Seit dem frühen Morgen wurde am Freitag, 6. April in Gaza wieder „friedlich“ demonstriert. Während der Vortage waren Jugendliche im Gazastreifen unterwegs, um Autoreifen einzusammeln. Die standen ganz oben auf der Wunschliste. Zehntausende wollten sie am Freitag verbrennen.
Dicht gefolgt von Spiegeln, die ebenfalls an die fünf vorgesehenen Demonstrationsorte gekarrt wurden, zu Fuss, mit Motorrädern, mit Eselskarren und mit Autos. Große Steine wurden aufgehäuft und neben den so vorbereiteten Wurfgeschossen standen Katapulte. Nicht ganz gross genug, um eine Festung sturmreif zu schiessen, aber doch deutlich grösser, als die sonst üblichen Steinschleudern.
Der „Rote Halbmond“ stand mit einigen Einsatzfahrzeugen bereit, rasch aufgebaute Erste-Hilfe-Stationen sollten Verletzte ambulant versorgen oder für den Transport in eines der Krankenhäuser vorbereiten.
Auf Höhe von Kfar Yunis im südlichen Gazastreifen wurden im Laufe der Woche Erdwälle aufgetürmt, um so nicht im direkten Blickfeld der IDF zu stehen.
50.000 Demonstranten wurden erwartet, 15.000 mehr als in der Vorwoche. Es kamen aber nur etwa 20.000.
Das Ministerium für Umweltschutz zeigte sich besorgt. Das Verbrennen von Autoreifen in so grosser Menge wird, je nach Witterung zu einer heftigen Reaktion im Ökosystem führen. Nicht nur die Natur mit Flora und Fauna wird Schaden nehmen, auch bei Menschen, insbesondere bei Kleinkindern, Kranken und alten Menschen werden die gesamten Atemwege angegriffen. Verunreinigungen des Grundwassers sind zu erwarten. Die Auswirkungen auf die Luftqualität lassen sich noch nicht vorhersagen. In diesem Sinne lautete auch ein dringendes Scheiben von Major Yoav Mordechai an die Weltgesundheitsorganisation. Im Laufe des Freitags waren die dicken Wolken vom Weltall aus erkennbar.
Später drehte der Wind, begann vom Meer aus landeinwärts zu wehen. Entlang der Grenze zu Gaza kamen grosse Ventilatoren zum Einsatz, die den dicken und gefährlichen Qualm von den Soldaten ablenken sollten, 15 Feuerwehrteams waren im Einsatz und versuchten, mit Wasserwerfern die Brände zu löschen. Eine der wesentlichen Aufgaben bestand darin, die Wetterberichte zu verfolgen, um, falls notwendig, die Bevölkerung aufzurufen, in ihren Häusern zu bleiben.
Als ob die IDF in dieser Situation keine anderen Probleme hätte!
Bereits am Donnerstag forderte B’tselem in einem Aufruf mit dem Titel „Sorry, commander, I cannot shoot!“ die IDF Soldaten auf, sich den Anweisungen ihrer Vorgesetzten klar zu widersetzen. Schüsse auf unbewaffnete Zivilisten seien ungesetzlich, so ihre Argumentation.
Elizabeth Throssell, Sprecherin der UN Menschenrechtskommission verlangte von Israel im Vorfeld, keine „exzessive Gewalt“ gegenüber den Demonstranten an der Grenze auszuüben. „Feuerwaffen dürfen nur das letzte Mittel sein, das eingesetzt wir. Ein ungerechtfertigtes Zurückgreifen darauf führt zu einem billigend in Kauf genommenen Töten von Zivilisten und dem Brechen der 4. Genfer Konvention.“ Diese behandelt dem Umgang mit Zivilisten im Kriegsfall (wobei auch der bewaffnete Konflikt erwähnt wird.)
Danny Danon, unser Botschafter an der UNO wandte sich mit einem dringenden Appell an den UN Sicherheitsrat: „Die Hamas sollte angeprangert werden, dass sie Kinder als menschliche Schutzschilde missbraucht. Und, sie müssen dringend aufgefordert werden, ihre Provokationen zu beenden, die Gewalt und Anspannung nur verschärfen.“ Eine klare Ansage nach dem erneuten Versuch von Kuwait nach dem der Vorwoche, eine Resolution gegen Israel zu lancieren.
PA Präsident Dr. Mahmud Abbas rief seine Seilschaften bei der EU, der UNO und der Arabischen Liga auf, sofort gemeinsam mit allen international zur Verfügung stehenden Organisationen zu handeln, und „den Barbarismus und das Töten der Besatzungsarmee von unschuldigen, hilflosen Menschen, die friedlich für ihr Recht auf ein Leben, auf Freiheit und auf Würde demonstriert haben, zu beenden.“ Der Sicherheitsrat, so Abbas, müsse für umfassenden Schutz der wehrlosen Bevölkerung sorgen.
Nur kann ich an der Grenze von Gaza keine Zivilisten im Sinne der Genfer Konventionen sehen, oder habe ich etwas verpasst? Und schon gar nicht hilflose und wehrlose. Diese Frage war schon einmal hochaktuell, als in Gaza 2014 die Zahl der zivilen Opfer seitens der IDF und der Hamas völlig unterschiedlich beziffert wurde. Für die Hamas waren fast alle Opfer Zivilisten, für die IDF galten die zahlreichen zum Mitmachen gezwungenen und freiwillig teilnehmenden Zivilisten als Kombattanten. Unlawful combatants, die leider nur von wenigen Staaten als solche anerkannt werden.
Mit dem vorläufigen Ende der gewalttätigen Demonstrationen gab es weitere sieben Tote und etwa 200 Verletzte. Jeder einzelne von ihnen ein von der Hamas verschuldetes Opfer, die ihre eigenen Leute aufstachelt, Israel anzugreifen und sich gewaltsam Zutritt über den Grenzzaun zu verschaffen.
Und kaum jemand wird seine Stimme erheben, um das klar auszusprechen. Nicht gestern, nicht heute. Und auch nicht am 18. April, wenn wir in Israel der Opfer des Terrors gedenken und nicht am 19. April, wenn wir den 70. Unabhängigkeitstag Israels begehen. Und schon gar nicht am 15. Mai, dem geplanten Ende der Demonstrationen. An diesem Tag begehen die Palästinenser den „Tag der Katastrophe“ (Nakba). Dann werden die Demonstrationen wohl ganz besonders friedlich sein!
Erstaunlich ist, dass die Giftgasangriffe auf Zivilisten mit dem hochgiftigen Chlor-Gas der syrischen Armee in diesen Tagen kaum ein Echo fanden. Bei diesen erneuten Angriffen auf die Stadt Douma kamen laut vorsichtigen Schätzungen bisher mehr als 70 Menschen um. Weitere 1000 wurden verletzt. Die meisten von ihnen Kinder, Frauen und alte Menschen, die in Kellerräumen Schutz gesucht hatten. Und die UNO? Sie schweigt. Alles, was von Israel ablenken könnte, wird erst gar nicht auf die Tagesordnung genommen…
Von Esther Scheiner
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