Im Sommer des Jahres 1942 feierten deutsche und italienische Verbände große Erfolge an der Afrika-Front. Rommel wurde von der Nazi-Propaganda zum „Wüstenfuchs“ hochstilisiert. Doch im Frühjahr 1943 war das „Abenteuer Afrika“ der deutschen Wehrmacht vorbei. Mit Hilfe der Amerikaner war es den Engländern gelungen, Nordafrika zurückzuerobern.
20. Juni 1942: Deutsche und italienische Truppenverbände greifen die Festung Tobruk an, in der sich englische, indische und südafrikanische Soldaten verschanzten. Die Stadt galt als Dreh- und Angelpunkt des Krieges in Nordafrika. Von den Italienern war sie in den 1930-er Jahren zur Festung ausgebaut worden. Von den Engländern im Januar 1941 rasch besetzt, scheiterte die Rückeroberung durch deutsche Truppen im April und Mai 1941. Erwin Rommel war immer wieder vergebens gegen die starken Verteidigungsanlagen angerannt. Im Sommer 1942 stand Rommel nach hin und her wogenden Kämpfen in der libyschen Wüste erneut vor Tobruk. Die Engländer waren sich sicher, die Stadt auch diesmal zu halten und so den Krieg von Ägypten fernhalten zu können.
Doch vollkommen überraschend durchstießen die deutschen Panzerverbände den Festungsring,, brachen in das Innere der Verteidigungsstellungen ein. Nur 24 Stunden später standen sie am Hafen von Tobruk. Der Festungskommandant, der südafrikanische Generalmajor Hendrik Klopper, kapitulierte. 33.000 Mann gingen in Gefangenschaft. Die Beute an Waffen, Munition, Benzin und Verpflegung war enorm. Die Nazi-Propaganda triumphierte. Rommel wurde von Adolf Hitler zum jüngsten Gerneralfeldmarschall der „Großdeutschen Wehrmacht“ ernannt. Der Diktator war außer sich vor Freude. Und er war jetzt davon überzeugt, dass nun die Chance bestand, England Ägypten zu entreißen und im Zusammenwirken mit der Offensive am Südabschnitt der Ostfront „das ganze Orientgebäude des britischen Reiches zum Einsturz“ zu bringen.
Doch der Operationsplan der Achsenmächte sah eigentlich vor, zunächst die Insel Malta zu erobern, um endlich die Bedrohung der eigenen Nachschubwege zu beseitigen. Dies hätte jedoch etliche Wochen gedauert, sodass die Schwächeperiode der Briten nach dem Fall Tobruks ungenutzt verstrichen wäre. Hitler, Rommel und schließlich Mussolini befahlen daher den weiteren Vormarsch. Der englische Premierminister Winston Churchill war über die Nachricht vom Fall der Festung Tobruk schockiert. Später schrieb er, dass dies eine der schlimmsten Nachrichten gewesen sei, die ihm während des Krieges erreichten. Nachdem im Februar 1942 die Festung Singapur mit 85.000 Mann vor unterlegenen japanischen Streitkräften kapituliert hatte, ergab sich gerade einmal vier Monate später mit Tobruk die nächste Festung.
Der Ruf der britischen Armee stand auf dem Spiel und natürlich die britische Stellung im Nahen Osten. Churchill bat den amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt um Hilfe und der entsandte sofort 300 moderne Panzer, 100 Geschütze sowie amerikanische Fliegerstreitkräfte nach Ägypten. Sie trafen dort bis Anfang September 1942 ein und spielten für den weiteren Verlauf der Kämpfe eine entscheidende Rolle. Fünf Tage nach dem Triumph von Tobruk waren die deutschen und italienischen Verbände bereits 300 Kilometer weiter nach Osten vorgedrungen. Mit viel Glück gelang es ihnen, das festungsartig ausgebaute Hafenstädtchen Marsa Matruth einzunehmen, noch einmal 8.000 Gefangene zu machen und Versorgungslager für eine Division zu erbeuten.
Ende Juni erreichte Rommel dann die letzte britische Stellung vor dem Nil: 120 Kilometer westlich von Kairo, zwischen der Bahnstation El Alamein und der rund 100 Kilometer südlich davon liegenden unpassierbaren Kattara-Senke war vom englischen Oberkommando hastig ein Verteidigungsgürtel aufgebaut worden. In einer letzten Anstrengung sollte auch diese Hürde genommen und das ersehnte Ziel Kairo erreicht werden. Doch um die deutsch-italienische Panzerarmee stand es schlecht. Zwischen dem 20. und 30. Juni 1942 war sie 500 Kilometer vormarschiert. Die Nachschubwege waren viel zu lang. Rommel verfügte nur noch über 50 einsatzbereite Panzer. Zu allem Übel hatten die Briten die Luftherrschaft und bombardierten unaufhaltsam die vorrückenden deutschen Truppen.
Am 1. Juli 1942 griff Rommel die englische Stellung an. Doch diesmal gelang es nicht, den Gegner zu täuschen und zu überraschen. Die geschwächten deutschen Einheiten blieben im Feuer der Verteidiger liegen. Alle Versuche, die El-Alamein-Stellung in den folgenden Wochen zu durchbrechen scheiterten, ja es gelang den britischen Truppen sogar zurückzuschlagen und zwei italienische Divisionen zu vernichten. Rommel war nur zu sehr bewusst, in welch problematischer Lage er sich befand. So hatte sich gezeigt, dass in Tobruk und Marsa Matruth nur geringe Mengen an Nachschub gelöscht werden konnten. Die meisten Güter mussten aus dem libyschen Bengasi oder gar aus Tripolis herangeschafft werden.
Der Nachschub für die britische 8. Armee floss hingegen reichlich. Zudem hatten die Engländer nun einen entscheidenden Vorteil, den sie schon bei der ersten Schlacht um El Alamein auszunutzen verstanden. Sie konnten die deutschen Funksprüche mitlesen und Rommel so in die Karten schauen. Die deutsche Feindaufklärung tappte in diesen Wochen hingegen weitgehend im Dunkeln. Nachdem die deutschen und italienischen Verbände im Verlauf des August langsam aufgefüllt worden waren, griff Rommel am 30. August erneut an. Rommel war Realist genug um zu sehen, dass sich die Engländer in der Zwischenzeit erheblich verstärkt hatten und er im besten Fall einen taktischen Erfolg erringen werden könnte.
Der Nil lag jetzt schon in einer unerreichbaren Ferne. Wie es zu erwarten war, scheiterte der Angriff an der Luft- und Panzerüberlegenheit der Briten. Unter ihrem neuen Oberbefehlshaber Bernhard Montgomery bereiteten diese nun ihrerseits eine Großoffensive vor, um Rommel aus Ägypten zu vertreiben. Alle Generäle der Panzerarmee Afrika wussten um die schwierige Lage, weil immer weniger Nachschub die Front vor El Alamein erreichte und die feindliche Luftherrschaft immer bedrohlichere Ausmaße annahm. Gleichwohl gaben sich Hitler und Goebbels optimistisch. Rommel, der wegen seines angeschlagenen Gesundheitszustandes eine Kur in Deutschland antreten musste, fügte sich in das offizielle Porpagandabild und konnte nur hoffen, dass Hitler seine Versprechungen bezüglich Verstärkung endlich einmal einhalten würde.
Am 23. Oktober 1942 griff Montgomerys 8. Armee mit großer materieller Überlegenheit die Stellungen der deutsch-italienischen Panzerarmee an. Knapp zwei Wochen lang vermochte der nach Nordafrika zurückgekehrte Rommel den englischen Ansturm aufzuhalten. Dann neigte sich der ungleiche Kampf dem Ende entgegen. Am 3. November, die Deutschen verfügten nur noch über 35 Panzer, drohte der endgültige Durchbruch. Nun musste rasch gehandelt werden, damit die eigenen Einheiten nicht vollständig vernichtet würden. Rommel wollte in dieser Situation das einzig Richtige tun und den sofortigen Rückzug anordnen. Hitler aber verbot jedes Ausweichen, glaubte, dass „der stärkere Wille über die stärkeren Bataillone“ siegen würde.
„Ihrer Truppe aber können Sie keinen anderen Weg zeigen als den zum Siege oder zum Tode“, so der „Führer“ in einem Drahtbericht an Rommel. Mit der Rückendeckung seines Oberkommandierenden Albert Kesselring widersetzte sich Rommel dem Befehl zum Untergang und befahl den Rückzug. So gelang es ihm, seine Divisionen noch einmal zu retten. Doch die Niederlage war nur eine Frage der Zeit. Am 8. November 1942 landeten die Alliierten in Marokko und Algerien. Sie konnten nur mit Mühe von rasch verlegten Einheiten der Wehrmacht in Tunesien vorübergehend aufgehalten werden. Rommel zog sich mit seinen ihm verbliebenen Truppen bis Februar 1943 bis an die libysch-tunesische Grenze zurück.
Viele sahen darin seine größte militärische Leistung. Doch gegen die alliierte Übermacht war auch Tunesien nicht mehr lange zu halten. Am 13. Mai kapitulierten die deutschen und italienischen Truppen. Rommel war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr in Afrika. Er war im März 1943 abberufen worden, da er zunehmend an dem Sinn der Kämpfe gezweifelt hatte. Ihm war bewusst geworden, dass der „Führer Großdeutschlands“ nicht willens war, den militärischen Realitäten ins Auge zu sehen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen.
Zigtausend deutsche Soldaten gingen in britische oder amerikanische Kriegsgefangenschaft, und viele von ihnen wurden in die USA verschifft; – darunter auch mein Vater, der Geschützführer an der von den Alliierten gefürchteten „8,8“ war. Mit Datum vom 10. Juni 1943 teilte er meiner Mutter mit, dass er sich in einem amerikanischen Kriegsgefangenenlager befindet. Unter diesem Satz steht: Ich befinde mich in einem Amerikanischen Konzentrationslager! – durchgestrichen. Hatten die Amerikaner etwa auch die Absicht, es den Deutschen mit gleicher Münze heimzuzahlen. Bis heute kann diese Frage nicht beantwortet werden. Und auch das ist gut so.
Von Rolf von Ameln
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