Mehr als 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg gedenkt Luxemburg jetzt in einem zentralen Shoah Denkmal vor der Kathedrale an einer zentrale Stelle der Stadt, der vielen Hundert Opfer des Völkermords an seinen Juden. Am Sonntag wurde die Statue in Anwesenheit des Bildhauers Shlomo Selinger, selbst ein Überlebender vieler Vernichtungslager, eingeweiht.
Fast die gesamte Luxemburger Staats- und Regierungssitze, Vertreter von Opfer- und Widerstandgruppen, Abgeordnete des National- und des Stadtparlaments sowie fast die gesamte jüdische Gemeinde und ihr Konsistorium waren zu diesem denkwürdigen Tag zur Enthüllung der Granitskulptur zur Erinnerung an die Shoah vor die Kathedrale von Luxemburg gekommen. Zuerst erklärte Stadtbürgermeisterin Lydie Polfer, sichtlich ergriffen, die Geschichte der jüdischen Gemeinschaft in Luxemburg. Genau an der Stelle, an der jetzt das Denkmal steht, wurde nämlich bereits 1823 die erste kleine Synagoge Luxemburgs errichtet. Eine größere Synagoge wurde 1894 wenige Meter entfernt an der Ecke der rue Notre Dame und rue Aldringen errichtet, die 1941 von den deutschen Besatzern zerstört wurde. Nach der Zerstörung der Synagoge begann auch die Ermordung der jüdischen Bevölkerung Luxemburgs durch die deutschen Besatzer, unter Mithilfe einiger Einheimischer. Von den 658 jüdischen Menschen die in der Zeit der Besatzung aus Luxemburg in die Konzentrationslager und die Ghettos des Ostens deportiert wurden kamen nur 44 lebend zurück und bildeten nach dem Krieg den Kern der heutigen neuen jüdischen Gemeinde, sagte Lydie Polfer.
Albert Aflalo, der Präsident des „Consistoire israelite“ ging in seiner Rede auf die vielen Jahre der Diskussion ein, die der Errichtung des Monumentes vorausgingen und auch auf die Tatsache, dass der Antisemitismus auch heute wieder Menschen in den Nachbarländern von Luxemburg tötet. Dabei erwähnte er ausdrücklich den neuen Antisemitismus der Muslime, aber auch den alten von rechts und von links. Er begrüßte dabei die Tatsache, dass Luxemburg nachdem die Regierung sich 2013 sich für die Mitschuld von Luxemburgern am Judenmord entschuldigt hatte die Gendenkstiftung für die Shoah gegründet hatte, die seit dieser Zeit eine sehr aktive Aufklärungsarbeit im ganzen Land vor allem unter jungen Leuten leistet.
„Luxemburger haben sich in der Zeit der Shoah nicht mit Ruhm bekleckert“
Premierminister Xavier Bettel ging in seiner auf Luxemburgisch und Französisch gehaltenen Rede auf die tiefen Wunden ein, die die Judenvernichtung in Luxemburg bis heute aufgerissen hat. Seine Regierung hatte sich 2013 bei der jüdischen Gemeinschaft für die luxemburgische Mitbeteiligung an der Durchführung der Judenverfolgung in Luxemburg entschuldigt und die von der Regierung Jean Claude Juncker in Auftrag gegebenen historische Aufarbeitung dieser Geschichte weitergeführt. Ausdrücklich dankte er Jean Claude Muller, „chef du service de mémoire“ im Staatsministerium, der die Veranstaltung vorbereitet hatte. „Luxemburger haben sich in der Zeit der Shoah nicht mit Ruhm bekleckert“, sagte Xavier Bettel wörtlich. Man könne die Vergangenheit nicht rückgängig machen, aber dafür sorgen, dass sie sich nicht wiederholt. Auch das Staatsoberhaupt, Großherzog Henri, wohnte mit seiner Ehefrau, Großherzogin Maria Teresa, der Einweihung bei, ohne eine Rede zu halten. Die Abwesenheit von Außenminister Asselborn, der mehrmals wegen seiner pro-palästinensischen Haltung die Kritik des Staates Israel auf sich gezogen hatte und deswegen auch von Staatsminister Bettel zurückgepfiffen worden war, fiel auf. Dabei liegt sein Ministerium nur einen Steinwurf von dem neuen Shoah-Denkmal entfernt. Der Luxemburger Oberrabbiner Alain Naccache übergab nach einem Gebet das selbst Kiddusch (Totengebet) betitelte Denkmal, seiner Bestimmung
Nach der Einweihung des Denkmals erklärte der in der Gegend von Auschwitz in Polen geborene Bildhauer Shlomo Selinger, selbst ein Überlebender des Holocaust, dem Premierminister und dem großherzoglichen Paar sein Werk, das sehr stark an sein Denkmal „El maleh rachamin“ am Ende der Skulpturenstraße am Bostalsee im Saarland erinnert. Insgesamt 48 Skulpturen in Erinnerung an den Holocaust hat der 90 jährige Selinger, der nach seiner Errettung aus dem KZ-Theresienstadt einige Jahre in Israel gelebt hat und seit 1953 in Paris lebt, bereits geschaffen, fünf davon sind wie das jetzt in Luxemburg eingeweihte, nationale Gedenk-Monumente. Er war in Begleitung seiner gesamten zahlreichen Familie aus Israel und Frankreich. Er selbst ist wie das neue Denkmal in Luxemburg auch ein Symbol für den Überlebenswillen des jüdischen Volkes. Das Denkmal selbst trägt eine hebräische und luxemburgische Inschrift, die lautet: Kaddisch fir d‘Judde vu Lëtzebuerg, die vun den Nazien ëmbruecht goufen – 1940-1945.
Von Bodo Bost
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