So jedenfalls die Intention des Chefs der palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, für seine Reise zum russischen Präsidenten Putin. Diese Idee lässt nun endgültig am Realitätssinn dieses Mannes und der PA zweifeln, oder ist er gar ein Visionär und interpretiert die Machtverschiebungen zwischen den USA und Russland in der Region als Orakel?
Spätestens seit dem Ausbruch des Konfliktes in und um Syrien ist die besondere Rolle Russlands für dieses Land deutlich geworden. Russland ist nicht nur Schutzmacht für Syrien und damit für Bashir al Assad, sondern primär Halter ihres einzigen Militärstützpunktes am Mittelmeer. Damit ist Syrien die Bruchstelle der zwei mächtigsten Militärblöcke USA / NATO einerseits und Russland (mit China im Rücken) andererseits. Hier stehen sich direkt Atommächte mit Hegemonieansprüchen gegenüber und Russland wird alleine aus Eigennutz keine Zugeständnisse machen oder in Syrien zurückweichen.
Dazu schreibt Gil Yaron, Tel Aviv, am 12.02.2018 in der „Welt“, Zitat:
„…Russland steht in dem Konflikt nicht auf einer Seite, sondern spielt die Akteure der Region geschickt gegeneinander aus. Russland hat in Syrien Luftabwehrraketen vom Typ S-400 stationiert. Aber diese setzt Russland nicht gegen Israel ein, obwohl das ein Leichtes wäre. […] „Genau wie die Russen Israel schaden können, könnte Israel auch Russlands Pläne in der Region durchkreuzen“, meint der Russlandexperte Alex Tenzer. „Putin will keinen Krieg zwischen Israel und Syrien.“ Vor allem, weil er Israel als strategisches Gegengewicht zu den Iranern benötigt.“
„Die Unterstützung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad lässt sich Moskau vergelten – mit Waffen-, Öl- und Handelsabkommen, aber vor allem mit neuen russischen Militärstützpunkten und Häfen. …Russische Militärs kooperieren eng mit den Iranern, russische Diplomaten helfen Iran im UN-Sicherheitsrat. An vielen Stellen stellt sich Moskau gegen Israel und an die Seite des Iran. Am Ende aber positioniert sich Putin zwischen allen Parteien – und ist der Drahtzieher im Nahen Osten.“
Das alles berührt direkt die Sicherheitsinteressen Israels, wie die Luftraumverletzung einer iranischen Drohne von Syrien aus, oder der Abschuss eines israelischen Jets durch syrische Raketen russischer Herkunft beweisen.
Noch schwieriger wird die militär-strategische Lage durch die Tatsache, dass Russland zugleich auch gute Beziehungen zu Teheran pflegt, deren höchst aggressive Haltung gegenüber Israel ein Dauerzustand ist und mit deren Atomprogramm diese Gefahr stetig an Brisanz gewinnt. Auch der Iran verfolgt via Hizbullah eigene strategische Interessen bei der Vollendung eines schiitischen Reiches vom Hindukusch bis zum Mittelmeer.
Die vom Iran gebauten Rüstungs- und Raketenfabriken sind keine israelische Paranoia, sondern knallharte Tataschen, wie Juda Ari Gross bei „audiatur-online.ch“ berichtet (Avi Issacharoff und Stuart Winer haben zu diesem Bericht beigetragen. Auf Englisch zuerst erschienen bei The Times of Israel)
Zitat: „Die vom Iran unterstützte Terrorgruppe Hisbollah baut mindestens zwei unterirdische Fabriken zur Herstellung von Raketen und anderen Waffen, dies offenbart ein Bericht des französischen Internetmagazins Intelligence Online. […] Die Quellen gaben …an, dass eine der beiden Fabriken im Nordlibanon, nahe der Stadt Hermel im östlichen Bekaa-Tal, entsteht. Die zweite Fabrik wird … an der Küste im Süden, zwischen den Städten Sidon und Tyrus, gebaut. […] Der Stabschef der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF), Gadi Eisenkot, erklärte letzte Woche, Israel befinde sich inmitten einer größeren Kampagne, um die Versuche des Iran, Syriens und der Hisbollah, sich mit zunehmend präzisen Raketen zu bewaffnen, zu vereiteln. […] Verteidigungsminister Avidgor Liberman und IDF-Geheimdienstchef Generalmajor Herzl Halevi äußerten sich nicht nur besorgt, sondern auch absolut eindeutig, Zitat: „Wir wissen, was zu tun ist […] Wir werden den Bau von iranischen Waffenfabriken im Libanon nicht ignorieren.“
Russland hat aber durchaus das Potential in den Anrainerstaaten Israels deeskalierend zu wirken. Diese schon heute sichtbare Einflussnahme ist deutlich ausbaubar, aber noch lange keine Grundlage, eine den USA adäquate Vermittlerrolle zwischen der PA und Israel einzunehmen, denn die USA beziehen klar Stellung für Israel, wohingegen Russland in der Region zuerst eigene strategischen Ziele umsetzt.
In der heute so aufgeheizten politischen Situation, wo Abbas jegliche Zusammenarbeit mit den USA im Kontext zu Jerusalem zurückweist, kommt die öffentliche Diskussion zur möglichen Annexion von Judäa und Samaria durch Israel zur Unzeit. Dieser seit 70 Jahren anhaltende Schwebezustand des Westjordanlandes mit israelischer Militärverwaltung und palästinensischer Selbstverwaltung sollte sicher einer langfristigen Lösung zugeführt werden, damit das israelische Parlament auch alle Entscheidungsbefugnisse einheitlich ausüben kann und die Gewaltenteilung unter einem staatlichen Dach vollzogen wird. Dazu ist aber neben intensiven parlamentarischen Beratungen ein breiter gesellschaftlicher Konsens notwendig. Dazu gibt es sowohl von Staatspräsident Rivlin formuliert, als auch quer durch alle Parteien sehr unterschiedliche Positionen, also erheblichen Diskussionsbedarf. Damit werden auch Risiken für den Staat Israel, als Heimat aller Juden offenbar. Für den langfristigen Erhalt Israels als jüdischen Staat sind also unausweichlich parlamentarische Schutzmechanismen einzuziehen, bevor es zu einem solch weitreichen Schritt wie der Annexion von Judäa und Samaria kommt.
Offensichtlich gibt es in Israel auch Kräfte, denen die Kontinuität und die internationalen Erfolge von PM Benjamin Netanjahu missfallen und die ihn gerne aus dem Amt drängen wollen. Die polizeilichen Ermittlungen wegen Korruption werfen nun zusätzlich Steine auf den ohnehin schon schwierigen Weg des Kabinetts im Spannungsfeld der gegenwärtigen Ereignisse.
Der Iran und die Hizbullah sehen offenbar ihre Zeit gekommen, Israel direkt herauszufordern und senden zum Shabbat eine Spionagedrohne. Zugleich unterläuft die EU -Kommission den Druck der USA gegenüber der PA zu Friedensverhandlungen und Länder wie Deutschland und Frankreich halten sich mit klaren Stellungnahmen zu Israel zurück. Hoffen wir, dass zur jetzt stattfinden Sicherheitskonferenz in München der Schulterschluss zu Israel klar ausgesprochen wird. Davon zu reden, dass unser Verhältnis zu Israel Staatsräson ist, reicht eben nicht.
Die aussichtsreichste Lösung wäre eine Dreier-Konferenz USA-Israel-Russland, aber dazu müssten vor allem regionale Hegemoniebestrebungen zurückgestellt werden und Trump über seinen selbst gebauten Schatten springen. Er sagte gegenüber „IsraelHayom“, Zitat: „Zurzeit würde ich sagen, dass die Palästinenser keinen Frieden machen wollen… „Und ich bin nicht unbedingt sicher, dass Israel Frieden machen will.“ ist wenig hilfreich, aber unter Freunden lösbar.
Die EU ist in diesem Prozess bestenfalls hilfloser Zuschauer, aber kein aktiver Vermittler.
Wenn die USA den Vorschlag Israels unterstützen würden, einen Teil des Sinai als Staatsgebiet der Palästinenser aufzubauen, könnte der gordische Knoten des ewigen Streites zerschlagen werden. Die Annexion von Judäa und Samaria durch Israel etwa mit der gewaltlosen Übernahme der Krim durch Russland zu vergleichen würde außenpolitisch sicher einige Interessenten finden, Konsequenzen sind aber reine Spekulation.
Deswegen ist es zu begrüßen, dass PM Netanjahu nicht dem Druck Einzelner aus der Knesset nachgibt, sondern Ruhe bewahrt und stattdessen den Weg für diese große Entscheidung politisch und diplomatisch vorbereitet. Ihn durch Intrigen vom politischen Spielfeld zu nehmen bedeutet einen Bruch und viele für Israel jetzt erreichbare Ziele rücken in weite Ferne. Die jüngsten Umfragen im Land zeigen. die Bevölkerung Israels steht zu Likud und damit auch zu Benjamin Netanjahu.
Mag Abbas bei Putin um dessen Gunst buhlen, mehr als freundliche Worte aus dem Kreml kann und wird es nicht geben.
Von Gerhard Werner Schlicke
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