Fast hat man es kommen sehen. Die Zeichen standen seit Tagen schon auf Sturm.
Bet El (Haus des Herrn) ist eine uralte jüdische Siedlung, die irgendwann in Vergessenheit geriet. Seit 1967, also mit der Eroberung des WJL wurden dort Einrichtungen, die der militärischen Verwaltung der Region dienen auf einem Militärgelände errichtet.
1977 wurde von 15 Familien, die dem nationalreligiösen Siedlertum zugerechnet werden, eine neue Siedlung errichtet. Heute befindet sich dort auch die israelische Zivilverwaltung für den Bezirk Ramallah.
Bet El gilt als eine der Hochburgen der radikalen Gush Emunim (Block der Getreuen) Bewegung. Ziel dieser Bewegung ist es, ganz Eretz Israel wieder in Besitz zu nehmen. Dazu gehören Gaza, das WJL und Ostjerusalem. Mitglieder Gush Emunim Bewegung, die in Ende der 70er bis Anfang der 80er Jahre auch im Untergrund agierten, wurden häufig durch aggressive Anschläge gegen Palästinenser bekannt. Eines ihrer Ziele war es, den Felsendom in Jerusalem zu zerstören.
2014 nannte PM Netanyahu Bet El als vierten Siedlungsblock, der neben Ariel, Gush Etzion und Ma’ale Adumim im Falle eines Landabtausches unbedingt bei Israel verbleiben muss.
Der in den letzten Tagen vorgenommenen Abriss der sogenannten „Dreinoff“ Häuser hat eine lange Vorgeschichte.
Bereits 2008 hatten Palästinenser zu Recht Beschwerde eingelegt, dass im Ulpana Viertel Ende der 80er Jahre illegale Häuser errichtet worden wären, die auf ihrem privaten Grund stünden. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab der Beschwerde statt, fünf Häuser mussten bis zum 1. Mai 2012 (!) geräumt, und bereit zum Abriss sein. Die Regierung legte beim OGH Beschwerde ein und versuchte eine retroaktive Baubewilligung, resp. ein retroaktives Enteignungsgesetz durchzusetzen, dem sich aber PM Netanyahu widersetzte. Statt dessen wurde beschlossen, die Häuser nicht abzureissen, sondern zu zerlegen und gemeinsam mit 300 neuen Wohneinheiten auf dem ehemaligen Militärgelände von Bet El neu zu errichten. Die aus den Häusern evakuierten Familien wurden in vom Verteidigungsministerium aufgestellten Wohncontainern untergebracht.
2010 legte Yesh Din, eine pro- palästinensische NGO, eine weitere Beschwerde beim OGH vor. Zwei Appartementhäuser des israelischen Bauherrn Meir Dreinoff, die für insgesamt 24 Familien vorgesehen waren, wurden ebenfalls auf privatem palästinensischen Grund errichtet. Nach einem fünfjährigen Rechtsstreit gab der OGH der Beschwerde statt und setzte den Abbruchbefehl für den 30. Juli 2015 fest. Obwohl es kurz vor Ende der Frist eine retroaktive Baubewilligung gab (die aber die Tatsache, dass es sich um palästinensisches Land handelt, nicht weisswäscht) wurden die Häuser termingerecht abgerissen.
PM Netanyahu teilte mit, dass nun die Baubewilligungen für die im Jahr 2012 angekündigten 300 neuen Wohneinheiten beschleunigt erteilt würden. In der Weltpresse spricht man von „neuen Wohneinheiten“, was in dieser Form nicht stimmt.
Kaum haben sich die Wogen über die Aktionen in Bet El geglättet kam heute der viel grössere Schock.
In der Nacht haben bisher noch nicht identifizierte Terroristen gegen das Haus der Familie Dawabshe im arabischen Dorf Douma, zwischen Nablus und Bet El gelegen, einen grausamen Terroranschlag durchgeführt. Sie zerstörten die Fenster und warfen Molotowcocktails in das Haus, das sofort zu brennen begann.
Während die Eltern mit dem älteren Kind, 4, sich retten konnten, gelang es der Mutter nicht, ihr zweites Kind, 1 ½, aus dem im Vollbrand stehenden Haus zu retten. Das Kleinkind, Ali, verbrannte bei lebendigem Leibe. Die Eltern wurden bei dem Anschlag schwerst verwundet, ob sie diese Verletzungen überleben werden, ist laut Angaben der behandelnden Ärzte im israelischen Sheba Krankenhaus ungewiss. Das vier Jahre alte Kind konnte erfolgreich wiederbelebt werden, befindet sich aber nach wie vor in sehr kritischem Zustand. Vor allem die Mutter erlitt beim Versuch, ihr zweites Kind zu retten grauenhafte Brandverletzungen, die mehr als 70% ihrer Hautoberfläche zerstörten.
Die Nachbarn, deren Haus ebenfalls angegriffen wurde, waren zum Zeitpunkt des Anschlages nicht daheim.
Auf den Aussenwänden fand man Graffiti mit den Worten „Rache“ und „Es lebe der König, der Messias“, Slogans, die in den letzten Monaten immer wieder bei sogenannten „price tag“ Anschlägen gegen palästinensische Häuser und Moscheen benutzt wurden.
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von Esther Scheiner
Redaktion Israel-Nachrichten.org
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