Diese Geschichte beginnt in New York und führt über Wien und Tel Aviv nach Berlin.
Im Juni 2017 fand im UNO-Hauptquartier in New York die Konferenz “Enable” statt, deren Thema die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention in den verschiedenen Unterzeichnerstaaten war. Im Rahmen der Konferenz gab es eine gemeinsame Veranstaltung von Australien, Deutschland und Israel, die sich mit der Macht von Sprache als Instrument der Integration beschäftigte. Bei der Veranstaltung sprach unter anderem Sarel Oren Ohana, Leiter des Projektes “Sag’s weiter in Gebärdensprache” der Organisationen “Access Israel”. Ohana stellte das Projekt vor und erzählte davon, wie als Mensch ohne Behinderung dazu kam, sich für die Verständigung zwischen hörbehinderten und Menschen ohne Behinderung einzusetzen.
Das von Ohana vorgestellte Projekt bringt seit bald zehn Jahren in einem Kurs von sechs jeweils zweistündigen Treffen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Welt der Gehörlosen in Israel näher. Dabei erwerben sie auch die Grundlagen der Gebärdensprache. Die Kurse sind subventioniert und die Teilnahmegebühr dadurch sehr niedrig. Nach Abschluss hat jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin eine Mission: Die Grundlagen der Gebärdensprache, die er oder sie in dem Kurs gelernt haben, wenigstens an einen Menschen weiterzugeben. Bei kostenlosen monatlichen Tandemtreffen in Cafés kann die Sprache außerdem praktiziert werden.
Eine nächste Stufe des Projektes war ein gezielter Einsatz sozialer Medien. Ohana produzierte Filme über Erlebnisse aus seinen Kursen und stellte sie online. In einem weiteren Schritt gelang es ihm, Prominente dafür zu gewinnen, das bekannte Lied „Ani ve-ata neshane et ha-Olam“ (Ich und du, wir verändern die Welt) in Gebärdensprache zu singen – gemeinsam mit einer oder einem Gehörlosen. Schließlich sangen Hunderte auf der Straße Lieder in Gebärdensprache.
Heute, beinahe zehn Jahre nach den Anfängen des Projekts, können zehntausende Menschen in Israel in Gebärdensprache kommunzieren, ohne dass Sie zuvor in Kontakt mit Gehörlosen gekommen waren. Die Gebärdensprache wird an zwei Universitäten in sehr beliebten Kursen unterrichtet. Das Projekt wurde bei der Zero-Project-Konferenz in diesem Jahr in Wien als Best Innovative Practice for 2017 ausgezeichnet.
Zurück nach New York: Bei der UN-Konferenz Enable wurde eines der Panels von Verena Bentele geleitet, der Behindertenbeauftragten der Bundesregierung. Die Bundesbeauftragte, so erzählt es Ohana, war von dem Projekt und seinen Erfolgen begeistert und erklärte, die Lage in Deutschland sei eher umgekehrt: Es fehle an Dolmetschern für Gebärdensprache, und in der Gesellschaft bestehe kein Wunsch, die Sprache zu lernen. Bentele habe auch nach der Veranstaltung großes Interesse gezeigt und gefragt, wie ein solches Projekt wohl in Deutschland umgesetzt werden könne. Im Sommer, so Bentele, plane sie eine Reise nach Israel und würde dort gern Näheres erfahren. Im August 2017 besuchten dann Gabriele Lösekrug-Möller, damals Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, und die Bundesbeauftragte Bentele Israel, um sich über die Lage von Menschen mit Behinderung dort und die Gesetzeslage bezüglich Inklusion zu informieren, sowie ausgewählte Projekte zu besuchen. Hier trafen sie auch mit Sarel Oren Ohana und Michal Rimon, der Generalsekretärin von Access Israel zusammen, die das Projekt vorstellten.
Zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember war die Organisation nun nach Berlin eingeladen, wo sie bei einer Tagung zum Thema Inklusion das Projekt „Sag’s weiter in Gebärdensprache“ in zwei Foren vorstellen konnten: in dem allgemeinen Forum, in dem die Bemühungen Israels vorgestellt wurden, die Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderung sicherzustellen; und in einem kleineren Forum, in dem lediglich Organisationen von Hörbehinderten in Deutschland vertreten waren. Es gab großes Interesse, und nach der Präsentation gab es einen Austausch zu Möglichkeiten der Implementierung und Finanzierung des Projekts in Deutschland.
In ihrer Schlussrede auf der Konferenz erwähnte Lösekrug-Möller Israel als Land, von dem man auf dem Gebiet der Rechte für Menschen mit Behinderung und kreativen Projekte lernen könnte.
Wir sind gespannt, ob es bald auch in Deutschland heißt: „Sag’s weiter in Gebärdensprache.“ Natürliche Beziehungen gibt es: Die israelische und die deutsche Gebärdensprache sind die einzigen, die miteinander linguistische verwandt sind. Denn es waren Gehörlosenlehrer aus Deutschland, die die israelische Gebärdensprache ab den 1930er Jahren entwickelt haben.
Quelle: Access Israel/Botschaft des Staates Israel
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