Laut der Veröffentlichung des Jahresberichtes über Antisemitismus an der Universität Tel Aviv, erleben die größten jüdischen Gemeinden in Europa eine Normalisierung und weltweit einen Anstieg des Antisemitismus wie seit dem Zweiten Weltkrieges nicht mehr.
Letztes Jahr erlebte die antisemitische Gewalt in Frankreich, Heimat der größten jüdischen Gemeinde Europas, ein neues Intensitätsniveau, als eine jüdische Frau aus ihrem Apartmentfenster in den Tod geworfen wurde. Das gleiche Muster hat sich in diesem Jahr fortgesetzt, mit einem gewaltsamen Anstieg der Gewalt, wie der jüngste Mord an einer Holocaust-Überlebenden in ihrem Haus in Paris zeigt.
„Das Ergebnis ist, dass die jüdische Gemeinde an vielen Orten der Welt in Angst lebt“, sagte Dr. Moshe Kantor, Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses. „Weder der öffentliche noch der private Raum werden für Juden als sicher wahrgenommen, wie der kürzliche schreckliche und brutale Mord an Mireille Knoll, die den Holocaust überlebte, zeigt, die in ihrem Haus in Paris niedergestochen und verbrannt wurde. Das allgemeine Gefühl, das Juden als Individuen und als Gemeinschaft teilen, ist, dass der Antisemitismus in eine neue Phase eingetreten ist und in den meisten Teilen der Welt weit verbreitet ist.“
In Großbritannien wurde eine weitere neue Ebene erreicht, diesmal in Form der Normalisierung des antisemitischen Diskurses in der Mainstream-Politik.
„Jeremy Corbyns Aufstieg in der britischen Labour Partei bedeutet, dass er ein möglicher zukünftiger Premierminister ist. Seine Anhänger und Unterstützer teilen offen in sozialen Medien einige der bösartigsten Holocaust-Leugnungen und internationalen jüdischen Bankkonspirationen, die an die Protokolle der Weisen von Zion erinnern, einige davon werden sogar von Corbyn selbst sogar geduldet. Es lässt uns glauben, dass diese Normalisierung des Judenhasses die höchsten Ebenen erreicht hat.“
Während die Zahl der gewalttätigen antisemitischen Vorfälle im Jahr 2017 um 9% sank, von 361 Fällen im Jahr 2016 auf 327 Fälle, sind laut dem Bericht alle anderen Erscheinungsformen des Antisemitismus an vielen Orten weltweit gestiegen. Deutschland, die am schnellsten wachsende jüdische Gemeinde der Welt, verzeichnete einen Anstieg aller Arten von antisemitischen Handlungen von 644 Vorfällen im Jahr 2016 auf 707 im Jahr 2017. Unter diesen gab es 24 Fälle von Gewalt im Jahr 2017 gegenüber 15 im Jahr 2016.
Dr. Kantor bemerkte auch zusätzliche Trends.
„Die religiöse Dimension des klassischen, traditionellen Antisemitismus ist zurückgekehrt und der Begriff, Jude ist zu einer Beleidigung geworden“, sagte Dr. Kantor.
„Wenn wir in den vergangenen Jahren verschiedene Arten von Antisemitismus gesehen haben – Antisemitismus vom radikalen Islam, Antisemitismus der extremen Rechten, Antisemitismus der extremen Linken und ein als antiisraelisch maskierter Antisemitismus -, hat er sich jetzt offener in den klassischen Antisemitismus verwandelt. Der offene, schamlose und explizite Hass gegen Juden hat zugenommen. Der Jude als Ausbeuter, der Jude als Mörder, der Jude als Bankier. Es ist so, als hätten wir uns 100 Jahre zurückgebildet.“
Der Jahresbericht 2017 über Antisemitismus weltweit, wurde im Rahmen einer Pressekonferenz des Kantor-Zentrums für das Studium des zeitgenössischen europäischen Judentums an der Universität Tel Aviv, in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Jüdischen Kongress veröffentlicht.
Von Dr. Moshe Kantor,
Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses.
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