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Israelischer Professor erhebt schwere Vorwürfe gegen Bonner Polizei

In Bonn wird ein jüdischer Gastprofessor aus den USA von einem Deutsch-Palästinenser angegriffen. Die herbeigerufene Polizei nimmt das Opfer fest und schlägt mehrfach brutal zu, bis auf Blut. „Deutschland hat nicht nur ein Antisemitismus-Problem es hat auch ein Problem mit Polizeibrutalität!“

Philosophie-Professor Yitzhak Melamed. Foto: Johns Hopkins University

Der 50-jährige Philosophie-Professor Yitzhak Melamed ist zurück in seiner Heimatstadt Baltimore in den USA und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Bonner Polizei. In einer Pressemitteilung, die u.a. an Zeitungen und die Nachrichtenagentur dpa ging, berichtete er über den tatsächlichen Tathergang und bezichtigt die Polizei der Lüge.

Laut Polizei habe Yitzhak Melamed beim Eintreffen der Beamten nicht auf deren Befehl stehen zu bleiben reagiert und sich laut NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) „gewehrt“.

Dieser Darstellung des Sachverhaltes widerspricht der Professor nun in einer Pressemitteilung, er bestreitet entschieden sich gegen die Beamten gewehrt zu haben. Im Gegenteil, ihm sei es gar nicht möglich gewesen sich in irgendeiner Form zu widersetzen. „Ich war nicht zu 100, sondern zu 500 Prozent passiv. Ich habe nichts gemacht. Ich bin kein trainierter Kämpfer, sondern ein Philosoph. Dann fingen sie [Polizei] an, mir mehrfach ins Gesicht zu schlagen! Ungefähr 50, 60, 70 Mal – völlig verrückt! Ich war geschockt. Das ist ein abscheuliches Polizeiverhalten, wie man es sonst nur in einem Entwicklungsland findet“, sagte Melamed in einem Interview.

„Legen Sie sich nicht mit der deutschen Polizei an“

Nachdem Melamed immer wieder rief „Ich bin der Falsche“, liefen mehrere Polizisten dem flüchtenden Deutsch-Palästinenser hinterher und schnappten ihn. Sie lösten mir die Handschellen und einer der Polizisten sagte zu mir auf Englisch: „Don’t get in trouble with the German police!“ („Legen Sie sich nicht mit der deutschen Polizei an“). Der geschundene Israeli ließ sich dadurch nicht einschüchtern und antwortete: „Ich habe keine Angst vor der deutschen Polizei. Meine Familie wurde während der Shoah von der deutschen Polizei ermordet. Und ich habe keine Angst mehr vor der deutschen Polizei.“

Später auf der Polizeiwache habe er gesagte, „ich möchte mich über ihr Verhalten beschweren.“ Doch man habe ihm zu verstehen gegeben, dass es besser für ihn wäre keine Beschwerde gegen die Polizisten einzulegen und sollte er es dennoch machen, sähe man sich gezwungen ihn wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte anzuzeigen. Auch hätte der Beamte sich geweigert, ihm nach mehrmaliger Aufforderung seinen Namen zu nennen. „Aber ich konnte mir die Dienstnummer des Beamten aufschreiben, die auf seiner Kleidung stand“, sagte Melamed.

Bei dem Übergriff der Polizei wurde der Professor im Gesicht verletzt und seine Brille zertrümmert. Wie er glaubhaft versichert, wurden seine blutigen Verletzungen nicht behandelt. Man habe ihm lediglich ein Glas Wasser angeboten und sein Gesicht fotografiert. Danach habe er die Polizeiwache verlassen können und später seinen Vortrag an einer Bonner Hochschule gehalten.

Am nächsten Morgen hat die Bonner Polizeipräsidentin den Professor in seinem Hotel besucht und sich bei ihm entschuldigt. „Ich akzeptierte. Aber ich sagte auch, dass ich nicht verstehen kann, warum mich die Polizei verwechselt und mich geschlagen hat – denn ich trug meine Kippa. Sie versprach, dass es eine Untersuchung geben wird. Was mich wirklich ärgert, ist, dass es später eine Mitteilung gab, in der steht, ich hätte mich widersetzt. Nur um sich zu rechtfertigen. Das ist so enttäuschend“, sagte Melamed der Berliner Morgenpost.

Der Besuch der Polizeipräsidentin ist sehr wahrscheinlich nur der Tatsache geschuldet, dass Melamed Professor an einer amerikanischen Universität ist: „Wäre ich nur ein Underdog der deutschen Gesellschaft, würde sich niemand dafür interessieren“, und niemand würde seiner Beschwerde Glauben schenken, so der Israeli.

Melamed: „Ganz sicher habt ihr ein Pro­blem mit dem Antisemitismus, aber ihr habt auch ein Problem mit brutaler Polizeigewalt. Die Art und Weise, wie die Polizei den Fall kolportierte, verstört mich sehr. Der Vorfall mit dem jungen Mann, der mich beschimpfte, das war natürlich schlimm. Aber nichts im Vergleich mit der Gewalt, die von den Polizisten ausging. Sie können es mit der Polizei von Baltimore aufnehmen, die für ihren Rassismus bekannt ist. Schicken Sie ein paar von den Deutschen her, die können der Polizei hier sogar noch etwas beibringen.“

Vorsitzende der jüdischen Gemeinde warnt vor Tragen der Kippa

Dass sich ein solcher Vorfall jetzt auch in Bonn ereignet hat, ist für Margaret Traub, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, nicht überraschend. „Die Situation ist für uns in den vergangenen Jahren immer problematischer geworden“, sagt sie dem Bonner General Anzeiger im Gespräch. Anfeindungen und verbale Attacken seien längst Alltag. Mit dem gewalttätigen Angriff auf einen Juden habe der Antisemitismus in Bonn jetzt allerdings eine neue Dimension erreicht.

Bereits seit Jahren warne der Zentralrat der Juden davor, mit Kippa auf die Straße zu gehen. „Wenn Gemeindemitglieder dennoch aus religiösen Gründen eine tragen wollen, empfehle ich ihnen, eine Mütze oder eine Kappe darüber zu ziehen. Um sich selbst und ihr Leben zu schützen, sollten sie sich nicht als Jude zu erkennen geben“. Zwar hätten auch ihre Söhne früher die Kopfbedeckung getragen, „aber heute würde ich das nicht unterstützen“, sagt sie. Als Jude in Bonn habe man sich an die alltägliche Gefahr gewöhnt. „Ein mulmiges Gefühl hat man immer.“ Anders als offenbar in den USA.

 

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Von am 15/07/2018. Abgelegt unter Europa. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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