In der ehemaligen evangelischen „Spitalskirche“ in Kronstadt durften sich 1869 die Kronstädter Juden ihren „Tempel“ einrichten. Damals wurden 217 jüdische Bürger gezählt, zwanzig Jahre später waren es bereits 800. Sie begannen an einen eigenen Tempel zu denken, kauften sich zur Wunscherfüllung Gebäude mit großen Hinterhöfen und Gärten in der Waisenhausgasse. Verschiedene Architekten wurden beauftragt. Rudolf Weil, der Ingenieur, bekam den Auftrag.
Die maroden gekauften Häuser wurden kurzerhand abgerissen und der Bau der neuen Synagoge konnte beginnen. In kurzer Zeit, in wenigen Monaten, entstand im hinteren Bereich der Höfe die imposante Synagoge im Jahr 1900. 1901 wurde die neue orthodoxe Synagoge geweiht. Zwischenzeitlich nahm die Zahl der Gemeindemitglieder ab, doch im Jahr 1931 lebten bereits 2031 jüdische Bewohner in der Stadt unter der Zinne. Kronstädter Juden wurden während der Nazizeit nicht verfolgt, kamen nicht in ein Ghetto, wurden nicht nach Transnistrien deportiert. Doch auch in Kronstadt gab es Bürger, die keinen Zweifel daran ließen, Nationalisten zu sein und zeigten den jüdischen Nachbarn ihren Hass.
Nach dem 2. Weltkrieg explodierte gar die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder auf fast 7000. Flüchtlinge trafen in Kronstadt ein, die aus angrenzenden Landesteilen kamen, die von den Sowjets besetzt wurden. Eine große Anzahl Juden floh nach Rumänien, weil sie nicht unter russischer Diktatur leben wollten. Kronstadt war eine große und wichtige Stadt im Karpatenbogen.
Bereits am Ende des 19. Jahrhunderts wanderten arme jüdische und christliche Bürger aus Europa, aus Kronstadt und Umgebung nach Nordamerika aus und erhofften sich dort ein besseres Leben. In den 1950er Jahren gingen Familien in den 1948 neu gegründeten Staat Israel. Später verkaufte Ceaucescu für hohe Dollarsummen, die aus den USA kamen, ausreisewillige rumänische und somit auch Kronstädter jüdische Bürger an den Staat Israel.
In Rumänien angefertigte Holzhäuser wurden zusammengelegt und von den jüdischen Auswanderern per Schiff in das heiße Wüstenland mitgenommen, wo sie zusammengebaut wurden und ihnen, den Auswanderern, als Wohnraum dienten. Rumänien, Siebenbürgen, hatte Holz in Hülle und Fülle. An der Levante waren und sind auch heute noch Bäume eine Rarität.
Die Kronstädter Jüdische Gemeinde in der jetzigen Strada Poarta Schei hat heute 200 Seelen und eine wunderbar sanierte, sehr große, lichtdurchflutete Synagoge.
Von Christel Wollmann-Fiedler
für Israel-Nachrichten.org
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