Adolf Hitler wollte Berlin in die „Welthauptstadt Germania“ umwandeln, die Hauptstadt des „Dritten Reiches“ sollte zum Nabel der Welt werden. Noch im März des Jahres 1942 tönte der Jahrhundertmörder: „Berlin wird als Welthauptstadt nur mit dem alten Ägypten, Babylon oder Rom vergleichbar sein! Was ist London, was ist Paris dagegen..?“
Zwar waren Pläne für den Umbau Berlins nicht neu, denn die Stadt hatte sich nach der Reichsgründung 1871 stark ausgedehnt und städtebaulich kaum nach einem großen Plan weiter entwickelt, jedoch blieben alle Ideen durch den Ersten Weltkrieg und die politisch schwierige Zeit der Weimarer Republik in den Schreibtischschubladen. Erst mit der „Machtübernahme“ Hitlers im Januar 1933 änderte sich dies schlagartig: die Neuplanung Berlins wurde zur Chefsache. Kein Wunder: Adolf Hitler hatte schon Jahre zuvor Ideen zur architektonischen Entwicklung der Hauptstadt des Reiches entwickelt. In einer Besprechung unter anderem mit Vertretern der Stadt im September 1933 ließ der Diktator keinen Zweifel an seiner Vision: „Berlin als Reichshauptstadt eines 65-Millionen-Volkes muss städtebaulich und kulturell auf solche Höhe gebracht werden, dass es mit allen Hauptstädten der Welt konkurrieren kann!“
Schon zu diesem Zeitpunkt äußerte er seine Vorstellungen von einer Nord-Süd-Achse, die zum neuen Dreh- und Angelpunkt Berlins werden sollte. In der Stadt allerdings gab es zunächst nur vereinzelte Planungen, so zum Beispiel zur Umgestaltung von Stadtplätzen. Mit derartigen kurzzeitigen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen verstanden es die Nazis, propagandistisch den Eindruck einer „Arbeitsschlacht“ zu erwecken, die Menschen schnell in Lohn und Brot brachte. Erst mit dem Neubau der Reichsbank – heute Auswärtiges Amt – in der Stadtmitte zeigte sich bereits der Einfluss der Nazis. Hitler persönlich bestimmte trotz eines Wettbewerbs einen Entwurf zu Ausführung, der bereits den Habitus künftiger Nazi-Bauten erahnen ließ: großer Baukörper, massive Werksteinfassade und betonte Fensterrahmungen.
Weitere Bauten wie das Reichsluftfahrtministerium, 1935/36, – heute Bundesfinanzministerium – oder der „Weltflughafen“ Tempelhof setzten mit ihrer Massivität und Größe markante Meilensteine in der Stadt, ohne jedoch Teil eines übergeordneten Planes zu sein. Eine erste städtebauliche Grundkonzeption bildete das Reichssportfeld mit dem Olympiastadion, das für die olympischen Sommerspiele im Jahre 1936 errichtet wurde. Die starke axiale Ausrichtung auf den Glockenturm – als gedachter „Führerturm“ – zeigte, wie die Nazis sich größere Anlagen vorstellten und welche politisch-propagandistische Funktion zu erfüllen war. Im Frühjahr 1936 war der „Führer“ immer mehr verärgert: Die Stadtverwaltung äußerte anhaltend Bedenken zum Umfang sowie zu den enormen Kosten des Vorhabens und versuchte dieses zu bremsen.
Kurzerhand beauftragte Hitler – natürlich streng geheim – Albert Speer mit der Gesamtplanung. Am 30. Januar 1937 ernannte er Speer schließlich offiziell zum „Generalbauinspekteur für die Reichshauptstadt“ (GBI) und setzte als Endziel das Jahr 1950 an. Dann sollte nach seinem Willen Berlin in Germania umgetauft werden! Ausgestattet mit weitreichenden Vollmachten zogen der GBI und seine Dienststelle, die direkt Hitler unterstellt war, in die „Akademie der Künste“ direkt neben dem Brandenburger Tor ein. Kein Zufall, konnte Hitler doch die rückwärtigen Modellsäle bequem und ohne öffentliches Aufsehen von der Reichskanzlei durch die Ministergärten erreichen. Der von albert Speer erstellte „Generalbebauungsplan“ sah ein Achsenkreuz vor, dessen Achsen – 50 Kilometer in Ost-West- bzw. 38,5 Kilometer in Nord-Süd-Richtung – sich etwaa in Höhe des Brandenburger Tores schneiden sollten.
Vier große Ringstraßen hätten die Achsen immer wieder gekreuzt. Die Planungen für Berlin sahen letztlich Platz für insgesamt zehn Millionen Einwohner vor. Kernstück der Planungen war das cirka sieben Kilometer lange Mittelstück der Achse zwischen Nord- und Südbahnhof, für das sich Hitler besonders interessierte. Vom Südbahnhof – Länge 400 m – gelangte man auf die „Große Straße“, die in ihrer letzten Planfassung 140 Meter breit war – und damit die Pariser Champs-Elysees übertroffen hätte. Im Anschluss an den großen Bahnhofsvorplatz sah Speer eine „Beutewaffenallee“ vor, die direkt zum ersten „Highlight“ Germanias führen sollte: dem Triumphbogen. Als gebaute Dolchstoßlegende sollte er symbolhaft für das „im Felde unbesiegte“ deutsche Heer stehen. Im Attikakreuz des knapp 120 Meter hohen Tores waren alle Namen der gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkrieges eingemeißelt in Stein vorgesehen.
In nördlicher Richtung plante Speer entlang der Achse bis zu 200 Meter lange Großbauten, darunter über zehn einzelne Ministerien, Parteibauten, Vergnügungsstätten – u.a. Oper, Operette, Kino – oder Repräsentationsbauten der deutschen Wirtschaft. Am „Runden Platz“ war eine Soldatenhalle vorgesehen, die als Mahn- und Gedenkstätte auf den Tod für das Vaterland vorbereiten sollte. Höhepunkt der Planung war das Großgermanische Forum im Spreebogen, wo sich neben dem Führerpalast die Große Kuppelhalle erheben sollte. Auf einem quadratischen Grundriss von 300 mal 300 Metern stehend wäre sie etwa 350 Meter hoch geworden. Der Petersdom in Rom hätte in das für 180.000 Menschen vorgesehene Gebäude fast 17-fach hineingepasst.
Auf der Spitze der Kuppel platzierte Speer auf Weisung Hitlers 1940 den Adler auf der Weltkugel – ein eindeutiger Hinweis auf des „Führers“ Streben nach der Weltherrschaft. Der Reichstag sollte als Bibliothek erhalten bleiben. Die Siegessäule, die bis 1938 vor dem Reichstag stand, wurde – erhöht – auf ihren heutigen Standort auf der bereits am 20. April 1939 eingeweihten Ost-West-Achse versetzt. Speer hatte aber ein Problem: Auch wenn er frei werdendes Bahngelände nutzen wollte, so sollten den Planungen dennoch über 50.000 Wohnungen zum Oper fallen. Bis zu 200.000 Menschen hätten eine neue Bleibe gebraucht. Um diesen „Abrissmietern“ gleichwertigen Ersatz bieten zu können, wollte Speer die Gesetzgebung gegen die jüdische Bevölkerung nutzen und griff nach deren Wohnungen.
Unter seiner Ägide wurden knapp 24.000 jüdische Wohnungen erfasst und rund 75.000 Juden „umgesiedelt“! Dabei entwickelte sich Speer zusammen mit anderen Instanzen des Nazi-Terrorstaates zum Motor der „Entjudung“ Berlins. Ohne Zweifel wollte er auf Kosten der Berliner Juden seine Neugestaltungspläne umsetzen. Dazu kam es letztlich nicht mehr. Trotz des offiziellen Startschusses am 14. Juni 1938 kamen die Bauarbeiten bei Kriegsbeginn zum Erliegen. Zwar ging es nach dem siegreichen Frankreich-Feldzug 1940 zunächst weiter, jedoch beendete die Niederlage bei Stalingrad im Januar 1943 die Germania-Planung.
Und das war auch gut so..!
Von Rolf von Ameln
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