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Die vergessenen Flüchtlinge – Teil II Vom jüdischen Flüchtling zum freien israelischen Bürger

Mitte des 20. Jahrhunderts verschlechterte sich die Situation für Juden in den arabischen Ländern markant. Seit Bekanntwerden des UN-Teilungsplanes im Jahr 1947 kam es zunächst im Jemen zu dramatischen Pogromen. Durch diese Pogrome hatte die jüdische Gemeinschaft im Jemen, aber auch in Aden, Eritrea und Dschibuti, de facto keine Lebensgrundlage mehr. Unter dem Namen „Operation Fliegender Teppich“ wurden in den Jahren 1949 bis 1950 etwa 50.000 Vertriebene nach Israel gebracht. Um diese Transporte zu ermöglichen, wurden Geheimverhandlungen geführt, Briten und Amerikaner stellten Transportflugzeuge zur Verfügung.

Operation Fliegender Teppich. Foto: Archiv/GPO

Am 16. Mai 1948 veröffentlichte Mallory Brown einen aufrüttelnden Artikel in der NY Times: „Jews in grave danger in all moslem lands“. Die Befürchtungen könnten deutlicher nicht sein. Nicht nur, dass die herrschenden Spannungen jederzeit in eine Welle der Gewalt gegen Juden kippen könnte, auch von Kautionszahlungen ist die Rede, von Zurücklassung von jeglichem Besitz. Insgesamt sitzen fast 900.000 Juden am Tag der Staatsgründung Israels in der Falle. Und sie machen sich auf, alleingelassen und ohne Perspektive. Nichts hatte geholfen, die scheinbare Eingliederung in die islamische Gesellschaft war nur kurzfristig hilfreich gewesen. Sie machten sich auf, zu Fuss, oder, wenn sie Glück hatten, auf einem Schiff oder mit einem Flugzeug.

Es war auf jeden Fall der Weg in eine ungewisse Zukunft.

Und der Exodus ist noch nicht beendet. Zwischen 2003 und 2016 wurden in geheim gehaltenen Aktionen etwa 220 Juden aus dem Jemen nach Israel geholt. Bis auf 40 Menschen, die sich auf einem speziell geschützten Areal neben der US Botschaft in der Hauptstadt Saana aufhalten, gibt es nun keine Juden mehr dort. Mit dem letzten Flug im März 2015 kam auch der Gemeinderabbiner, der eine mehr als 500 Jahre alte Torah Rolle mitbrachte.

Im Iran, jenem Staat, der immer wieder damit droht, Israel zerstören zu wollen, leben hingegen derzeit zwischen 10.000 und 25.000 Juden. Die Zahl variiert je nachdem, wer die Statistik erstellt hat. Sie leben unter dem Schutz des Regimes, geniessen Religionsfreiheit und sind eine als Minderheit anerkannte Volksgruppe. Und trotzdem, sie sind Bürger zweiter Klasse. Der Aufstieg in höhere Positionen im öffentlichen Dienst bleibt ihnen verwehrt. Bei den Wahlen dürfen sie Juden oder Moslems wählen, Moslems hingegen dürfen keine jüdischen Kandidaten wählen. Der Iran braucht sie einerseits als Beweis für seine vorgetäuschte liberale Politik, zum anderen aber auch als Unterpfand. Sollte Israel jemals den Gottesstaat angreifen, werden die jüdischen Bürger sicher die ersten Opfer sein. Die moderne Form des Dhimmitums.

Wer heute von den vergessenen Flüchtlingen des Nahen Ostens spricht, der meint damit die palästinensischen Flüchtlinge, die grossteils auf Anweisung ihrer eigenen Clanchefs ihre Siedlungen verlassen haben. Sie gingen in der Hoffnung, dass sie nach kurzer Zeit als Sieger wieder zurückkehren könnten. Ihre Hoffnung erwies sich als falsch. Sie wurden Opfer einer fehlgeleiteten Propaganda.

Die UNO hat mehr als 600 Resolutionen zum Thema „Israel-Palästina“ verabschiedet, 101 davon behandeln das Thema „palästinensische Flüchtlinge“. Aber es gibt keine einzige Resolution, die sich mit den jüdischen Flüchtlingen aus arabischen Ländern auseinandersetzt. Dabei ist deren Zahl nahezu doppelt zu hoch. Aussagekräftig ist auch die angesetzte Summe der bei der Flucht zurückgelassenen Vermögenswerte.

In den frühen 50er Jahren nahm Sir John Measham Berncastle, der lange Zeit in Palästina den Wert von Liegenschaften eingeschätzt hatte, im Auftrag der United Nations Conciliation Commission for Palestine (UNCCP) eine Einschätzung des bei der Flucht zurückgelassenen Vermögens von arabischen Flüchtlingen vor. Er kam zum Schluss, dass der Gesamtwert an Grund und Boden, Häusern, Schmuck, Bargeld und nicht zuletzt auf den bei israelischen Banken eingefrorenen Konten bei etwa 4.4 Milliarden US$ (Wert 2012) liegen würde. Diese Beträge resultieren aus den Fluchtwellen um die Staatsgründung und aus der Zeit nach dem Sechs Tage Krieg. Das klingt dramatisch.

Aber, es darf nicht vergessen werden, dass von der Hätscheltruppe der UNO, der speziell und einmalig für eine Gruppe von Flüchtlingen geschaffenen UNWRA, unendlich viele Gelder gesammelt werden. Als kleine Wiedergutmachung. Pech nur, dass die einfachen Palästinenser davon nichts mitbekommen.

Die jüdischen Flüchtlinge mussten entweder ihr Hab und Gut zu Spottpreisen verkaufen, oder sie flohen nur mit dem, was sie am Leib hatten. Ihre Verluste werden mit 6.7 Milliarden US$ beziffert. Verloren für immer, denn da gibt es niemanden, keine NGO, keine UNO Hätscheltruppe, die sich für diese Menschen einsetzen würde. Sie flohen mit Nichts und sie kamen mit Nichts in Israel an.

Der junge Staat Israel, gerade erst gegründet, sah sich durch die enormen Flüchtlingswellen bis an seine Grenzen gefordert. Innerhalb kurzer Zeit verdoppelte sich die Bevölkerungszahl, eine ausreichende Versorgung mit Nahrungsmitteln schien zeitweise nicht mehr gesichert. Doch das Wunder gelang, die Flüchtlinge, die oft über Jahre hinaus in Flüchtlingscamps leben mussten, wurden in die israelische Gemeinschaft integriert.

Ich wage an dieser Stelle ein Rechenexempel. Aus ursprünglich etwa 700.000 palästinensischen Flüchtlingen wurden bis zum Jahr 2017 eine Zahl von 5 Millionen, also eine Vervielfachung um Faktor 7. Ganz anders bei jüdischen Flüchtlingen. Ihr „Flüchtlingsstatus“ erlischt unmittelbar nach der Registrierung als Einwanderer in Israel.

Zum aktuellen Jahreswechsel 5778 sprach die Statistik von 6.5 Millionen jüdischen Israelis. Etwa 50% davon sind Nachkommen der jüdischen Flüchtlinge aus den arabischen Ländern, das entspricht etwa 3.25 Millionen, also eine Vervielfachung um Faktor 3, was innerhalb von 70 Jahren durchaus realistisch ist.

Warum aber nun die vergessenen Flüchtlinge?

Der leider nur in Englisch verfügbare Film: „The forgotten refugees“ beleuchtet das Thema der Million vergessener Flüchtlinge an Hand von Berichten von Söhnen und Töchtern von Geflohenen, aber auch von historischen Zeugnissen. Gefragt, warum sie sich als „vergessene Flüchtlinge“ bezeichnen, antwortet eine Frau: “Wir wurden aus dem Bild der gesamten Geschichte des Nahen Ostens völlig herausgeschnitten.“ Und sie fügt selbstbewusst hinzu „Dabei sind wir das Gesichts Israels.“ Eine andere sagt: „Niemand hat uns beachtet, wir wurden gar nicht wahrgenommen. Wir spürten die grosse Ungerechtigkeit, der wir uns ausgesetzt sahen. Aber was hätten wir tun können? So haben wir unseren Schmerz runtergeschluckt und haben weitergemacht. Heute denke ich, dass uns das auch geholfen hat, uns schneller in die israelische Gesellschaft zu integrieren. Die ägyptische Regierung hat uns alles genommen. Wir werden nie zurückkehren. Aber wir werden unseren Kampf um Gerechtigkeit auch nie aufgeben.“ Gegen das Vergessen muss gekämpft werden: „Wir wollen sprechen, wir wollen unsere Geschichten erzählen. Wir wollen nicht, dass unsere Geschichte, unser reiches Erbe, das älter als dreitausend Jahre ist, vergessen wird.“

Ein kleiner, aber doch bedeutender Schritt in diese Richtung wurde im Sommer 2015 von der Knesset beschlossen. Als nationaler Gedenktag für die aus arabischen Ländern geflüchteten Juden wird der 30. November festgelegt. Dieses Datum markiert den Tag, an dem im Jahr 1947 der UN Teilungsplan bekannt gegeben wurde. Und der damit die Geburtsstunde des Jüdischen Staates Israel darstellt.

Am 30. Oktober 1947 fanden in zahlreichen arabischen Staaten „spontane“ Angriffe und Überfälle auf ihre jüdischen Gemeinden statt, der Beginn des grossen Exodus’.

Es ist für jeden Menschen unendlich schwer, ein Flüchtling zu werden oder mit dem Stigma des Flüchtlingsstatus leben zu müssen. Es ist daher nicht moralisch, das jeweilige Elend mit dem einer anderen Flüchtlingsgruppe aufzurechnen. Es gibt nur, wie bereits oben geschrieben, eine einzige Gruppe, die der palästinensischen Flüchtlinge, die nicht nur von der UNO bestens betreut und „vermarktet“ wird. Der mediale Fokus wird immer wieder auf sie gerichtet, die aufgeblähten Zahlen immer wieder veröffentlicht, um den riesigen medialen, politischen und wirtschaftlichen Aufwand zu rechtfertigen, der rund um sie betrieben wird.

Einer der Kernsätze des römischen Rechts „Audiatur et altera pars“ wird in der UNO nicht angewendet, wenn es um die jüdischen Flüchtlinge geht. Deren Existenz wird dort schlichtweg ignoriert.

Meine Absicht ist es, jene Flüchtlingsgruppe in den Mittelpunkt zu stellen, über die so selten gesprochen wird, die jüdischen Flüchtlinge aus arabischen Staaten.

Von Esther Scheiner

 

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Von am 27/09/2017. Abgelegt unter Israel. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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