schickte? Dummerweise war die Möwe zu neugierig und flog über das Mittelmeer. Sie landete in Tripolis, der Hauptstadt von Libyen, wo man sie einfing und den Sender entdeckte (siehe Foto).
Die Behörden in Tripolis “entlarvten“ sie schnell als israelischen Spion und überstellten das Tier, das offensichtlich verletzt war, nach Beirut. Bis dahin konnte der Weg der harmlosen Möwe, die einfach zu neugierig gewesen war, verfolgt werden. Einige Zeit konnten noch Signale des Senders empfangen werden, am 15. August stoppte der Signalgeber. Das Schicksal des Vogels ist unbekannt, möglicherweise wurde er von Hisbollah Terroristen getötet und der GPS Signalgeber zerstört.
Amir Ben Dov, der Ornithologe, der für das Forschungsprogramm zuständig ist, bittet darum, das Tier, sofern es noch lebt, freizulassen. Es ist Teil eines von Deutschland gesponserten Forschungsprogrammes, das den Migrationsweg von armenischen Möwen erforschen soll.
Von Esther Scheiner
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