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Wider das Vergessen: Die letzten Tage und das Ende des Massenmordes am jüdischen Volk

Alliierte und Deutsche legen Zeugnis ab

Der katholische Pfarrer Schedler, der früher in Lodz gelebt hatte, gab folgendes bei den Alliierten zu Protokoll:

 

Die Juden der zahllosen kleinen Städtchen wurden zusammengeführt, das flache Land von einzeln dort wohnenden jüdischen Familien gesäubert. Es war ein eisiger Winterabend des zu Ende gehenden ersten Kriegsjahres, als eine endlose Kolonne, jüdische Bewohner eines Landstädtchens, nach dem etwa dreißig Kilometer gelegenen berühmten Brzeziny getrieben wurden. Die in der Kolonne mitfahrenden Bauernwagen führten neben den Alten, Kindern und Kranken das armselige Gepäck der Umgesiedelten mit.

Jüdische Familien bei der Umsiedlung nach  Brzeziny. Foto: Archiv/RvAmeln.

Jüdische Familien bei der Umsiedlung nach Brzeziny. Foto: Archiv/RvAmeln.

Stumm zog das Volk durch die bitterkalte Nacht – ein Bild des Leidens und des Duldens. Stumm zogen auch in Lodsch selbst eine Woche lang, nur mit Handgepäck beladen, die Juden aus allen Ecken in das Kernghetto, das der Viertelmillion zum Wohnsitz angewiesen worden war. Es war wiederum ein böser Winterabend, als Spezialabteilungen die jüdischen Häuser nach Zurückgebliebenen durchkämmten. Wer sein Heim nicht sofort räumte, wurde niedergeknallt. Es waren viele; – davon zeugten die Schüsse, die in ununterbrochener Folge, wie im Gefecht, hörbar waren. Niemand durfte in jenen ersten Kriegsmonaten seine Behausung zur Nachtstunde verlassen. So erfuhr man erst am Morgen, welch ein Kampf nachts getobt hatte.

Juden auf dem Weg nach Brzeziny. Foto: Archiv/RvAmeln

Juden auf dem Weg nach Brzeziny. Foto: Archiv/RvAmeln

Die letzten Tage: Aussage des Kommandanten von Mauthausen, Franz Ziereis.

„Obergruppenführer Pohl schickte mir eines Tages ohne vorherige Benachrichtigung 6000 Frauen und Kinder, die zehn Tage auf Transport ohne Verpflegung waren. Sie wurden im Dezember 1944 im eisigen Winter in offenen Kohlewagen ohne Decken transportiert. Die Kinder habe ich auf Befehl von Berlin nach Bergen-Belsen in Marsch setzen müssen, und wie ich vermute, sind sie alle gestorben…

 

Judentransporte: In Anwesenheit des Gauleiters Rainer, Dr. Überreiter, Dr. Jury, Baldur von Schirach und anderen habe ich von Himmler folgende Befehle erhalten: Die Juden vom Stellungsbau <Südosten> müssen zu Fuß aus allen Orten in Bewegung gesetzt werden. Ziel: Mauthausen. Danach sollten 60.000 Juden nach Mauthausen kommen. Ein geringer Bruchteil ist tatsächlich angekommen. Als Beispiel führe ich einen mit 4500 Juden abgegangenen und mit 180 Personen angekommenen Transport an. Von welchem Ort der als Beispiel angeführte Transport abgegangen ist, ist mir unbekannt. Frauen und Kinder waren ohne Schuhe, in Lumpen und verlaust. In dem Transport befanden sich ganze Familien, von denen unzählige auf dem Wege wegen allgemeiner Körperschwäche erschossen wurden!“

 

Bericht von Dr. Georg Straka:

 

„Bergen Belsen. Getrieben von Hieben, begannen sie manchmal plötzlich vorwärts zu gehen wie eine Herde Vieh, einer den anderen stoßend. Es war unmöglich, ihren Namen aus ihnen herauszubekommen. Das freundlichste Wort hatte nich die Kraft, sie zum Sprechen zu bewegen. Ein langer, starrer, ausdrucksloser Blick war alles. Wenn sie den Versuch machten, zu antworten, konnten ihre Zungen den Gaumen nicht erreichen, um einen Ton hervorzubringen. Man wurde nur ihres vergifteten Atems gewahr, der aus den Eingeweiden zu kommen schien, die sich schon in einem Zustand der Zersetzung befanden. So sahen die Transporte im Winter 1944/45 aus, in dem Winter, in welchem der Tod die ungeheure Zahl von 13.000 Internierten in den letzten drei Monaten vor unsere Befreiung forderte.“

 

Bericht von Grete Salus, ehemals Oederan:

 

„Im Lager herrschte bereits große Aufregung, denn am Nachmittag um 3 Uhr sollten wir zum Abmarsch antreten. – Der Befehl lautete: Häftlinge und das gesamte Aufseherpersonal Antreten zur Evakuierung vor dem Feind. Ziel unbekannt. – Gegen 8 Uhr hörten wir Geschützdonner, und unsere Herzen schlugen höher in der Hoffnung, daß es doch nicht mehr dazu käme. – Als wir um 3 Uhr antraten, zitterten die Fensterscheiben und der Boden unter unseren Füßen. Hand in Hand mit meiner Freundin, ausgerüstet mit einem Kübel, der vollgestopft war mit meinen Habseligkeiten, standen wir 500 Frauen im Hofe unseres Lagers, um uns noch einmal zu beugen unter diesem harten Joch. Und dies im Angesicht der Alliierten, deren Stimmen wir vernahmen und die unser heißes Flehen nicht hören konnten. – Unter Eskortierung von bewaffnetem Landsturm und Hitlerjugend gingen wir, in unsere grauen Decken gehüllt, dahin. Wir gingen zum Bahnhof und wurden in offene Kohlenwagen verladen.“

 

Bericht von Pater Pereira S.J., Trier; – vormals Dachau:

 

„8000 Menschen, Russen, Juden, Deutsche, unter ihnen 100 Priester, marschierten nun schweigend durch die Nacht, bewacht von fast 1000 Mann SS und vielen Spürhunden…Schon nach der ersten Stunde sehe ich die ersten Pakete rechts und links am Wege liegen, die zwei Wolldecken, die jeder mitnehmen mußte, sind für diese ausgemergelten Körper schon zu schwer. Bald liegen aber auch schon die ersten Häftlinge total erschöpft am Straßenrand. Wir hören Schüsse durch die Stille der Nacht peitschen, das Schicksal der Auschwitz-Häftlinge scheint sich zu wiederholen. Nur jetzt nicht in zwölfter Stunde noch schlapp machen! 40 km marschieren wir in dieser Nacht. Vormittags erreichen wir den ersten Lagerplatz, das Mühltal am Starnberger See. Ich falle erschöpft auf den Waldboden und schlafe ein. Schüsse wecken mich auf und der Ruf: Hundeführer! Hundeführer! Also ist einer geflohen, hoffentlich erwischen sie ihn nicht! Wie ich später höre, ist es ein junge Kaplan der Diözese Münster, dem als erstem von uns die Flucht glückte.“

 

Bildbericht „KZ“ des amerikanischen Informationsdienstes:

 

Bergen Belsen. Vier Tage nach der Besetzung Buchenwalds durch die Amerikaner erreichten britische Truppen von General Dempseys XI. Panzerdivision das Gefangenenlager Belsen (zwischen Hannover und Bremen). Hier fanden sie 28000 Frauen, 11000 Männer und 500 Kinder. In Belsen herrschte nicht nur Hunger, sondern auch Typhus. Riesige Öfen waren zur Einäscherung der Leichen errichtet worden, aber in Belsen wie in Buchenwald war die Sterblichkeit zu groß, als daß die Arbeit der Verbrennungsöfen mit der Zahl der täglich Sterbenden hätte Schritt halten können. Außerdem begann die Kohle immer knapper zu werden.

 

Aus Berichten, die dem britischen Generalarzt vorgelegen haben, geht hervor, daß in den letzten Monaten 30000 Menschen in Belsen umgekommen sind. Als die Engländer eintrafen, gab es im Lager – neben großen Gruben voll verkohlter Knochenreste – noch eine ganze Anzahl von Leichenhaufen. Jeder Stapel enthielt mehrere hundert nackte, schon in starker Verwesung begriffene Körper. Mit Straßenpflügen schachteten General Dempseys Soldaten lange Gräben aus, in denen je 500 bis 1000 Leichen bestattet werden konnten. Dann mußten die früheren Wachmannschaften – Männer und Frauen – die Leichen derer herbeitragen, die den Seuchen erlegen, verhungert, erstickt oder erschossen waren.

 

Erst nach einer Woche war es soweit, daß die Leichenhaufen nicht mehr wuchsen, weil man nun endlich die Menschen in den Massengräbern ebenso schnell beisetzen konnte, wie sie gestorben waren.

 

Bericht einer britischen Parlamentsdelegation aus Buchenwald:

 

Die Größe des Lagers kann man nur daran ermessen, daß sein maximales Fassungsvermögen mit 120.000 angegeben wird. Am 1. April dieses Jahres (1945) war die Anzahl des Lagers 80.813. Einige Tage vor der Ankunft der amerikanischen Truppen -11. April – entfernten die Nazis eine große Anzahl Häftlinge, schätzungsweise 18.000 bis 22.000. Einige von denen, die sie zu beseitigen wünschten, weil sie „zuviel wußten“, konnten sich verbergen. Es war unmöglich, eine genaue Schätzung betreffs des Prozentsatzes der im Lager noch verbliebenen Nationalitäten festzustellen; wir fanden viele Juden und nichtjüdische Deutsche vor, Polen, Ungarn, Tschechen, Franzosen, Belgier, Russen u.a. Ein einghender Bericht, der uns von Vertretern eines antifaschistischen Komitees überreicht wurde, gab an, daß die Gesamtzahl derjenigen, die in Buchenwald oder unmittelbar nach ihrer Überführung von dort in einem sogenannten „Vernichtungslager“ gestorben oder getötet worden sind, 51.572 betrug – hiervon mindestens 17.000 seit 1. Januar 1945…

 

Obgleich die Reinigungsarbeit im Lager schon seit über einer Woche vor unserer Ankunft im Gange war und die Verhältnisse sich schon erheblich verbessert haben mußten, war unser erster und auch fortdauernder Eindruck der eines unglaublichen allgemeinen Schmutzes; der Gestank von Verwesung und Krankheit verpestete noch den ganzen Platz. Eine der ersten Hütten, die wir betraten, war eine der besten…

 

Diese Baracke war eine derjenigen, die jetzt als Durchgangshospital für einige der schwersten Unterernährungsfälle benutzt werden. Viele waren unfähig zu sprechen, sie lagen im Dämmerzustand oder folgten uns mit ihren Augen. Einige sprachen frei und zeigten ihre Wunden und schlimmen Schrammen und Beulen, Welche nur durch Tritte und Schläge hervorgerufen sein konnten. Sie lagen auf der Erde, auf oder unter Decken. Alle waren in einem Zustand vollständiger Abmagerung. Die amerikanischen Behörden teilten uns mit, daß seit ihrer Ankunft die Todeszahl von etwa 100 auf 35 pro Tag herabgesunken wäre. Die gewöhnliche Kleidung war ein zerrissener Rock, Weste oder Baumwolljackett, worunter Oberschenkel hervorsahen, die nicht dicker waren als normale Handgelenke. Ein halbnacktes Skelett, das mühselig wie auf Stelzen den Gang entlangkam, richtete sich auf, als es unsere Gesellschaft sah, lächelte und grüßte. Die medizinischen Mitglieder unserer Delegation waren der Überzeugung, daß ein noch größerer Prozentsatz, der wahrscheinlich weiterleben könnte, mit Sicherheit für den Rest des Lebens krank und arbeitsunfähig sein würde!

 

Und was geschah nach Kriegsende? Ob West oder Ost; – man heuerte ehemalige Nazis für die diversen Nachrichtendienste an und „vergaß“ ihre Vergangenheit.

 

Eine wirkliche Wiedergutmachung oder Genugtuung haben die Überlebenden des Holocaust nie erfahren dürfen.

 

Von Rolf von Ameln

 

Redaktion Israel-Nachrichten.org

 

 

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Von am 18/06/2014. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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