Besonders hervorgetan hat sich in der akribischen genealogischen Forschung, die nur ein Ziel hatte, Juden zu finden, die nicht auf den ersten Blick als Juden erkennbar waren, Achim Gercke, der sich bereits ab 1925 intensiv diesem Thema widmete. Bis 1932 hatte er eine Kartei mit mehr als 400.000 Namen zusammengestellt, die zuerst unter dem Namen „Archiv für berufsständische Rassenstatistik“ und ab 1931 als „NS-Auskunft“ bekannt wurde.
Gemeinsam mit anderen Nazi Schergen wurde er zum spiritus rector einiger Teilbereiche der Rassegesetze.
Im Januar 1935 endete seine nationalsozialistische Karriere. Ob auf Grund beweisbarer Fakten oder durch Denunziation ist unbekannt, wurde er nach § 175 verhaftet und aller Ämter enthoben.
Ob die Listen jemals die Grundlage für die Deportationen darstellen, ist historisch nicht belegt.
Der gelbe Judenstern, das in den Reisepass eingestempelte „J“ und die in den Unterarm tätowierten Nummern sind die Kennzeichen, die während der Zeit der Nationalsozialisten im Deutschen Reich für alle Juden, und für alle Inhaftierten in den KZs vorgeschrieben waren.
Die Kennzeichnungspflicht ist schon viel älter.
Aber warum gerade die Farbe Gelb? Ich assoziiere mit Gelb: Sonnengelb, Butterblumengelb, Dottergelb, Goldgelb, Sonnenblumengelb, Zitronengelb, Safrangelb, Quietscheentchengelb…
Ich lehne alle anderen Konnotationen ab, sie werden möglicherweise das Geheimnis jenes Kalifen bleiben, der die Farbe erstmals auswählte.
Und nun kommt der große Sprung ins Jahr 2014.
Mit Datum vom 16.10.2014 stellt Dennis Giemesch, Ratsvertreter der rechtsextremen Partei „Die Rechte“ eine Anfrage beim Stadtrat Dortmund. Er verlangt eine exakte Auflistung aller Bürger jüdischen Glaubens in Dortmund und in welchem Stadtteil sie leben. Als Begründung schreibt er: „Um einen angemessenen Umgang mit allen Religionen zu finden ist es notwendig, deren Bedeutung in unserer Stadt herauszufinden. Für unsere politische Arbeit ist daher die Zahl der in Dortmund lebenden Menschen jüdischen Glaubens relevant.“
Was die Verfasser dieser perfiden Anfrage mit „angemessenem Umgang“ meinen, möchte ich lieber nicht wissen.
Auf ihrer Facebook Seite halten sie sich nicht so bedeckt:
In den „Ruhr Nachrichten“ beschwert sich die Stadtverwaltung über die Menge der parlamentarischen Initiativen, mit denen DIE RECHTE und die nationale Ratsgruppe den Stadtrat bereichern. Offenbar ist den Blockparteien so eine Arbeitsmoral neu. Es wird Zeit, sich daran zu gewöhnen – der Druck von rechts trägt erste Früchte und mit der Harmonie von CDU, SPD, Grünen, Linken, FDP und Co ist es endgültig vorbei!
Die „Ruhrbarone“ berichten über unsere parlamentarische Arbeit. Natürlich versuchen die Schlagzeilenjäger alles in ein skandalträchtiges Licht zu rücken. Dabei sorgen wir uns vielleicht einfach nur um die Sicherheit unserer Mitbürger, wenn beispielsweise Stellvertreterkriege von Konflikten im Nahen Osten in unserem Land stattfinden und wollen eine städtische Analyse, um zu erkennen, wie viele Menschen potentiell bedroht sein könnten…
Es sind also Gutmenschen, die sich um „unsere Sicherheit“ sorgen und verhindern wollen, dass wir durch Stellvertreterkriege, die sich auf Konflikte im Nahen Osten beziehen, potentiell bedroht werden.
Gleichzeitig wurde eine Anfrage an den Stadtrat gestellt, die sich mit „Förderungen im Rahmen des Aktionsplans gegen Rechtsextremismus“ auseinandersetzen soll. In der Begründung der Anfrage heißt es: „Trotz leerer Kassen gönnt sich die Stadt Dortmund den zweifelhaften Luxus, missliebige Meinungen durch einen “Aktionsplan gegen Rechtsextremismus” zu bekämpfen. Um das Ausmaß dieser Steuergeldverschwendung zu erkennen, ist es unvermeidlich, eine detaillierte Auflistung der einzelnen Kostenpunkte zu erhalten.“
Sehe nur ich da einen Widerspruch???
Etwas ausführlicher erläuterte Stefan Reuters, Pressesprecher der Rechten die Hintergründe der Anfrage:
„….Ereignisse im Sommer 2014 zeigten. Damals kam es beispielsweise bei einer Kundgebung in Essen zu wechselseitigen Auseinandersetzungen zwischen palästinensischen Jugendlichen und radikalen Zionisten. Um diese Situation einschätzen zu können und Vorkehrungen zu treffen, wie etwa einen besonderen Schutz für gefährdete Personengruppen zu ermöglichen, will DIE RECHTE zunächst Fakten über die Bedeutung der jeweiligen Gruppe im Hinblick auf die Gesamtbevölkerung. Weitere Anfragen von uns, welche unter anderem die Zahl von Muslimen, Hinduisten und Buddhisten in Dortmund zum Gegenstand haben werden, sind für die nächsten Ratssitzungen ebenso vorgesehen. Tatsächlich sind faktische Zahlen aber auch notwendig, um etwa die Menge staatlicher Fördergelder, die in Deutschland praktizierende Religionsgemeinschaften erhalten, angemessen einschätzen zu können. Die Frage nach der Zahl der in Dortmund lebenden Juden ist deshalb, entgegen den permanenten, einseitigen Beteuerungen der Presse, nicht etwa eine Provokation, sondern ein ganz normaler, parlamentarischer Vorgang, der bei anderen Religionsgemeinschaften sicherlich nicht für vergleichbare Aufregung sorgen würd und lediglich zeigt, dass DIE RECHTE den Wählerwillen einer aktiven Arbeit in den jeweiligen Gremien umsetzt.“
Da verwundert die Frage von Dennis Giemesch schon gar nicht mehr: „Ich weiß überhaupt nicht, was die ganze Aufregung soll. Man wird doch wohl noch fragen dürfen…“
Sehr aufschlussreich ist auch ein Satz aus seinem eigenen Blog: „Wenn es unsere Intention gewesen wäre jüdische Menschen durch eine Anfrage an die Verwaltung zu kritisieren, bzw. verbal zu attackieren, dann hätten wir das effektiver tun können. Wir hätten auf aktuelle Völkerrechtsverstöße des israelischen Staates hinweisen, oder auf die Weigerung Israels, UN Beobachter einreisen zu lassen um Verbrechen Israels im Gazakrieg aufzudecken, hinweisen können. Das haben wir aber nicht getan! Wir haben die Anfrage so minimal wie möglich gehalten und die zwei Fragen – wertfrei – gestellt.“
Dass einer der Rechten einen Online Shop mit dem nomen est omen Namen „antisem.it“ erstaunt mich auch nicht mehr. Dass dieser Shop ein italienisches Internetkürzel hat, dürfte wohl nicht nur eine Vorsichtsmaßnahme sein, nicht mit den deutschen Gesetzen in Konflikt zu kommen…Sondern auch ein, nicht auf den ersten Blick erkennbares Wortspiel.
Die Partei „Die Rechte“ wurde bei den letzten Kommunalwahlen in Mai mit einem Sitz in den Stadtrat gewählt. Zunächst hielt Siegfried Borchardt (Spitzname “SS-Siggi”) Einzug in das Rathaus, zog sich aber im Sommer aus der aktiven Stadtpolitik zurück. Möglicherweise, um sich wieder vermehrt seinem „Lieblingskind“, der Borussenfront zu widmen. Der in der rechtsextremen Szene verankerte „Fanclub“ von BvB zeichnete sich besonders dadurch aus, Ausländer im Stammquartier der Borussen zu jagen und anzugreifen. Die Gruppe war auch in der Hooligan Szene gut vernetzt. Borchardt wurde mehrfach wegen szenetypischer Vergehen verurteilt: Körperverletzung, Tragen und Verbreiten von verbotenen Symbolen, Nötigung…
von Esther Scheiner
Redaktion Israel-Nachrichten.org
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