Der Ostpreuße Bernhard Maria Alter (71), bisher Eremit in der judäischen Wüste, wird neuer Abt der deutschsprachigen Benediktinerabtei Dormitio auf dem Jerusalemer Zionsberg.
Die Mönchsgemeinschaft der deutschen Benediktinerabtei auf dem Zionsberg in Jerusalem, hat den 1946 im südlichen Teil Ostpreußens geborenen Priester und Ikonenschreiber Bernhard Maria Alter zum Nachfolger des Iren Gregory Collins gewählt. Collins der die Abtei von 2011 bis Juni 2016 geleitet hatte, war im Juni 2016 überraschend zurückgetreten. In seine Amtszeit fiel der verheerende Brandanschlag von jüdischen Extremisten auf das Dormitio-Priorat Tabgha am See Genezareth im Juni 2015; dabei entstand ein Millionenschaden, zwei Personen erlitten leichte Rauchvergiftungen. Nach einer mehrmonatigen Auszeit im Ausland, die Collins mit der Belastung durch die vermehrten Attacken begründete, hatte er Abtpräses Ansgar Schmidt um die Annahme seines Rücktritts gebeten. Nach einer Vakanz von 18 Monaten, die durch den Prior-Administrator Schnabel ausgefüllt worden war, wurde jetzt Pater Bernhard Maria Alter sozusagen aus seiner Einsiedelei in der Wüste Juda auf den Abtsstuhl gewählt. Der im Nachkriegs-Ostpreußen unter polnischer Verwaltung geborene Alter hatte in Krakau Theologie und anschließend in Russland Kunst studiert. Ende der 1960ziger Jahre war er nach Jerusalem gekommen und hatte 1970 seine Ordens-Profess abgelegt und 1973 die Priesterweihe empfangen. 20 Jahre lang hatte er anschließend als Pfarrer in Bayern gewirkt. 2003 zog er als einer von drei Mönchen der Dormitio in den wiedererrichteten Benediktinerkonvent in Hildesheim, das als Studien- und Rückzugsort für die Jerusalemer Mönche dient. Zu der Dormitio Gemeinschaft gehören nach Abteiangaben derzeit 22 Brüder.
Wilhelm II. errichtete das katholische Leben auf dem Zionsberg
Seine Entstehung verdankt die deutsche Abtei auf dem Zionsberg dem Besuch von Kaiser Wilhelm II. 1898 in Jerusalem. Nachdem der Kaiser in der Altstadt die protestantische Erlöserkirche eingeweiht hatte, kaufte er aus Gründen der Ausgewogenheit auch ein Grundstück für die Katholiken auf dem Zionsberg, das er dem Deutschen Verein vom Heiligen Land überließ. Der Bau des Klosters auf dem Zionsberg am Rande der Altstadt begann im März 1904. Zwei Jahre später trafen unter Führung des Abtes von Maria Laach die ersten drei Mönche aus der süddeutschen Abtei Beuron ein. Die Kirche befindet sich dort, wo nach kirchlicher Überlieferung das Letzte Abendmahl Jesu und die Herabkunft des Heiligen Geistes auf die Apostel stattfanden. Der Zionsberg erinnert auch an „Mariä Heimgang“ (lateinisch: „Dormitio Mariae“), von daher der Name Dormitio. 1910 wurde die Kirche geweiht, das Kloster wurde 1926 zur Abtei erhoben. Die Klöster der Beuroner Kongregation schickten aus ihren Reihen auch wissenschaftlich versierte Mönche, die sich vor Ort mit der Heiligen Schrift, der Archäologie und der Geschichte des Landes beschäftigten. Ein kleines Archäologisches Museum entstand als erste Frucht des Wirkens der Benediktiner auf dem Zion. 1936 wurden in der Nähe des Hospizes des deutschen Vereins in Tabgha am See Genezareth wertvolle Mosaiken der Brotvermehrungskirche aus dem 5.Jhdt.n.Chr. entdeckt. Seit 1939 kamen Benediktinermönche vom Berg Zion auch nach Tabgha und gründeten ein kleines Kloster auf dem Gelände des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande in der Nähe der Brotvermehrungskirche.
Während der Hitlerzeit wurden einzelne Jerusalemer Mönche verdächtigt die Kontakte des Jerusalemer Ober-Mufti Al-Husseini mit den Nazis vermittelt zu haben, denn der Mufti, der seit 1941 in Deutschland lebte und für Hitler ganze Armeen von muslimischen SS-Verbänden organisierte, hatte 1945 plötzlich seine geistliche Seite entdeckt und wollte unbedingt noch im Benediktinerkloster Maria Laach empfangen werden. Der Prior der Abtei Beuron, Pater Hermann Keller OSB, dem Mutterkloster der Dormitio, ließ sich bereits seit Beginn der Hitlerzeit als Spion der Gestapo missbrauchen und spionierte auch Mitbrüder aus. Nachdem dies bekannt wurde, erkannte ihm der Erzabt die Priorswürde ab; auf Ersuchen des Benediktinerprimas mußte Keller Beuron verlassen und wurde für kurze Zeit in das Benediktinerkloster auf dem Berg Zion in Palästina abgeschoben. Ihm sollen nach Aussage von SS-Offizieren die guten Kontakte des Ober-Muftis von Jerusalem, Hadsch Amin al Husseini, zum NS-Regime zu verdanken sein.
Die deutschsprachige Benediktinerabtei Dormitio gehört seit mehr als Hundert Jahren als Blickfang zur Silhouette des heutigen Jerusalem. Der Kölner Erzdiözesanbaumeister Heinrich Renard sorgte als Architekt dafür, dass im Turm der Dormitio noch heute bei nächtlicher Anstrahlung mit etwas Phantasie der Kopf von Kaiser Wilhelm mit Pickelhaube sichtbar wird. Nach der Unabhängigkeit des Staates Israel 1948 lag das Kloster zwar auf israelischen Territorium, bis 1967 wurde jedoch von jordanischer Seite von den Mauern der Altstadt immer wieder auf das Kloster geschossen. Die Mönche wurden ausquartiert, das Kloster verlassen. Erst seit der Eroberung der Altstadt von Jerusalem im Sechstagekrieg und der Wiedervereinigung der heiligen Stadt 1967 kam wieder Leben auf den Zionsberg, wo auch mit dem Davidsgrab eines der größten jüdischen Heiligtümer Jerusalems liegt. Seit Ende der 1960er Jahre gewann die Abtei an Bedeutung, vor allem unter der Leitung des Trierers Laurentius Klein (1928-2002), Abt von 1969 bis 1979. Klein begründete 1973 ein ökumenisches Theologisches Studienjahr für Studierende aus dem deutschsprachigen Raum, das Hunderte von namhaften Theologen hervorgebracht hat.
Auch Palästina war Wiege des Mönchstums
Dass mit Bernhard Maria Alter ein Eremit auf den Abtsstuhl gewählt wurde, hat auch etwas mit der Geschichte des Heiligen Landes zu tun. Zwar gilt Ägypten als die Wiege des christlichen Mönchstums, aber bereits in byzantinischer Zeit war das Eremitentum aus Ägypten über Gaza auch nach Palästina gekommen. Vor allem in der Wüste Juda, um die Klöster Mar Saba und im Wadi Kelt entstanden auf teilweise alttestamentlichen Orten kleine Mönchsrepubliken mit vielen Eremiten rundherum. Diese werden zwar heute von griechisch orthodoxen Mönchen besiedelt, aber auch die Söhne des Heiligen Benedikt hatten immer auch im Kamaldulenser Orden einen Zweig der bis in die Gegenwart nach dem eremitischen Ideal lebt. Seit 1946 hatte unter dem Abt des Luxemburger Benediktinerklosters Clerf, Jacques Winandy (1906-2002), der seit 1957 in Nordamerika einige Eremitenniederlassungen gegründet hat, auch in einigen Benediktinerklöstern wieder eremitische Lebensformen an Gewicht gewonnen.
Von Bodo Bost
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