Sein Lebenseliyier war der Krieg, und er war der Mann am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt. Als Napoleons Truppen Europa überrannten, stieg er zum Nationalhelden auf.
Eine gute Allgemeinbildung war bei Blücher nicht bekannt, und er hat sie nie erworben. Auch mit der Rechtschreibung haperte es bei ihm ein Leben lang. Zudem hatte er zeitlebens eine kolossale Lust auf schwere Weine und Schnaps. Zum Frühstück nahm er Champagner und Austern zu sich. Auch war er von der Spielleidenschaft besessen. Dennoch wurde er für die Deutschen zum Nationalhelden: Gerhard Leberecht von Blücher, der später den Namen „Marschall Vorwärts“ erhielt. Er wurde in Rostock am 16. Dezember des Jahres 1742 geboren. Rostock gehörte zu dieser Zeit zu Schweden. Aufgewachsen ist er auf einem kleinen Rittergut, das sein Vater, ein ehemaliger Offizier, bewirtschaftete. Während des Siebenjährigen Krieges – 1756 bis 1763 – trat er in ein schwedisches Kavallerieregiment ein, geriet in preußische Kriegsgefangenschaft und wechselte anschließend hinüber zur Armee des Alten Fritz.
Der forsche Rittmeister diente im Husarenregiment des Obersten Wilhelm Sebastian von Belling; – und dieser war ein Meister des Kleinkriegs: Überfälle, Hinterhalte, Aktionen im Hinterland des Feindes – und Blücher war ein sehr gelehriger Schüler.Recht bald machte der humorvolle, feurige und schlagfertige Blücher im Heer der Preußen Karriere. Doch dann überging man ihn im Jahre 1772 bei einer Beförderung. Mit Trotz und Wut schrieb er an Friedrich den Großen: „Der von Jägersfeld, der kein anderes Verdienst hat als der Sohn des Markgrafen von Schwadt zu sein, ist mir vorgezogen worden. Ich bitte Eure Majästet um meinen Abschied.“ Der Preußenkönig war außer sich, ließ den Widerspenstigen Blücher einige Monate einsperren und entschied dann: „Der Rittmeister Blücher ist seiner Dienste entlassen; er kann sich zum Teufel scheren.“
Kaum, dass er Zivilkleidung angelegt hatte, wurde Blücher recht bodenständig, und im Jahre 1773 heiratete er die erst 17 Jahre alte Karoline von Mehling. Ein Jahr später zog er mit ihr nach Pommern, wo er als Landwirt mehr als zehn Jahre lang das Gut seines Schwiegervaters bewirtschaftete. Das Gut gedieh und die Blücher´ wächst. Das Landleben jedoch scheint Blücher nicht ausgefüllt zu haben: Zehn Eingaben schrieb er an den König, ihn doch wieder als Offizier zu verwenden. Der Alte Fritz jedoch blieb stur und lehnte ab. Doch dessen Nachfolger, Friedrich Wilhelm II, unterzeichnete am 23. März 1787 Blüchers Ernennungsurkunde zum Major. Im Jahre 1789 bricht in Paris die Revolution aus und fegt das alte Feudalsystem hinweg.
Drei Jahre später führt das revolutionäre Frankreich Krieg gegen die Mächte Europas, anfangs gegen Österreich, seit September 1792 auch gegen Preußen, das aus Frucht, dass „der Geist der Freiheit und des Ungehorsams“ über den Rhein schwappen könnte, an der Seite der Habsburger steht. Inzwischen ist Blücher zum Obersten aufgestiegen und ist in den Jahren 1793/94 an vorderster Front mit dabei. Bis zum Schluss kämpft sein Husarenregiment sehr erfolgreich, doch die Truppe ist nicht mehr das, was sie einst war. Zudem unterschätzt man die Kampfkraft der französischen Freiwilligen sträflich. Preußen scheidet aus dem Krieg aus und unterzeichnet am 5. April 1795 den Vertrag von Basel. Ab jetzt ist Blücher nur noch mit „Papierkrieg“ beschäftigt; – das gefällt ihm überhaupt nicht und er wird übellaunig. Im Jahre 1805 entbrennt der 3. Koalitionskrieg zwischen Frankreich und den drei Großmächten England, Russland und Österreich.
Preußen, dessen König Friedrich Wilhelm III. die Neutralität zur Staatsmaxime erhoben hat, hält sich fern. Blücher und Preußens Generalstabschef Scharnhorst halten dies jedoch für äußerst gefährlich. Im Jahre 1806 stolpert Preußen völlig isoliert in den Krieg mit dem französischen Kaiser Napoleon hinein. Nach dem Desaster von Auerstedt versagt die kopflose Armeeführung vollends. Am 9. Juli 1807 unterzeichnet Friedrich Wilhelm III. in Tilsit einen Friedenvertrag. Das Dokument raubt Preußen alle Gebiete westlich der Elbe, die polnischen Provinzen sowie den südlichen Teil von Westpreußen. Derart „zerstückelt“, muss es sich zudem einverstanden erklären, mit Frankreich und Russland gemeinsam gegen England zu kämpfen. Blüchers ihm angeborene Angriffslust verbindet sich nun mit einem abgrundtiefen Hass. Ein derartiger Hass war an ihm in den 1790er Jahren nicht zu spüren gewesen. Nun werden die Franzosen zu einem Feind, „der zu vernichten war.“
Blücher leidet schwer darunter, dass die einstige Großmacht Preußen zum Spielball von Napoleons Politik geworden ist. Von Zeit zu Zeit plagen ihn Wahnvorstellungen. Wie der Schriftsteller Ernst Moritz Arndt – 1769 bis 1860 – zu berichten weiß, ist Blücher „eine Zeit lang durch seinen dunklen Zorn verrückt“ und stößt „auf alle Fliegen und schwarze Flecken an der Wand mit dem Rufe `Napoleon´ mit dem gezückten Schwert“. Laut dem preußischen Kriegsminister, Hermann von Boyen, behauptet Blücher sogar, von einem Elefanten schwanger zu sein..! Außerdem glaubte er, die „Franzmänner“ hätten den Fußboden seines Zimmers glühend erhitzt, weswegen er nur auf Zehenspitzen geht. Doch der Feldherr rappelt sich wieder auf und entwickelt mit Männern wie Scharnhorst, Hardenberg und Clausewitz die preußische Truppe zu einem patriotischen Volksheer weiter, um die Nation für einen Befreiungskampf vorzubereiten. Als Napoleons „Grande Armee“ auf den Eis- und Schneefeldern Russlands zugrunde geht, schlägt die große Stunde von Blücher. Zu Scharnhorst sagte er: „Mich juckts in alle Finger den Säbel zu ergreifen.“
Dann wird Blücher zum Oberbefehlshaber der preußischen Feldtruppe ernannt. Am 2. Mai des Jahres 1813 besteht die reformierte Armee in der Schlacht bei Großgörschen an der Seite der Russen ihre Feuertaufe. Im August zerschlägt Blüchers Schlesische Armee an der Katzbach die Truppen des Marschalls Macdonald. Weitere Siege folgen, und am 15. September schließt Blücher einen Brief an seine Gattin mit den Worten: „Lebe wohl und sei vergnügt, es wird alles gut werden. Napoleon ist in der Tinte.“
Am 16.Oktober beginnt schließlich die Völkerschlacht bei Leipzig, am 19. muss der geschlagene Napoleon den rückzug nach Frankreich antreten. Es ist überliefert, dass Blücher selbst Attacke auf Attacke ritt. Den Russen, die zwei Drittel der von Blücher befehligten Schlesischen Armee ausmachen, imponiert der inzwischen 70-Jährige so, dass sie ihn fortan „Marschall Vorwärts“ nennen. Blücher hatte eine erstaunliche Fähigkeit, seine Soldaten mitzureißen. Seine riesige Gestalt und seine bellende Stimme lassen ihn grob wirken, doch hinter dieser harten Fassade verbirgt sich ein gewinnendes Wesen, mit dem es der krummbeinige Hüne versteht, seine Untergebenen für sich einzunehmen. Obgleich er eine Armee von vielen Tausenden in die Schlacht führt, bringt er es fertig, dass seine Soldaten ihn als „Vater“ verehren und er sie als seine „geliebten Kinder“ bezeichnet.
Ohne körperliche Strafen urchführen zu lassen, führt er seine Soldaten, ist stets um deren Versorgung bemührt und drückt bei leichteren Dienstvergehen oft beide Augen zu. Auch tobt er gegen seine Männer, wenn sie den Gegner nicht mit der gleichen Energie angreifen wie er selbst; – und doch weint er, wenn er nach dem Kampf zwischen den Toten und Verwundeten reitet. In der Neujahrsnacht 1813/14 überquert die Armee Blüchers bei Kaub den Rhein und eröffnet den Feldzug gegen Frankreich. Ende März zieht er in Paris ein, wo bald darauf Napoleon zur Abdankung gezwungen wird und ins Exil nach elba geht. Damit scheint die „Akte Napoleon“ geschlossen und die militärische Laufbahn des inzwischen 73 Jahre alt gewordenen Blücher beendet. Von den Strapazen der vergangenen Jahre erschöpft, kehrt Blücher nach Preußen zurück, um sich auf das Altenteil zurückzuziehen. Doch die Nachricht von der Landung Napoleons Anfang März des Jahres 1815 weckt in dem alten Schlachtenlenker neue Lebensgeister.
Und wieder ist es Blücher, der bei Waterloo dem Geschehen eine entscheidende Wende gibt, indem er den Franzosen überraschend in den Rücken fällt. Damit ist „Marschall Vorwärts“ zur lebenden Legende geworden. Blücher kehrt auf dem Höhepunkt seines Ruhmes auf sein schlesisches Gut in Krieblowitz zurück. Am 12. September 1819 stirbt er dort, begleitet von Gewehrsalven und dem Donner von Kanonen seines ehemaligen Regiments, das in der Nähe des Gutes ein Manöver abhält. Mit Blücher hat damals ein großartiger Deutscher seinen „Abschied“ genommen.
Von Rolf von Ameln
Redaktion Israel-Nachrichten.org
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