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Zeitgeschichte in den Israel Nachrichten: Friedrich Paulus – Vom Gesinnungstäter zum Angeklagten

Wer war wohl der Mann, der in der ausweglosen Situation der deutschen Soldaten im Kessel von Stalingrad noch immer an Hitler glaubte? Der, schon in sowjetischer Gefangenschaft, noch immer die Kapitulation im Nordkessel leugnete und der sich erst im Jahre 1944, nach langem Zögern und unter Druck der Sowjets, gegen Nazi-Deutschland stellte? Friedrich Paulus wurde am 23. September 1890 als Sohn eines Verwaltungsinspektors in Breitenau bei Melsungen geboren. Sein Berufswunsch, nämlich Offizier der kaiserlichen Marine zu werden, sollte sich nicht erfüllen, da er abgelehnt wurde. Nach einem kurzen Studien-Intermezzo – Paulus inskribierte Rechtswissenschaften – trat er in das deutsche Heer ein, wo er 1911 zum Leutnant in einem badischen Infanterieregiment ernannt wurde.

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde er mit seinem Regiment nach Freiburg im Breisgau verlegt, einen Monat später in die Region Nancy-Metz. Nach längerer Krankheit und Versetzung zu einem anderen Regiment nahm er unter anderem in Südtirol an der Verteidigung der Grenzen Österreich-Ungarns im Rahmen des deutschen Alpenkorps und an den Kämpfen in Serbien – jeweils im Jahre 1915 – , an der Schlacht um Verdun und im Krieg gegen Rumänien – jeweils 1916 – sowie ab dem September 1917 an der Österreichisch-ungarischen Front im Kampf gegen Italien am Isonzo teil. Den Ersten Weltkrieg beendete Paulus als Hauptmann, dekoriert mit dem Eisernen Kreuz I. und II. Klasse. Im Jahre 1919 wurde er in die Reichswehr übernommen, wo er vorerst in verschiedenen Stabs- und Truppenkommandos eingesetzt wurde.

Zwischen den Jahren 1938/39 wurde er zum Chef des Generalstabs des XVI. Armeekorps ernannt und zum Generalmajor befördert. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 wurde Paulus mit dem Posten des Chefs des Generalstabs der 10. Armee, die von General/Generaloberst Walter von Reichenau befehligt wurde, betraut. Mit der 10. Armee nahm Paulus am Krieg gegen Polen teil und auch 1940 – zwischenzeitlich wurde die 10. in die 6. Armee umbenannt – am Krieg gegen Frankreich. Nah den für das „Dritte Reich“ erfolgreichen „Blitzkriegen“, in denen die 10./6. Armee im Mittelpunkt der Kampfhandlungen gestanden war, wurde Friedrich Paulus im September 1940 auf die sehr prestigeträchtige Stelle des Oberquartiermeisters I beim Generalstab des Heeres berufen.

In dieser Funktion arbeitete er maßgeblich an der Ausarbeitung des Kriegsplans für den deutschen Überfall auf die Sowjetunion im folgenden Jahr mit. Paulus hatte schon dann die Befürchtung geäußert, dass ein langer Krieg mit ungewissem Ende für das Deutsche Reich drohe, sollte es nicht gelingen, die sowjetischen Verbände grenznahe zu schlagen und zu vernichten. Im Januar 1942 wurde er, zwischenzeitlich zum General der Panzertruppen befördert, zum Oberbefehlshaber der nördlich von Charkow im Abwehrkampf stehenden 6. Armee ernannt, also jener Armee, deren Chef des Generalstabs er in der Zeit der sogenannten „Blitzkriege“ gewesen war.

Diese Ernennung war keinesfalls unumstritten. Zwar war Paulus ein hochgebildeter Militär, der sich in verschiedenen Stabsfunktionen sehr gut bewährt hatte, jedoch verfügte er kaum über Kommando-Erfahrung. Der 6. Armee, zu damaliger Zeit einer der schlagkräftigsten Verbände des deutschen Heeres, kam mit der geplanten Einnahme von Stalingrad eine zentrale strategische Aufgabe der Sommeroffensive im Jahre 1942 zu. Warnungen seiner Divisionskommandeure, die im Juli 1942 über den desolaten Zustand ihrer Truppen klagten, schlug Paulus in den Wind und richtete seinen kommandierenden Generalen aus: „In letzter Zeit sind in Zustands- und sonstigen Berichten von mehreren Divisionskommandeuren äußerst pessimistische Darstellungen über den Zustand ihrer Divisionen zu meiner und zur Kenntnis der höheren Führung gelangt, die ich nicht billigen kann. Die personellen und materiellen Mängel, die bei den Divisionen herrschen, sind der höheren Führung voll bekannt. Die höhere Führung hat sich dennoch entschlossen, ihre Absichten auf dem Ostkriegsschauplatz restlos durchzuführen.“

Friedrich Paulus, seit dem 31. Januar 1943 Generalfeldmarschall, der erfolglos für den Ausbruch der eingeschlossenen 6. Arme votierte, kann für dieses Desaster nicht die alleinige Schuld zugewiesen werden. Hitler und Göring bestanden auf einen Verbleib der Armee an der Wolga und selbst der brillanteste Stratege der deutschen Streitkräfte, Generalfeldmarschall Erich von Manstein – als Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Don Vorgesetzter von Paulus -, sprach sich sehr lange für ein Halten des Kessels aus. Paulus ging als erster deutscher Feldmarschall in sowjetische Kriegsgefangenschaft, wo er sich nach längerem Zögern und aufgrund sowjetischen Drucks 1944 dem Kampf gegen den Nationalsozialismus verschrieb, indem er sich dem Nationalkomitee Freies Deutschland (NKFD) und dem Bund deutscher Offiziere (BDO( anschloss. Bedeutende Akzente setzte er jedoch nicht. In der Zeit nach Ende des Zweiten Weltkrieges trat er als Zeuge der Anklage im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher auf. Im Jahre 1953 wurde Friedrich Paulus aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft nach Ostdeutschland entlassen, wo er am 1. Februar 1957 in Dresden verstarb.

Interessant war ein Funkspruch vom 29. Januar 1943: „An den Führer! Zum Jahrestage Ihrer Machtübernahme grüßt die 6. Armee ihren Führer. Noch weht die Hakenkreuzfahne über Stalingrad. Unser Kampf möge den lebenden und kommenden Generationen ein Beispiel dafür sein, auch in der hoffnungslosesten Lage nie zu kapitulieren, dann wird Deutschland siegen. Heil mein Führer! Paulus, Generaloberst.“

Fortsetzung folgt in der nächsten Ausgabe, wie die Nazi-Presse über Stalingrad berichtete.

Von Rolf von Ameln

 

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Von am 27/06/2018. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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