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Korporal Gaya: Kommandantin einer Kampftruppe

Gaya Bertele ist der Name einer bekannten Konditorei in Petach Tikwa, in der Nähe von Tel Aviv. Viele der dort produzierten und angebotenen Kuchen haben einen Hauch von “hausgemachtem Kuchen aus Deutschland” kombiniert mit einem Hauch von israelisch bunt. Cross-over pastry. Der Eigentümer dieses Kuchenparadieses ist Hans Bertele. Der Name klingt deutsch. Und er ist es auch.

Die Familie Bertele. Foto: Jewish breaking news

Dass Hans seit vielen Jahren als Jude in Israel lebt hat ihm die Zauberfee, die an seiner Wiege stand, nicht geweissagt. Wäre es nach seinem Vater gegangen, so wäre er heute ein stramm rechter Deutscher, der möglicherweisen an allen anti-Israel Demos in Deutschland teilnehmen würde. Und der in einem Monat die AfD wählen würde.

Hans wurde gegen Ende des zweiten Weltkrieges geboren. Seine Familie war christlich. Hans hatte sechs Geschwister. Einer seiner Brüder wurde als Flakhelfer mit knapp 16 Jahren eingezogen und geriet nach einem Monat in britische Gefangenschaft. Er war Teil von Hitlers letztem Versuch, den Krieg, der schon verloren war, doch noch zu gewinnen. Ein zweiter Bruder war Pilot und wurde abgeschossen. Ein Bruder lebt noch in Deutschland. Zu ihm gibt es Kontakt, aber er ist sehr anti-israelisch. Israel hat er nie besucht, wird es auch nicht tun. Obwohl er regelmässig mit der Familie telefoniert, und er es besser wissen müsste, glaubt er an das Israel Bild, das von den Medien so einseitig-verzerrt gezeichnet wird.

Sein Vater, Johann Bertele, war ein eingeschworener Nationalsozialist. Er lebte und arbeitete für seine Überzeugung, die grausame Ideologie der Nazis zu stärken. Er wurde mit dem Posten eines Bürgermeisters in einer süddeutschen Kleinstadt belohnt. Und er bewährte sich, indem er den Ort “judenrein” hielt und jeden, der nicht linientreu war, an die Nazischergen auslieferte. Seiner Meinung nach, so erinnert sich sein Sohn Hans, “waren alle Juden Schweine, betrügerisch und gierig”. Auch nach dem Krieg hat er seine Einstellung nicht geändert. Im Gegenteil, er weinte der Zeit des Nationalsozialismus nach und hing, bis zu seinem Tod, immer noch der Rassentheorie an.

Hans Bertele fühlte sich nicht wohl. Nicht in seiner Familie, nicht in Deutschland, nicht als Deutscher. Er litt unter der Kälte, die viele Menschen ausstrahlten, und die ihn auch in der Familie umfing. Die Uebergenauigkeit, das penible an die Regeln halten. Er wollte raus. Raus aus dieser Umgebung und möglichst weit weg sein Leben selbstbestimmt gestalten.

Hans entschloss sich zu einer Ausbildung als Konditor und schloss einen Arbeitsvertrag mit Hilton International ab, die seinerzeit zwei Hotels in Israel betrieben, eines in Tel Aviv und das zweite in Jerusalem, welches heute nicht mehr existiert. Die 60er Jahre waren, wenn man die Kibbuz Programme ausser acht lässt, für die deutsch-israelischen Beziehungen noch problematisch. Offiziell wurden die diplomatischen Beziehungen im Jahr 1965 aufgenommen, davor hatte es schon mehrere inoffizielle politische Kontakte gegeben. Hans ging nach Israel und musste erleben, dass man ihm teilweise sehr reserviert gegenüber stand. Auch die durchaus korrekte Angabe, er sei doch Schweizer half nicht, die Gräben zu überwinden. Der fehlende schwiizerdütsche Akzent hat ihn verraten. Zu der Zeit war auch Israel noch nicht so aufgeschlossen gegenüber Deutschen wie heute. Die Wunden des Holocaust hatten noch nicht begonnen zu heilen. In den meisten Familien hatte es Opfer gegeben, verfolgt, ermordet. Menschen, die sterben mussten, nur weil sie Juden waren.

Doch Hans gab nicht auf. Israel wurde mehr und mehr zu dem Land, in dem er zu sich selber fand. Vom typischen Israeli, Sabre genannt, wird behauptet, aussen so stachelig wie eine Kaktusfeige zu sein, aber innen auch deren Süsse zu haben. Der kratzbürstige Charakter der in Israel geborenen Menschen sprach ihn an. Die Mischung aus Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit, die Liebe zu ihrem Land Israel, das jeder Einzelne verteidigte, das war es, was er wollte. Er wollte Israeli werden und Jude.

Der Weg, den er nun begann war hart und langwierig. Das Ziel war die Aufnahme ins Judentum. Im Alter von 26 Jahren schloss er den Prozess vor dem Rabbinatsgericht ab. Wenige Tag später begann er seinen Dienst bei den IDF und nahm als Schütze am Yom Kippur Krieg teil, der vom 6. bis zum 26. Oktober 1973 auf israelischer Seite 2656 Tote und 7250 Verletzte forderte.

Hier in Israel traf Hans seine Frau Galit. Ihre Grossmutter ist eine Überlebende des Holocaust. Ihre gesamte Familie wurde in Auschwitz ermordet. Dieser warmherzigen Frau gelang es, das zu tun, was viele noch lebende Holocaustüberlebende bis heute nicht schaffen. Sie nahm Hans mit offenen Armen auf. Nie hat sie ihn zur Verantwortung gezogen für das, was sein Vater getan hat. Vielmehr hat sie es hoch geschätzt, dass er seinen Weg so geradlinig gegangen ist und sie hat vor allem auch erkannt, wie stark er sich in das Judentum eingefügt hat.

Gaya Bertele. Foto: IDF

Gaya Bertele ist der Name einer jungen Frau. Sie dient bei den “Bardales” (Cheetah) an der ägyptischen Grenze in der Wüste, der Arava. Bardales ist eines von vier gemischten Batallionen der kämpfenden Truppe. Nach einem Unfall kann sie nicht mehr als Gruppen Kommandantin arbeiten und wurde in die Organisationszentrale des Batallions versetzt.

Gaya ist die Tochter von Galit und Hans. In der Schule hat sie über den Holocaust gehört, auch darüber wie die Nazis schon jüdische Schulkinder angriffen. “Aber weil mein Grossvater ein Nazi war, habe ich natürlich ganz andere Einsichten gewonnen. Ich habe über die antisemitische Nazi Ideologie von meinem Vater gehört. Der hat sie ja von seinem Vater eingetrichtert bekommen. Teil der Aufgabe meines Grossvater war, seinen Ort judenrein zu halten. Keiner, der nicht 100%ig arisch war, durfte dort leben. Das war es, für das mein Grossvater mit aller Macht kämpfte. Für die Reinhaltung der Rasse und für die Verbreitung und Stärkung des 3. Reiches.

Für Gaya hat der Kampf gegen Rassismus höchste Priorität. Dies und das Wissen um die Schrecken des Holocaust hat Gaya bewogen, sich für die kämpfenden Truppen zu melden. Sie möchte dazu aktiv beitragen, ihr Volk zu schützen.

“Für mich sind das zwei Kreise, die sich rund um mich vereint haben. Zum Einen die Familie meiner Mutter, die zur Opferseite gehört und zum Anderen die Familie meines Vaters, die zur Täterseite gehört. Ich habe Anteile von beiden Kreisen in mir. So schütze ich jene Menschen, die von ihren Familien nicht vor den Nazischergen geschützt werden konnten und diene gleichzeitig in der Armee des Volkes, das mein Grossvater hasste und das er vernichten wollte. Gleichzeitig kann ich aber auch den Weg meines Vaters weitergehen, indem ich seiner tiefen Spiritualität folge. Sie war immerhin der Auslöser dafür, sich einem für ihn fremden Volk anzuschliessen und der Kultur in der er aufgewachsen war zu entsagen. “

“Mein Grossvater”, so beendet Gaya das Gespräch “ würde sich im Grab umdrehen, wenn er wüsste, dass sein Sohn zum Judentum übergetreten ist und ich in der IDF Karriere mache. Er würde jeden Kontakt mit uns abbrechen.”

Von Esther Scheiner

 

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Von am 28/08/2017. Abgelegt unter Israel. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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