Das Wetter meinte es gut mit den Wählern, strahlender Sonnenschein mit Temperaturen zwischen 20° und 26°.
Und so hatten bis zehn Uhr immerhin schon 13,7% der ca. 5.880.000 Wahlberechtigten den Weg zu den Urnen gefunden, bis Mittag waren es 36,7%. Die Wahllokale hatten ab 7 Uhr geöffnet und schlossen um 22 Uhr.
Zu diesem Zeitpunkt werden auch die ersten Hochrechnungen veröffentlicht, nach einem Auszählungsstand von 90% erfolgt am Mittwoch ein erstes vorläufiges Ergebnis, das im Laufe des Tages immer wieder korrigiert werden wird, am Donnerstag, wenn 99% der Stimmen ausgezählt sein werden wird es kaum noch nennenswerte Änderungen geben.
Am kommenden Mittwoch, dem 25.März wird das endgültige Wahlergebnis von Präsident Rivlin verkündet werden.
Dann wird zwar vielleicht die Schlacht (i.S. von die Wahl) gewonnen sein, aber noch nicht zwangsläufig auch der echte Wahlsieger (i.S. von der künftige Premierminister) feststehen.
Präsident Rivlin wird dem Parteichef mit der größten Chance einer Regierungsbildung den Auftrag geben, eine Regierung zu bilden.
Als Beispiel die Wahl zur 18. Knesset im Jahr 2009.
„Bei der Parlamentswahl am 10.Februar war die Kadima-Partei von Außenministerin Zipi Livni zwar mit 28 Mandaten und einem Sitz Vorsprung vor dem Likud stärkste Fraktion geworden, insgesamt verfügt das erstarkte rechte Lager jedoch über eine Mehrheit von 65 Sitzen. Deshalb wurden Netanjahu mit dem Likud-Block größere Chancen eingeräumt, eine Koalition zu schmieden.
Zünglein an der Waage war scheinbar die ultrarechte Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel) von Avigdor Lieberman, die drittstärkste Kraft im Parlament. Sie wollten Peres nach Medienberichten den bisherigen Oppositionsführer Benjamin Netanjahu als Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten empfehlen.“
Die bekannten israel-blauen Wahlkabinen und – urnen, hier als „ballots“ bekannt standen an insgesamt 10.119 Orten zur Verfügung, davon waren 2.500 barrierefrei zugänglich, 56 standen für die Stimmabgabe der Häftlinge in 27 Gefängnissen bereit und weitere 255, allesamt barrierefrei zugänglich ermöglichten es auch den Patienten der Krankenhäuser zu wählen.
25 Parteien stellten sich zur Wahl, es dürfte aber spannend werden, wie viele von ihnen die neue 3,25% Hürde schaffen.
Im Jahr 2013 gaben 66,67% aller Wahlberechtigten ihre Stimme ab, nur zur Erklärung kommt hier wieder eine Zahlenspielerei.
Bei gleich hoher Wahlbeteiligung und gleich niedriger Zahl der ungültigen Stimmen benötigt eine Partei in diesem Jahr 126.179 Stimmen, um die 3.25% zu erreichen.
Die Zahl der gültigen Stimmen wird durch 120 (Sitze in der Knesset) geteilt, um zu ermitteln, wie viele Stimmen ein Platz in der 20. Knesset benötigt. Heuer sind es 32.354 Stimmen.
Wenn Stimmen übrig bleiben, die nicht mehr für einen weiteren Sitz ausreichen, so werden diese entweder jener Partei mit der bereits vor den Wahlen ein entsprechenden Abkommen vereinbart wurde, oder sie werden der grössten Partei zugeschlagen.
Die Spitzenkandidaten derParteien nutzten ihre medial begleitete Stimmabgabe zu einem Schlussstatement.
PM Bibi Netanyahu machte klar: „Es wird keine Einheitsregierung mit der Arbeiterpartei (Zionistische Union) geben, das ist eine Partei der Unvereinbarkeiten. Wir haben einen unterschiedlichen Zugang zu den Dingen. Sie sollen den Rückzug (aus den Gebieten), ich will ihn nicht. Ich werde die Regierung bilden und es wird eine nationalistische sein.“
Sein grösster Konkurrent von der Zionistischen Union, Buji Herzog, kam naturgemäss zu einem anderen Schluss: „Wer weiterhin Bibi’s Weg des Verzagens und der Unzufriedenheit folgenden will, der wird ihn wählen. Wer aber einen Wechsel, Hoffnung und eine wirklich bessere Zukunft für Israel will, der wird die durch mich angeführte Zionistische Union wählen.“
Seine Partnerin Tzipi Livni gab bereits gestern bekannt, dass sie auf ihr Recht der Rotation nach zwei Jahren verzichten würde und begründete dies heute: „Herzog und ich sind Partner, unser Ziel ist es, Netanyahu zu ersetzen und nicht, Stühle zu tauschen. … Was sich am Sonntag Abend auf dem Rabin Platz in Tel Aviv abspielte, spiegelt, für was wir kämpfen: den Kampf zwischen Zionismus und Extremismus.“
Ex-Aussenminister Avigdor Lieberman fand für meine Ohren ganz seltsame Töne: „Ich flehe alle Bürger Israels an, wählen zu gehen, und für eine zionistische Partei zu stimmen, gleichgültig, ob das Meretz, Ysrael Beytenu oder HaBayit HaJehudi ist. Wichtig ist es nur, den jüdischen und zionistischen Charakter des Staates Israel zu erhalten.“
Moshe Khalon der neuen Kulanu Partei gab sich optimistisch: „Wir stehen am Höhepunkt einer langen und anstregenden Kampagne, aber wir fühlen uns alle grossartig und ich hoffe, dass wir am Abend gute Ergebnisse liefern werden. Je mehr Sitze wir erreichen, desto mehr Möglichkeiten werden wir haben, Reformen für das israelische Volk durch zu führen.
HaBayit HaYehudi Chef Naftali Bennett erinnerte sich an seinen Freund und Weggefährten, Uri Orbach, der vor wenigen Wochen verstorben war. „Heute Morgen vermisse ich Uri Orbach sehr, der einmal sagte, HaBaysit HaYehudi ist eine Brücke. Nicht einfach eine Brücke auf der man geh, sondern eine, die verbinden kann. Heute machen sich die Bürger von Israel daran, zu verbinden. Guten Morgen, Israel!“
Yair Lapid von Yesh Atid rief ebenfalls zum Wahlgang auf. „Zunächst einmal ist das heute ein Fest der Demokratie und ich rufe jeden auf, zu wählen, gleich wen ihr wählt. Wir kämpfen hier für den Staat Israel. Wir kämpfen auch gegen die Möglichkeit, dass wir am Ende des Tages, anstelle mit einer guten Regierung, die Aenderungen und Hoffnung bringen wird, mit einer Bibi-Buji Einheitsregierung mit den ultraorthodoxen Parteien dastehen werden. So eine Regierung wird die Militärpflicht der Haredim zurücknehmen, wird das Geld wieder in die Yeshivot stecken und öffentliche Gelder, die eigentlich für die Tagespflege, für Single Mütter und zur Senkung der Klassenmindestzahlen gedacht war an korrupte politische Gruppierungen verteilen.“
Ayman Odeh, der Führer der Vereinigten Arabischen Liste zeigte sich positiv: „Wie jeder Arabische Bürger dieses Landes, bin ich stolz darauf zu wählen und Teil der Geschichte zu sein, ebenso wie Teil des Wendepunkte, der eine grundlegende Aenderung im Leben der Arabischen Bürger und darüber hinaus aller Bürger dieses Landes zu sein.“
Als ich in den letzten beiden Beiträgen in meinem Blog davon sprach, dass die Arabischen Bürger ein bedeutendes Zünglein an der Wahlwaage sein könnten, war ich selber ein wenig erschrocken über meinen Mut. Ich gebe es zu, der Traum wäre zu schön, vielleicht auch zu radikal.
Bibi scheint mittlerweile Angst vor den Arabischen Stimmen zu haben.
Am Mittag gab Netanyahu seinen Bedenken Raum, dass die hohe Wahlbeteiligung der Araber die Rolle seiner rechtsgerichteten Likud Partei in Gefahr bringen könnte. „Arabische Wähler kommen in Massen, sie werden von linken Organisationen in Bussen in die Wahllokale gebracht. Er forderte seine Anhänger nochmal auf, für ihn zu stimmen, um den Vorsprung zwischen ihm und der Zionistischen Union zu verkleinern. „Mit eurer Hilfe, und mit der Hilfe von Gott werden wir eine nationalistische Regierung bilden, die den Staat Israel beschützen wird.“
Noch vier Minuten bis zu die Wahllokale schliessen und die ersten Hochrechnungen kommen.
Und nun sind sie auch schon da.
Likud und die Zionistische Union stehen bei jeweils 27/28 Sitzen
Vereinigte Arabische Liste 13
Yesh Atid 12
Kulanu 10
HaBayit HaYehudi 8
Shas 7
United Thora Judaism 6
Meretz 5
Morgen geht es weiter!
Von Esther Scheiner
Redaktion Israel-Nachrichten.org
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