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Meine Erinnerung an Lya Schajowicz…

Alljährlich begegneten wir uns zum Essen bei meiner Freundin Hedwig Brenner in der Silver Street in Haifa. Gerne sahen wir uns, mochten uns. Beide hatten wir am gleichen Tag Geburtstag, das stellten wir irgendwann fest. So ganz en passent erfuhr ich ein wenig aus ihrer bukowiner Vergangenheit:

Synagoge in Gurahumora. Foto: "Geschichte der Juden in der Bukowina" herausgegeben von Hugo Gold

Synagoge in Gurahumora. Foto: „Geschichte der Juden in der Bukowina“ herausgegeben von Hugo Gold

Als Lya Thaler wurde sie am 8. Juli 1922 in Gura Humora in der Südbukowina geboren. Mit ihrer gesamten Familie wurde sie 1941 in die gefürchteten Arbeitslager nach Transnistrien deportiert. Sie überlebte die Gräuel der Nazizeit, kam 1945 in die Ukraine und weiter nach Iassy in die Moldau. Von dort fuhr sie mit den Eltern mit dem Pferdefuhrwerk nach Dorna zurück. Dort stand ein alter Mann mit langem Bart vor dem Haus. Sie stiegen von dem Pferdefuhrwerk und der Bärtige fiel in Ohnmacht. Seine Schwester, Lyas Mutter, erkannte er, wähnte sie tot. Vor Freude fiel er in Ohnmacht und ließ den Bart abschneiden. Dieser war in den Jahren des Wartens so lang geworden. In der Bukowina, in Dorna, lernte Lya Jakob Schajowicz aus Czernowitz kennen, der im Jahr 1911 in Kimpolung geboren wurde. Jakob zog 1941 mit der sowjetischen Armee in den 2. Weltkrieg, weiter nach Osten. Als Übersetzer wurde er nach Stalingrad und Kasachstan mitgenommen und kam 1945 mit der Roten Armee in Berlin an. Juden aus der Sowjetunion wurden nach Oradea in Siebenbürgen gebracht, dann kehrte er ins Buchenland zurück. Lya und Jakob heirateten am 29. Dezember 1946 in Vatra Dornei.

1947 machte sich das junge Paar auf den Weg nach Israel, wollten nach den Judenverfolgungen und dem Krieg in eine neue Heimat. Zu Fuß und mit dem Zug ging es bis an die Donau, in Rustschuck liefen sie über die Donaubrücke nach Bulgarien. Mit dem Zug fuhren sie weiter nach Burgas. Zwei Schiffe fuhren vom Hafen in Burgas am Schwarzen Meer mit je 3000 Personen nach Haifa. Illegal wurden sie eingeschifft, von den Engländern abgefangen und mit dem Kriegsschiff nach Zypern gebracht. Ein Sommer- und ein Winterlager gab es in Larnaka. Zelte mussten die Einwanderer aufstellen, Strohmatten für die Eisenbetten waren vorhanden. 5 Personen waren in einem Zelt untergebracht. Von 1947 bis 1948 lebten Lya, Jakob und Lyas Eltern auf Zypern, der englischen Insel, und kamen erst dann in Israel an, in dem Land, das sie sich gewünscht hatten.

In Hadera, dem Ort aus dem 19. Jahrhundert, unweit der antiken Stadt Caesarea, kamen sie als Einwanderer an, lebten das dürftige Leben der Einwandere, schwer war das Leben. Im Juli 1949 wurde der Sohn Shlomo, das einzige Kind von Lya und Jakob, geboren.

1952 zog die Familie in einen modernen Moshav in die Nähe von Haifa und später in die Stadt Haifa. Shlomo, der Sohn besuchte die Schulen in Haifa und war drei Jahre bei der Israelischen Armee. 1970 begann er an der School of Design in Rhode Island sein Architekturstudium, setzte seine Studien als Architekt und Stadtplaner in Harvard fort. Shlomo gründete eine Familie und Lya bekam drei Enkel und später vier Urenkel. In einem Büro arbeitete Lya Schajowicz bis zu ihrer Pensionierung. Zusammen mit ihrem Mann besuchte sie oft die Kinder und Enkelkinder in den Vereinigten Staaten. Dr. Emanuel Hacken und seine Frau Vera waren eng befreundet mit Lya und Jakob Schajowicz, Hedwig und Gottfried Brenner aus Czernowitz kamen als Freunde hinzu, ebenso Jakob und Mathilde Witzthum und Dr. Berthold Merdler mit seiner Frau Bella. Sie bildeten in Haifa ihren bukowiner Freundeskreis. Lyas Ehemann Jakob starb im November 1999 in Haifa und wurde in der Hafenstadt am Carmel beerdigt. Die Einsamkeit begleitete Lya, doch in ihrem Club war sie weiter aktiv, ins Theater und Konzert ging sie mit Freunden. Von der Wohnung kam sie mit einundneunzig Jahren aus gesundheitlichen Gründen ins Elternheim. Shlomo kam oft nach Haifa und telefonierte täglich mit seiner Mutter Lya, ebenso sprach Hedy Brenner, die siebenundneunzigjährige Freundin von Lya, fast täglich mit ihr. Die Nichte Aviva Wind war der Tante bis zuletzt sehr eng verbunden.

Am 8. März 2016 starb die dreiundneunzigjährige Lya Schajowicz geborene Thaler in Haifa im Beisein ihres Sohnes Shlomo und ihrer Enkelsöhne Benjy und Tani, über fünftausend Kilometer entfernt von der geliebten Bukowina.

Ich kam zu spät nach Haifa, konnte sie nicht mehr besuchen. Bin sehr traurig darüber, hätte gerne ihre Hand gehalten.
Von Christel Wollmann-Fiedler

 

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Von am 24/03/2016. Abgelegt unter Europa. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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