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Die “Taliban Frauen” von Jerusalem

Ja, Frauen sollen sich bescheiden kleiden. Das sagen zumindest ihre orthodoxen Ehemänner. Sie sollen, sobald sie entweder von einer Heiratsvermittlerin ausgesucht, bei einer der mittlerweile unzähligen „Schiudduch“ online Portale oder im Balztanz auserkoren wurden und unter der Chuppa gestanden haben, ihr Haar verdecken, da es „begehrliche Blicke“ anzieht, die ab nun nur mehr dem Ehemann zugebilligt werden.

Frauen wollen gerne attraktiv sein, mit oder ohne Haar.

Um beides auf einem Kopf zu vereinen, gibt es zwei Möglichkeiten: die Perücke über dem eigenen Haar, oder auf dem geschorenen Kopf oder das Kopftuch „Tichel“ zu wählen.

Perücken sind teuer, wenn sie aus Echthaar hergestellt werden. Dafür erfüllen sie dann die persönliche Vorstellung der künftigen Trägerin. Schwarz wie Rihanna, blond wie Helene Fischer, feuerrot wie Milva, braun oder eisgrau wie Dalia Lavi einst und jetzt. Es darf kurz sein, oder lang, gelockt oder glatt, fein oder kräftig. Echthaarperücken bedürfen einer regelmässigen Pflege, kosten um die € 2000 und sind etwa vier Jahre benutzbar. Kunsthaarperücken sind wesentlich günstiger in der Anschaffung, einfacher in der Pflege und halten länger.

Eines ist sicher, sie sehen meist so echt aus, dass sich an der männlichen Begierde kaum etwas ändert. Sollten sich da nicht die Männer ändern? Sich besser im Griff haben? Statt verstohlen zwischen den Fingern durchzuschauen, wenn eine attraktive Frau an ihnen vorbeiläuft?

Der ehemalige sephardische Oberrabbiner Ovadia Yosef hat richtigerweise das Tragen von Perücken kurzerhand verboten, ihm war klar, dass durch nur der eigene Haarschmuck durch den fremden ersetzt wird, am „Problem“ selbst sich aber gar nichts ändert. Also tragen heute sephardischen Frauen überwiegend „Tichel“, Haarnetze, Hüte oder was auch immer als bescheidene Bedeckung der Haare geeignet ist. Aschkenasische Frauen entscheiden sich eher für die Perücke.

Eine Frau soll in der Öffentlichkeit nicht singen, nicht laut sprechen, schon gar nicht mit einem fremden Mann, sie soll am besten unsichtbar sein.

Auch die Figur muss diskret vor neugierigen Blicken verborgen bleiben, Hals, Nacken, Ellbogen und natürlich auch die Beine müssen sich ihnen entziehen. In Mea Shearim, dem Viertel der Ultraorthodoxen in Jerusalem kann man an allen Eingängen lesen, was von der Touristin erwartet wird, die in Ruhe durch die ehemals pittoresken, nun aber teilweise zum Slum verkommenen Gässchen schlendern will.

Tourismusmarketing à la Mea Shearim.

Tourismusmarketing à la Mea Shearim.

ine Gruppe von extrem radikalen Frauen hat es sich zum Ziel gesetzt, all diesen Wünschen ihrer Männer voll und ganz zu folgen und sich diesen modischen Wahnsinn auch noch schönzureden, indem sie ihn zur strikten (pseudo) halachischen Notwendigkeit hochstilisieren.

Sieht man sie wie entleibte Schatten durch die Strässchen huschen, nicht selten mit einer oder mehreren „Minikopien“ an der Hand, so wähnt man sich fast in Afghanistan oder in Saudi Arabien. Es sind konturlose Gestalten, die versuchen, sich unsichtbar zu machen, und die dabei doch umso mehr auffallen.

Frauen in diesen islamischen Ländern werden von der Scharia, also dem de facto Gesetz zu diesem Mummenschanz gezwungen. Sie können sich des tiefen Mitgefühls aller Menschen gewiss sein, die dafür kämpfen, dass die Rechte von Mann und Frau identisch sind.

Burqa Trägerinnen in Afghanistan

Burqa Trägerinnen in Afghanistan

Aber Frauen in Israel, in diesem wunderbaren demokratischen Land, in dem die Frau seit der Staatsgründung ganz selbstverständlich dem Mann gleichgestellt ist, in dem Land, in dem der weitaus grösste Teil der unverheirateten Frauen selbstverständlich den Wehrdienst ableistet, dem Land, in dem es keine Ungleichheit in der Bezahlung der Arbeit gibt, dem Land, in dem die Vielfalt der Ethnien eine Vielfalt von wunderschönen Frauen hervorgebracht hat, was hat diese Frauen dazu gebracht, sich so zu verunstalten?

Man nennt sie die Taliban Frauen. Sie gehören zu einer kleinen radikalen, anti-zionistischen Sekte, die von Beit Shemesh ausgehend auch in Jerusalem und Sfad zu finden ist.

Traurige Bekanntheit erreichte eine Mutter von 12 Kindern aus Beit Shemesh, die im Jahr 2008 wegen Kindesmisshandlung und Vernachlässigung zu vier Jahren Haftstrafe verurteilt wurde. Ihr Mann wurde wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilt. Dass elf der zwölf Kinder sich bei Gericht für eine Strafminderung einsetzten und ihre Mutter von aller Schuld freisprachen, kann als hohes Mass der psychischen Abhängigkeit von ihr gewertet werden.

In den letzten Jahren wurden in dieser Sekte immer wieder Fälle von Kindesmisshandlungen und Inzest bekannt und Kinder erhielten keine lebensnotwendige medizinische Behandlung. Nachdem es auch sonst immer wieder zu Beschwerden seitens der Mitbürger kam, wurden in Jerusalem und Beit Shemesh Untersuchungskommissionen eingerichtet, die die kleine Gruppe der Taliban Frauen beobachten und notfalls auch einschreiten.

Wenn diese Frauen, was selten genug vorkommt, ihr Haus verlassen, dann tragen sie oftmals mehrere Schichten von Kleidungsstücken, die sicherstellen, dass auch nicht das kleinste Hautstück erkannt werden kann. Die Kleidung umfasst mehrere Lagen von Kleidern, selbstverständlich bodenlang, darüber hüftlang und zeltähnlich einen „Schal“, der Kopf und Schultern bedeckt und schlussendlich einen Schleier, der das Gesicht abdeckt. Wegen seiner Ähnlichkeit mit einer Burqa wird dieser Schal auch „Frumka“ genannt.

Wer sich eine Vorstellung davon machen möchte, wie eingeschränkt man in dieser textilen Verpackung in der Bewegung ist, kann sich einfach einmal eine möglichst grosse Tischdecke über den Kopf stülpen. Solange man gerade ausgeht, fühlt man sich noch recht sicher, doch beim Treppensteigen oder bergab gehen, behindert der Stoff in der freien Sicht, jeder Schritt wird zum Abenteuer. Das Betreten einer Strasse stellt eine lebensgefährliche Situation dar, die diese Frauen aus eigenem Antrieb auch schon ihren kleinen Töchtern zumuten!

Vor wenigen Tagen gelang es einer Journalistin von Ynet, sich für wenige Tage unerkannt in der Gruppe aufzuhalten und einen Einblick in das Leben der Taliban Frauen zu gewinnen. Als sie dann schlussendlich entdeckt wurde, musste sie die Polizei rufen, die sie retteten.

Weitaus ergiebiger war das zugelassene Interview, welches vor einigen Jahren vom SPON gemacht wurde. Besonders beachtenswert sind die Aussagen des Ehemanns und der Abspann!

Die Ehemänner der Taliban Frauen dürften mit der Art von religiöser Verkleidung nicht immer glücklich sein. Es ist in ihrem Sinne, dass ihre Frauen sich unauffällig und bescheiden kleiden. So, wie es seit Generationen bei ihnen Usus ist. Was diese Frauen allerdings erreichen, ist genau das Gegenteil, sie erreichen einen hohen Grad an depersonalisierter Beachtung, wann immer sie in den Strassen auftauchen.

Ein weiterer Aspekt, der nicht ausser Acht gelassen werden darf, ist die Gefahr, dass sich unter den Kleidern nicht nur dem Extremismus zugeneigte Frauen verbergen, sondern dass sie auch die perfekte Tarnung für Terroristen sein können. Im Jahr 2014 kam es zu einem Vorfall an der Klagemauer, als sich eine Taliban Frau über den Platz bewegte und auf Zurufe der Sicherheitskräfte nicht reagierte. Um sie zu stoppen, wurde nach einem Warnschuss gezielt auf die Beine geschossen. Die Frau, die sich als harmlos entpuppte, trug mittelschwere Verletzungen davon.

Befremdend ist, dass diesem verwerflichen Trend Gedankengut der Scharia und des extremen Islam zugrunde liegt und der nichts mit Judentum zu tun hat. Die Taliban Frauen entfernen sich mit ihrem Tun vom Judentum, das nur und ausschließlich den Gesetzen der Tora und der Halacha verpflichtet ist.

Ich möchte unbedingt darauf hinweisen, dass es sich bei den Taliban Frauen nicht um Mitglieder der Mainstream Orthodoxie handelt. Im Gegenteil, sie werden von diesen strikt abgelehnt!

Von Esther Scheiner

 

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Von am 29/09/2015. Abgelegt unter Israel. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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