Aufgrund der Berichterstattung in den ISRAEL NACHRICHTEN am 13.01.2017 über den Brandanschlag auf die Bergische Synagoge in Wuppertal in der Nacht vom 28. auf den 29. Juli 2014, den das Amtsgericht Wuppertal in seiner Urteilsbegründung als „Kritik an Israel“ ohne antisemitischen Hintergrund eingestuft hatte, meldete sich der Pressesprecher des OLG Düsseldorf fernmündlich und schriftlich bei der Redaktion dieser Zeitung.
In einem sehr angenehm geführten Telefongespräch teilte der Richter und Pressedezernent am Oberlandesgericht Düsseldorf, Herr Andreas Vitek, mit, dass in den Israel-Nachrichten und der Jerusalem Post diesbezüglich leider unzutreffend berichtet wurde, was für großen Wirbel im Ausland gesorgt habe.
Desweiteren habe dem Amtsgericht -Jugendschöffengericht- Wuppertal in seiner Urteilsbegründung (die der Redaktion in Abschrift vorliegt) keine Beweise für einen antisemitischen Hintergrund der Tat vorgelegen. Hierzu aus der schriftlichen Urteilsbegründung vom 05.02.2015 unter Aktenzeichen 84 Ls-50 Js 156/14-22/14:
„Als Motiv der Tat kam allerdings auch Antisemitismus in Betracht. Dafür sprach der Umstand, dass die Angeklagten als Palästinenser und Angehörige muslimischen Glaubens mit Brandsätzen eine jüdische Synagoge beworfen haben. Diese zugegebenermaßen schwerwiegenden Indizien, ließen für das Gericht allein jedoch nicht den hinreichend sicheren Schluss zu, dass die Tat in jedem Falle antisemitisch motiviert war. Denn das Ergebnis der Ermittlungen ergab ansonsten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagten antisemitisch eingestellt sind. Die Polizei hat die Wohnungen der Angeklagten durchsucht und Zeugen aus ihrem Umfeld befragt. Es ergaben sich daraus keine Umstände, die den Rückschluss zulassen könnten, dass die Angeklagten eine grundsätzlich judenfeindliche Einstellung haben. Das Gericht konnte daher im Ergebnis nicht sicher ausschließen, dass möglicherweise auch tatsächlich eine rein politische Motivation, jedenfalls bei zwei der drei Angeklagten, der Grund für die Tatbegehung war[…]“ Das Urteil nebst Gründen ist auf der Seite www.nrwe.de und den Eingaben „Amtsgericht“, „Wuppertal“ und dem Datum „05.02.2015“ nachzulesen.
Was nun den in der Berichterstattung dieser Zeitung am 13.01.2017 geäußerten und von Herrn Vitek beanstandeten Vorwurf der „Kritik an Israel“ betrifft, heißt es in der Urteilsbegründung des AG Wuppertal vom 05.02.2015 unter Aktenzeichen 84 Ls-50 Js 156/14-22/14 weiter:
„Die Angeklagten haben ihre eigene Tatbeteiligung und die der Mitangeklagten jeweils gestanden. Als Motiv für ihre Tat gaben die Angeklagten F und B an, dass sie mit ihrer Tat Aufmerksamkeit auf den zu dieser Zeit andauernden bewaffneten Konflikt zwischen Israel und den im Gaza-Streifen lebenden Palästinensern lenken wollten. Der Angeklagte B2 konnte kein Motiv nennen. Alle drei gaben an, dass sie nichts gegen Juden hätten.“
Unter der Schlagzeile „Deutsches Gericht nennt Brandanschlag auf Synagoge Kritik an Israel” heißt es in dem Bericht dieser Zeitung:
„Drei Palästinenser mit deutscher Staatsangehörigkeit, versuchten im Juli 2014 mit Molotow-Cocktails die Wuppertaler Synagoge in Brand zu setzen. Die örtliche Wuppertaler Gerichtsbehörde sagte in ihrer Entscheidung von 2015, dass die drei Männer mit ihrer Tat “auf den Gaza-Konflikt” mit Israel aufmerksam machen wollten. Das Gericht hielt den Angriff für nicht durch Antisemitismus motiviert. Israel hatte im Sommer 2014 die Operation “Protective Edge” gestartet, um die Raketenangriffe der Hamas auf israelisches Territorium zu stoppen.“ Den ganzen Bericht können Sie HIER nachlesen.
Darstellung des Sachverhaltes durch den Pressedezernenten des Düsseldorfer OLG
Herr Andreas Vitek, Richter und Pressedezernent am Oberlandesgericht Düsseldorf, schrieb in einer Email an ISRAEL NACHRICHTEN folgende Darstellung aus Sicht des Gerichtes:
„Wie sich aus den Urteilen meines Erachtens unzweifelhaft ergibt, hält keines der beteiligten Gerichte die Tat der Angeklagten für gerechtfertigt, schon gar nicht aufgrund einer „begründeten Kritik“ an Israel. Im Gegenteil. Die Angeklagten sind wegen der Tat zu Freiheitsstrafen verurteilt worden, die vom Berufungsgericht erhöht worden sind. Das Oberlandesgericht hat die Revision eines der Angeklagten gegen das Berufungsurteil verworfen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Oberlandesgericht an die der Verurteilung zugrundeliegenden Feststellungen des Amts- und Landgerichts gebunden war. Eine Überprüfung der Motivation der Angeklagten ist und konnte daher durch das Oberlandesgericht Düsseldorf nicht erfolgen. Als Revisionsgericht trifft der Senat keine eigenen Tatsachenfeststellungen. Eine Überprüfung durch den Senat, ob das Amtsgericht zu Recht von einer fehlenden antisemitischen Motivation des Angeklagten ausgegangen ist, konnte und durfte daher nicht erfolgen. Aus diesem Grund hat der Senat durch seine Entscheidung auch nicht die Auffassung des Amtsgerichts als zutreffend bewertet.“
Stellungnahme des Herausgeber der ISRAEL NACHRICHTEN
Aus Gründen der Glaubwürdigkeit kann und darf ich den Vorwurf an die Redaktion der ISRAEL NACHRICHTEN in ihrer Berichterstattung über den versuchten Brandanschlag auf die Wuppertaler Synagoge „unzutreffend berichtet“ zu haben, nicht ungeprüft und unwidersprochen hinnehmen.
Es stellt sich deshalb die Frage, ist ein mit „Kritik an Israel“ begründeter versuchter Brandanschlag auf eine Synagoge antisemitisch motiviert und deshalb als Antisemitismus zu bezeichnen, oder nicht?
Antisemitismus-Definition
„Eine einheitliche, allgemeinverbindliche Definition von Antisemitismus existiert nicht. Das „European Monitoring Center against Racism and Xenophobia“ (EUMC) in Wien hat 2005 eine Arbeitsdefinition vorgeschlagen, die Antisemitismus formal sowohl als eine Wahrnehmungsweise („a certain perception of Jews, which may be expressed as hatred toward Jews“), als auch als gegen Juden bzw. jüdische Einrichtungen gerichtete verbale oder physische Handlungen („rhetorical and physical manifestations“) definiert, wobei sich diese auch gegen Nicht-Juden, wenn diese „jüdische Interessen“ unterstützen oder fälschlich für Juden gehalten werden, und gegen den Staat Israel als jüdisches Kollektiv richten können.„ (bpb).
Unter Zugrundelegung der Antisemitismus-Definition des EUMC in Wien aus dem Jahr 2005, und der Begründung im Urteil des AG-Wuppertal in dem es u.a. heißt, „An der M-Straße diskutierten sie über den Konflikt und schließlich kam unter ihnen die Idee auf, Brandsätze auf die jüdische Synagoge zu werfen …“, war der Brandanschlag auf die Bergische Synagoge in Wuppertal antisemitisch motiviert und darf deshalb als „Antisemitismus“ bezeichnet werden.
Es stellt sich desweiteren die Frage, ist der in der Einleitung des Artikel geschriebene Satz, „Ein deutsches Landgericht in der Stadt Wuppertal bekräftigte am heutigen Freitag eine Gerichtsentscheidung, wonach ein gewaltsamer Versuch von drei jungen Palästinensern im Jahr 2014, die Synagoge in der Stadt nieder zu brennen, ein begründeter Ausdruck der Kritik an der Politik Israels sei“, gerechtfertigt oder nicht?
In der schriftlichen Urteilsbegründung vom 05.02.2015 unter Aktenzeichen 84 Ls-50 Js 156/14-22/14 des AG-Wuppertal heißt es u.a.: „Als Motiv für ihre Tat gaben die Angeklagten F und B an, dass sie mit ihrer Tat Aufmerksamkeit auf den zu dieser Zeit andauernden bewaffneten Konflikt zwischen Israel und den im Gaza-Streifen lebenden Palästinensern lenken wollten.“
Aus den o.a. Aussagen der Angeklagten ergibt sich m.E. unzweifelhaft „ein begründeter Ausdruck der Kritik an der Politik Israels“, auch wenn das Gericht in der Urteilsbegründung an anderer Stelle, für mich zumindest widersprüchlich in Anbetracht der oben zitierten Aussagen der Tatbeteiligten schreibt, „… wobei nicht sicher festgestellt werden konnte welches Motiv sie im Einzelnen dazu bewog.“
Im Endergebnis komme ich deshalb zu dem Schluss, dass die Redaktion der ISRAEL NACHRICHTEN in dem zur Debatte stehenden und vom Pressedezernenten des OLG-Düsseldorf beanstandeten Artikel, nicht unzutreffend berichtet hat.
Dr. Dean Grunwald
Verleger/Herausgeber
Israel Nachrichten Ltd.
Zichron Yaakov, Israel
Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie uns bitte mit einer Spende, oder werden Sie Mitglied der Israel-Nachrichten.
Durch einen technischen Fehler, ist die Kommentarfunktion ausgeschaltet!
Leserkommentare geben nicht die Meinung der Redaktion wieder. Wie in einer Demokratie ueblich achten wir die Freiheit der Rede behalten uns aber vor, Kommentare nicht, gekuerzt oder in Auszuegen zu veroeffentlichen. Anonyme Zuschriften werden nicht beruecksichtigt.