Alles begann Mitte Dezember 2010 in Tunesien mit dem s.g. „Arabischen Frühling“ mit Hoffnungen auf einen demokratischen Wandel, der dann letztlich doch nur der Beginn eines islamistischen Frühlings im Norden Afrikas und auf Teilen der Arabischen Halbinsel wurde. Traurige Zwischenetappe war Libyen, wo die westliche Allianz zwar Gaddafi aus dem Regierungssitz bombte, aber gleichzeitig das Land ins Chaos stürzte – alles wie bereits im Irak erlebt.
Niemand hat sich Gedanken gemacht, was nach einem erfolgreichen Militäreinsatz kommt, nicht Obama, der dem Friedensnobelpreis keinerlei Ehre gemacht hat, nicht Sarkozy, der sich zwar seinen Wahlkampf von Gaddafi bezahlen ließ und dann der Erste war, der die Mirage Jagdbomber losschickte und die UNO samt SR schon gar nicht.
Reinhard Merkel, Prof. für Strafrecht, Völkerstrafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Hamburg schreibt dazu:
„In Wahrheit ist die finstere Bilanz bloß die abschließende Beglaubigung einer Rechtlosigkeit, die den Bombenkrieg von Anfang an begleitet hat. Selbstverständlich eröffnet erst das Ende der Diktatur die Aussicht auf eine bessere Zukunft Libyens. Aber dafür darf man als Drittstaat keinen Krieg führen. Die Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrats vom 17. März, die den Militärschlag autorisierte, ändert hieran nichts. Selbst wenn sich der Rat damit im Rahmen seiner eigenen Pflichten gemäß der Charta der Vereinten Nationen gehalten hätte – was er nicht hat –, nähme die Bedenkenlosigkeit, mit der sich die Intervenienten über die ihnen in der Resolution noch gezogenen Grenzen hinweggesetzt haben, ihrem Gewaltakt jede Rechtfertigung. Und der mit ihm verbundenen Preisgabe Zehntausender Menschenleben erst recht. Damit kommt eine Anschlussfrage in den Blick: die nach den Folgen für die Zukunft des Völkerrechts. Die Intervention der Nato hat die Norm, die sie als Grundlage reklamierte und die seit Jahren unter dem Titel Responsibility to Protect firmiert, nicht etwa bestärkt und, wie es eine Zeitungsphrase will, »mit Zähnen versehen«, sondern schwer beschädigt. In anderen Weltgegenden als denen der Nato nährt das einen lange schwelenden Verdacht: Das Völkerrecht von Krieg und Frieden entwickle sich zu einem neuartigen Typus hegemonialen Rechts, das über den Sicherheitsrat eine leere Form von Legalität für die eigenen, von keinem Rechtsprinzip gedeckten Interessen zu mobilisieren versteht.
Es ist eben diese Beliebigkeit der UNO und dessen SR, unter dem Israel seit seinem Bestehen leidet.
Der Höhepunkt des Aufstandes der „Rebellen“ war dann Syrien. Während bei der Abstimmung im SR der VN zu Libyen Russland sich der Stimme enthielt und die UNO somit grünes Licht für den Militäreinsatz geben konnte, stimmte Russland bei Syrien konsequent dagegen. Damit konnte auch kein UN-mandatierter Militäreinsatz der westlichen Welt zur Unterstützung der „Rebellen“ und gegen den IS erzwungen werden.
Was dann begann erinnert an das Kinderspiel „Tic Tac Toe „, allerdings spielten plötzlich viele Mächte dieses Spiel gleichzeitig und alle haben vergessen, dass man dieses Spiel nicht gewinnen kann.
Was aber medial bei den Erfolgsmeldungen von allen Seiten untergeht oder aber mit der Macht der Bilder propagandistisch ausgeschlachtet wird, sind die Opfer der Kriegsfolgen. Die nicht von unabhängiger Quelle verifizierbaren Zahlen der Todesopfer seit Beginn des Syrienkonfliktes liegen nach Schätzungen über 450.000, hinzukommen über 1,5 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene, wobei es bei diesem Wert zu Vermischungen kommt, von Kriegsflüchtlingen aus dem IRAK Krieg 3, die nach Syrien geflohen sind und Syrern aus dem aktuellen Konflikt.
Die Frage bleibt: wofür? Um syrische „Rebellen“ zu unterstützen und den IS unschädlich zu machen und Al-Qaida zurückzudrängen? Geht es nicht doch eher um „Regime Chance“ und um Hegemonialansprüche zischen den USA und Russland am Mittelmeer?
In der Nacht des Shabbat erfolgte jetzt der „begrenzte Vergeltungsschlag für den Chemiewaffenangriff“ durch die USA, GB und Frankreich in Syrien und könnte eine sehr gefährliche militärische Entwicklung bis hin zu einem großen Krieg einleiten, der insbesondere auch Israel in größte Gefahr bringt.
Dieser „Vergeltungsschlag“ ist weder durch das internationale Völkerecht gedeckt, noch durch ein Mandat der UNO, wird aber ganz sicher keinerlei Maßregelung dieses Forums der Beliebigkeit nach sich ziehen. Russland wird sich in Syrien nicht geschlagen geben und in welcher Form auch immer gesichtswahrend reagieren.
Was bleibt ist die Hoffnung auf die Vernunft der agierenden Großmächte. Erinnert sei hier an Shimon Perez, der sagt: „Alle Mächtigen, die ich näher beobachtet habe, sind ungeduldig und intolerant geworden, haben eitel das Maß ihrer Möglichkeit überschätzt und Prinzipien sowie Freunde selbstherrlich aufgegeben.“
Von Gerhard Werner Schlicke
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