Jedes Jahr im Monat August läuft in Südkorea ein militärisches Spektakel ab, denn unweit der gemeinsamen Grenze am 38. Breitengrad feuert die Allianz aus Südkoreanern und Amerikanern mit ihrer Artillerie auf imaginäre Ziele, die nordkoreanisches Miltär darstellen sollen. Rund 80.000 Soldaten aus Südkorea und den USA üben gemeinsam die Abwehr eines Angriffes aus dem Norden. Oft schon haben diese Manöver ernsthafte Krisen hervorgerufen. Doch in diesem Jahr ist man schon zwei Wochen vorher äußerst nervös geworden; – man benötigte keine Panzer oder Armeeaufmärsche, es reichten Worte wie diese: „Nordkorea sollte besser keine Drohungen gegen die USA aussprechen. Sie werden mit Feuer und Zorn beantwortet, wie es die Welt noch nicht gesehen hat.“
Von seinem Golfplatz aus feuerte Trump diese Worte ab, die die Welt in Kriegsangst versetzten. Sie kamen fast einer Kriegserklärung gleich, denn Trump ignorierte damit die ungeschriebene Doktrin, dass ein US-Präsident nicht mit dem Atomwaffenarsenal prahlt wie ein unreifer Teenager. Es fehlte nur noch die Drohung, dass er Pjönjang in Schutt und Asche legen würde! Trump, so recherchierte die „New York Times“ plante weder seine Worte noch informierte er seine Berater, und dies ausgerechnet bei diesem brandgefährlichen Thema. Trump heizte damit die Eskalationsspirale an und erhöhte somit das Risiko einer militärischen Auseinandersetzung mit Nordkorea. Dabei müsste Trump eines wissen: Ein Krieg würde wohl unausweichlich Hunderttausende Leben kosten, Südkoreas Hauptstadt Seoul zerstören, US-Stützpunkte in Ostasien könnten angegriffen werden, möglicherweise auch noch Städte in den USA.
Nordkorea würde dem Erdboden gleich gemacht werden und die Weltwirtschaft einen Schock erleiden. Und weil gerade diese Folgen so gravierend sind, will niemand diesen Krieg, auch Donald Trump nicht, das ist zumindest die Hoffnung? Jedoch besteht die Gefahr, dass die immer neuen, unkontrollierten Drohungen beider Seiten dazu führen, dass eine Seite sich eines Tages gezwungen sehen könnte anzugreifen, um einem eventuellen Erstschlag des Gegners zuvorzukommen. Selten war die Gefahr hierfür so groß wie in den vergangenen Wochen, da auf beiden Seiten des Pazifischen Ozeans „Sprengköpfe“ sitzen, deren Existenzgrundlage wüste Drohungen waren. Auf der einen Seite Trump, der unbeherrschte „Twitter-König“, dem nach etwas mehr als 200 Tagen im Amt bislang kaum etwas von seinen Wahlversprechungen gelungen ist.
Und auf der anderen Seite Nordkoreas Diktator, bei dem das Kriegsgeheul Teil seiner Machtinszenierung ist. So tönte es Ende Juli aus Nordkorea, man werde all jene Länder auslöschen, welche die „höchste Würde“ des Landes bedrohten, notfalls auch mit „nuklearen Mitteln“. Nach Trumps unüberlegten Tirade von „Feuer und Zorn“ hieß es promt aus Nordkorea, man werde wenn nötig Mitte August vier Raketen in die Gewässer vor der Insel Guam abfeuern, amerikanisches Territorium und Luftwaffenstützpunkt. Auch ein baldiger sechster Atomtest ist mehr als wahrscheinlich. Die meisten vorherigen amerikanischen Präsidenten hatten sich an das Säbelrasseln aus Nordkorea gewöhnt; – nicht so Trump, der auf nahezu jede Drohung aus dem Norden mit einer Gegendrohung antwortete.
All das zeigt, dass der amerikanische Präsident sich nicht kontrollieren lässt, obgleich genau diese Hoffnung mit der Berufung von John Kelly zum Stabschef im Weißen Haus verbunden war. Doch dann kam ein Zeichen, welches Chaos in Washington hersschte, indem dann ausgerechnet der Verteidigungsminister noch mehr Öl ins Feuer goss und Nordkorea warnte, „alle Erwägungen von Maßnahmen einzustellen, die zum Ende des Regimes und zur Zerstörung des Volkes“ führten. Amerikanischen Schätzungen zufolge hortet der nordkoreanische Diktator an die 60 Atomwaffen und treibt seine Militärtechniker zur Eile an, um immer mehr Atomwaffen zu erhalten.
Donald Trump sollte jedoch auch bedenken, dass auch noch eine dritte Macht „im Spiel“ ist: China. Bislang hat Peking kaum erkennen lassen, dass es selbst aktiver Verantwortung für Nordkoreas Herrscher übernehmen will. Genau dies Zurückhaltung nährt den Zweifel, dass Peking weniger an einer Lösung interessiert ist als an der Wahrung seiner Interessen: nämlich die Hegemonie der USA im Pazifik zu brechen und zur Führungsmacht in der Region aufzusteigen. Mehr noch als die Atomwaffen aus Nordkorea aber fürchtet Peking einen Zusammenbruch des Regimes sowie eine nachfolgende Wiedervereinigung unter Führung von Seoul und Washington – in deren Folge amerikanische Soldaten an der eigenen Grenze stationiert sein könnten.
Am Ende wird sich die Welt wohl damit abfinden müssen, dass Nordkorea zur Atommacht wird. Trumps Vorgänger handelten weitaus besonnener, als die Sowjetunion und China zu Atommächten wurden. Seither gilt die fragile Logik der gegenseitigen Abschreckung, die dafür sorgte, dass seit 72 Jahren keine einzige Atomwaffe im Krieg eingesetzt wurde. Donald Trump ist jetzt 71 Jahre alt, in den friedlichsten aller Zeiten aufgewachsen, die – nicht nur sein Land – je kannten. Bleibt nur zu hoffen, dass er nicht doch eines Tages zu seinem „Atom-Code-Koffer“ greift; – zuzutrauen wäre ihm alles.
Von Rolf von Ameln
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