Was die Pariser Tageszeitung am Freitag, den 12. Juni 1936 zu berichten wusste: ein Stück Zeitgeschichte
Das Exilblatt „Pariser Tageszeitung“ titelte am 12. Juni 1936: Einheitsfront gegen den Verrat. Die Stimme der anständigen Menschen: Von Freunden unseres Blattes, von führenden Persönlichkeiten der Emigration und von ihren maßgebenden Organisationen sind uns eine ganze Reihe von Sympathieerklärungen zugegangen, die beweisen, dass unser Schritt nicht nur bei unseren engeren Gesinnungsfreunden, sondern darüber hinaus bei allen rechtlich fühlenden und anständig denkenden Menschen Verständnis und Anerkennung findet.
Viel Glück und Erfolg! Das alte „Pariser Tageblatt“ ist tot. Es lebe die neue „Pariser Tageszeitung!“ Für die vielen, die sich heute in Frankreich für Deutschland interessieren, scheint es mir notwendig, darauf hinzuweisen, dass die Schreibweise in diesem Blatt weniger tendenziös sein muss, als es die heutige offizielle und offiziöse deutsche Presse ist, denn eine andere existiert legal dort nicht. Im Namen der Liga für Menschenrechte und allen unversöhnlichen Gegnern des Faschismus und der Rassentheorie, dieser Schande der Menschheit, wünsche ich dem neuen Organ viel Glück und Erfolg.
Victor Busch, Präsident der französischen Liga für Menschenrechte.
Und weiter geht es: Goebbels täuscht sich! Das „Pariser Tageblatt“ in seiner bisherigen Gestalt ist den Nazis und namentlich ihrem Propagandaministerium höchst unbequem geworden. Auf diesen Erfolg dürfen die Redakteure und Mitarbeiter dieses Blattes stolz sein. Der Beweis ist erbracht, dass sie ihre Pflicht getan haben. Nun gibt sich Herr Goebbels dem Glauben hin, er habe den lästigen Ankläger mundtot gemacht, weil es ihm gelungen ist, mit Hilfe von Geldmitteln, die das Hitlerregime dem unglücklichen deutschen Volk abpresst, die Zeitung in seine Hand zu bringen. Er täuscht sich: Er hat ein Blatt Papier erworben, aber er kann nicht die Gesinnung derer kaufen, für die Recht und Freiheit nicht leere Worte sind. Die Hoffnung lebt, dass sie in gemeinsamer Front opferbereit zusammenstehen werden, um den Kampf gegen Barbarei und Niedertracht weiterzuführen. An die Stelle des „Pariser Tageblatts“ tritt die „Pariser Tageszeitung“. Alle Gegner des Hakenkreuzes geben ihr den Wunsch mit auf den Weg, dass sie den deutschen Machthabern noch weit mehr Missbehagen bereiten und noch tiefere Wunden schlagen möge, als der Vorgänger getan hat.
Rud. Breitscheid.
Die nächste Meldung lautet: Dieselbe Weise – derselbe Text… Ich gratuliere den Herren Kollegen der neuen „Pariser Tageszeitung“ sowohl an ihrer geschickten Entlarvung des abermaligen Nazicoups auf ihre bisherige Zeitung, wie zu der Energie und dem Opfermut, mit dem sie das sofortige Erscheinen eines neuen freiheitlichen Kampfblattes ermöglicht haben. Diese Art nazistischer Korrumpierungsversuche, deren Weise und Text wir zur Genüge aus zwei ähnlichen Versuchen der nationalsozialistischen Partei an der Saar kennen, die beide ebenfalls an der Wachsamkeit unserer Kollegen scheiterten, kennzeichnen die Mentalität der augenblicklich herrschenden Partei des Dritten Reiches nicht weniger als ihrer Angst vor dem tapferen und zähen Kampf der deutschen Opposition. Allen Erfolg zum neuen Start: Die Despotie des Hakenkreuzes muss stürzen und sie wird stürzen.
Max Braun.
Über das Blatt selbst wird in einer der nächsten Ausgabe berichtet.
Von Rolf von Ameln
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