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Meine Erinnerung an Hedwig Brenner

Sie starb vor einem Jahr im Alter von achtundneunzig Jahren, am 23. Januar 2017, in Haifa. Ich denke täglich an meine mütterliche Freundin, die alten Czernowitzer vermissen sie und ihr Wissen in ihrem Forum. Hochgeehrt und verehrt wurde sie, war in der Kunstszene bekannt wie ein bunter Hund, die jüdischen Künstlerinnen aus der ganzen Welt verehren sie noch heute. Ich erinnere an sie, die 2012 zweimal kurz hintereinander von der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich ausgezeichnet wurde.

Die große Ehre und das Bundesverdienstkreuz

Hedwig Brenner und Botschafter Michaelis in Haifa im Jahr 2012. Foto: Wollmann-Fiedler

Seine Exzellenz der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Tel Aviv, Herr Andreas Michaelis, hatte ins Cafe Arabica in Haifa in die Sderot Hanassi auf dem Carmel eingeladen. Über vierzig geladene Gäste waren gekommen; ein Sprachengemisch aus Deutsch, Russisch, Rumänisch und Englisch war zu vernehmen. All diese Menschen sind ins Land der zehn Gebote eingewandert, haben den Holocaust in Europa überlebt und wollen ohne Verfolgung und Diskriminierung an der Levante leben.

Botschafter Michaelis fand schöne und ehrende Worte für die dreiundneunzigjährige Hedwig Brenner, die die Gräuel der Nazis in der Bukowina überlebt hat und vor dreissig Jahren mit ihrer Familie in Israel einwandern durfte.

Hedwig Brenner wurde 1918 in Czernowitz als Tochter der Lehrerin Friedl Feuerstein und des Rechtsanwaltes Dr. Adolph Langhaus geboren. Als Zehnjährige verlor sie ihren Vater, wurde von Mutter und Großmutter erzogen in eine und für eine gutbürgerliche Umgebung. Gute Schulen besuchte sie, ging kurzfristig vor dem 2. Weltkrieg zum Studium nach Wien und Genf, musste zu Kriegsbeginn zurück in ihre Bukowiner Heimat.

Paul Celan, Ninon Ausländer, die dritte Frau Hermann Hesses, kannte sie in Czernowitz, auch Immanuel Weissglas. Mit Alfred Kittner, der später in Düsseldorf lebte, war sie bis zu seinem Tod 1991 freundschaftlich verbunden.

In Czernowitz heiratete sie 1939, den Diplomingenieur Gottfried Brenner, der in Prag an der Deutschen Technischen Hochschule studiert hatte. Zusammen ging das junge Paar in das Petrolgebiet nach Ploesti nahe Bukarest. Um Mutter und Schwiegermutter 1940 aus Czernowitz zu sich nach Ploesti zu holen, reisten sie nach Czernowitz. Doch konnten sie die Bukowina nicht mehr verlassen: Die Grenzen zu Rumänien wurden geschlossen.

Die Nordbukowina wurde von der sowjetischen Armee besetzt. Verwandte verschwanden in Sibirien, andere verließen das Land und gingen nach England und in die USA, um sich zu retten. Die Sowjets wurden von der deutschen Wehrmacht und den mit ihr verbündeten Rumänen zurückgedrängt. Hedwig Brenner und ihr Mann kamen ins Czernowitzer Ghetto, erlebten dort viel Unmenschliches, doch auch Menschliches, wie sie immer wieder erzählt. Sie Überlebten die Gräuel der Nazis, mit einem gekauften illegalen Propus gingen sie 1945 nach Rumänien. Wieder zogen sie ins Petrolgebiet nach Ploesti, wo Gottfried Brenner bis zu seiner Pensionierung als Ingenieur arbeitete. Hedwig Brenner bekam in Rumänien zwei Kinder und begann eine Ausbildung als Krankenschwester und Physiotherapeutin. In diesem Beruf arbeitete auch sie bis zur Rentenzeit. 130 Ausreiseanträge hat das Ehepaar an den Rumänischen Staat gestellt, doch abgelehnt wurden sie alle. Erst im fortgeschrittenen Rentenalter, 1982, bekamen sie die Genehmigung, mit den bereits erwachsenen Söhnen und Mutter Friedl Langhaus nach Israel auszuwandern zu dürfen.

Hedwig Brenner war mit Büchern aufgewachsen und begann selbst zu schreiben. Bereits in Rumänien wurden Beiträge von ihr veröffentlicht und der eine oder andere Artikel in deutsch-amerikanischen Zeitschriften. Im Jahr 2000 schrieb sie zwei Bücher über ihre Familie, ein kleines Büchlein über Czernowitz und ein Erinnerungsbuch.

Hedwig Brenner mit Bundesverdienstkreuz 2012

Seit über dreißig Jahren lebt Hedwig Brenner in Israel, in Haifa. Ein bescheidenes Leben führt sie in der neuen Heimat, erst sehr spät, vor Jahren, wurde sie Schriftstellerin. Familienbiographien schrieb sie und vor allem entstanden durch ihre Energie und Arbeitseifer fünf Lexika über „Jüdische Frauen in der bildenden Kunst“. Ca. 1500 jüdische Künstlerinnen nahm sie in diese fünf Bände auf. Recherchiert hat sie in der ganzen Welt über mehrere Jahre, um diese künstlerischen Lebensbilder zusammenzubekommen. Längst gestorbene, in Konzentrationslagern umgekommene, noch lebende Frauen in aller Welt und junge jüdische Künstlerinnen vereinte sie in diesen Werken. Eine großartige Arbeit hat diese alte Dame, Hedwig Brenner, für die Zukunft geschaffen! Die deutsche Sprache ist Hedwig Brenner geblieben, mit ihrem verstorbenen Mann sprach sie sechzig Jahre Deutsch!

Für ihre „unkonventionellen“ Lexika, „Jüdische Frauen in der Bildenden Kunst“, die sie in deutscher Sprache geschrieben hat, wurde Hedwig Brenner am 1. März 2012 mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepulik Deutschland ausgezeichnet. Botschafter Michaelis überreichte ihr den Orden mit sehr freundlichen und persönlichen Worten und einem grossen Blumenstrauss. Eine wunderbare Veranstaltung in einem hervorragenden Restaurant in Haifa, exzellent organisiert von Christoph Peleikis, dem Protokollchef und Ersten Sekretär der Deutschen Botschaft in Tel Aviv, haben wir Eingeladenen erlebt. Hedwig Brenners Familie, Freundinnen und Freunde waren gekommen, um bei ihrer grossen Ehrung dabei zu sein und ihr gratulieren zu können.

Am 16. April 2012 bekam die bienenfleißige dreiundneunzigjährige Czernowitzerin Hedwig Brenner im Altersheim Pisgat Ahuza in Haifa vom Österreichischen Botschafter in Tel Aviv Franz Josef Kuglitsch das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst. Eine sehr hohe Ehre wurde der alten Dame mit diesen beiden Auszeichnung zuteil.

Gerne erzählt und schreibt Hedwig Brenner über die Donaumonarchie, über die Bukowina und ihre Heimatstadt Czernowitz, die sie bereits 1945 verlassen hat.

Von Christel Wollmann Fiedler
Berlin im Januar 2018

 

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Von am 23/01/2018. Abgelegt unter Israel. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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